Rothpletz & Lienhard weiht „Kunst am Bau“ ein

Den Raum als Ort definieren

Eine Intervention von Gunter Frentzel

a.z.Er sei darum umso glücklicher, eine raumbezogene, künstle-rische Arbeit an ihrem Standort einzuweihen, so Kunsthaus-Konservator Beat Wismer an der Vernissage bei Rothpletz & Lienhard, weil auf einen bestimmten Ort hin konzipierte Kunst aus museumstechnischen Gründen in den öffentlichen Sammlungen nicht ihrer Bedeutung entsprechend vertreten sein könne. So ist denn der Auftrag, den die Firma Rothpletz & Lienhard dem Solothurner Künstler Gunter Frentzel erteilt hat, in dreifachem Sinne wichtig: Als künstlerische Intervention, welche die architektonisch schwierige Eingangspartie des Aarauer Ingenieur- und Bau-Unternehmens zum spezifischen „Ort“ macht, als Station im Gesamtwerk des Künstlers und als Beitrag der Industrie an die Kunst im Aargau.

1969 bezog die Firma Rothpletz & Lienhard den von Emil Aeschbach entworfenen Bau an der Schifflände. Die Grundstückform, der unter dem Bau verlaufende Grundwasserstrom sowie die städtische Baulinie unterhalb der Altstadt hatten enge Grenzen gesetzt. Wie Pierre Rothpletz ausführte, war man mit der dunklen Eingangs-partie sei Jahren unglücklich und hat deshalb den Visuellen Gestalter Lars Müller beauftragt, mit geeigneten Massnahmen ein neues Erscheinungsbild zu konzipieren. Die in Zusammenarbeit mit einer Innenarchitektin getroffenen farblichen und lichtführungs-mässigen Anpassungen sind bewusst so zurückhaltend eingesetzt, dass sie selbstverständlich erscheinen, den Raum zum „Rahmen“ für die künstlerische Intervention von Gunter Frentzel machen.

 

Der 1935 in Berlin geborene, seit 1960 in der Schweiz lebende Künstler hat in langen Jahren ein konsequent reduziertes, mit Kraftlinien Innen- und Aussenräume „ausmessendes“ Werk geschaffen. Viele seiner Arbeiten entstehen als „Gespräch“ mit Architektur, seltener mit Landschaft. Dieses „Gespräch“ beinhaltet selten nur formale Aspekte, sondern – der europäischen Minimal Art entsprechend – meist auch inhaltliche, das heisst geschichtliche, soziale, gesellschaftliche Aspekte. Eigenheit dieser Arbeiten ist es, dass sie nur am Ort mit dem sie in Beziehung stehen, mit dem sie auf verschiedensten Ebenen vernetzt sind, funktionieren. Das ist in gewissem Sinn ihr Geheimnis. Beim gegebenen Aarauer Standort hat Frentzel zunächst daraufhin gearbeitet, den Eingang zu markieren, zu erhellen. Ein spiegelndes Metallband in U-Form verbindet die beiden Beton-Säulen vor dem Eingang. Es bildet jedoch nicht nur eine Markierungs- oder Lichtlinie, sondern weist auch auf die tragenden Funktionen, auf die Kräfte der Säulen. Dass der Weg zum Eingang nun schräg verläuft, die Türe in Bezug auf den weiteren Weg ins Gebäudeinnere quasi Spiegel mit entsprechender Winkelumkehr bedeutet, ist nicht Zufall. Reduktion ist nicht Vereinfachung, sondern – im positiven Fall – Konzentrierung.Im Innern des schiefen, niedrigen Eingangsraumes hat Gunter Frentzel eine quadratische, wiederum spiegelblanke Metallplatte plaziert, die von vier Federbändern, die mit Spannschlüsseln in der Decke verankert sind, „getragen“ wird. Was wie eine Trag-Konstruktion für eine imaginäre Skulptur wirken mag, „trägt“ hier den Raum selbst, bündelt das Licht, spiegelt die Menschen im Raum, markiert das Zentrum der steinernen Bodenplatten, weist um sich herum den Weg zur Treppe hinauf in die Bürogeschosse und ist gleichzeitig ganz gezielt Referenz an die im Gebäude tätigen Ingenieure. Dass sich einige von ihnen erst an die neue Kunst im Haus gewöhnen müssen, mag gerade in der scheinbaren Aehnlichkeit der Konstruktion liegen. Gewiss wird aber die enge Vernetzung von Raum und Kunst schnell dazu führen, dass ein Wegstellen undenkbar wird, da sonst der „Ort“ auseinanderbrechen würde. Gunter Frentzel ist es hier – einmal mehr – gelungen, die „Kraftlinien“ einzubinden und sichtbar zu machen. Dass so spezielle Arbeiten nur als partnerschaftliche Projekte von Auftraggeber und Künstler überhaupt entstehen können, liegt auf der Hand, gehört indes als wichtiger Bestandteil zur inneren Struktur der Arbeitsweise von Gunter Frentzel und anderen entsprechend arbeitenden Künstler(innen). Dass dieses Zusammengehen hier geglückt ist, freut umso mehr als Gunter Frentzel erst kürzlich in Rupperswil analog negative Erfahrungen machten musste.