Die Künstler und ihre Vermittler, Kunsthaus Grenchen 2004

20 Interviews

www.annelisezwez.ch   Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom

„Zwischen Kunst und Kunstkritik gibt es zu wenig Gespräch“ ist die These der Ausstellung der „visarte.solothurn“ im Kunsthaus Grenchen. Am Wochenende vom 13./14. November gibt es darum 20 Interviews.

„Zeig mir, was du machst und ich sag dir, wer du bist“ – diese klassische Haltung der Kunstkritik, ist für Kunstschaffende alles andere als einfach. Sie sind abhängig von Vermittlung und ihr gleichzeitig ausgesetzt. Die visarte.solothurn packt den Stier bei den Hörnern und stellt zwanzig Interviews zwischen Künstlern und Kunstvermittlern ins Zentrum ihrer Gastveranstaltung im Kunsthaus Grenchen.

Am 30. Oktober war Vernissage der Werke, am Wochenende vom 13./ 14 November stehen die zwanzig Kunstschaffenden von Fraenzi Neuhaus über Jörg Mollet bis Franz Rüegger und Trudy Andres den zwanzig Kunstvermittelnden von Hélène Cagnard über Roswitha Schild bis Marianne Burki und Alfred Maurer gegenüber. Ein spannendes Konzept von regional überraschender Qualität.

Die visarte.solothurn hat seit einiger Zeit einen umtriebigen Präsidenten: Den Kunsthistoriker Martin Rhode. Das gibt dem Berufsverband der Solothurner Künstlerinnen und Künstler Auftrieb und neue Identität. Zwar halten sich noch immer wichtige Kunstschaffende auf Distanz, doch mit dem verstärkten kulturpolitischen Auftritt, zu dem auch die Veranstaltung in Grenchen zählt, könnte sich das bald ändern. Das aktuelle Konzept stammt freilich nicht von Rohde, sondern vom Solothurner Kunsthistoriker und -kurator Christoph Lichtin (bisher: Museum für Gegenwart, Bern; neu: Kunstmuseum Luzern)
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Lichtin hatte seinerzeit sein Lizentiat zum Thema „Künstler-Interview“ gemacht und setzt dieses nun in die Gegebenheiten einer regionalen Kunstszene um. Er machte die Schwelle des sich öffentlich dem Gespräch mit Fachleuten Stellen zum selbstregulierenden Parameter. Konkret: Mitmachen konnte, wer bereit war ein repräsentatives Werk zu zeigen und einen professionellen Vermittler für das Interview zu stellen (die Sektion zählt rund 90 Mitglieder). Das bewirkte, dass es wohl noch selten eine unjurierte Ausstellung von so respektablem Gesamt-Niveau gab.

Die Ausstellung ist eigentlich keine Ausstellung, sondern eine Versammlung von Positionen. Die Arbeiten sind der Reihenfolge der Interviews entlang gehängt, gelegt, gestellt, nicht künstlerischen Dialogen folgend. Aber das ist für einmal nicht relevant, denn ein Besuch der Ausstellung ist Vor- und später Nachbereitung des Interview-Wochenendes.

Was auffällt, ist wie wenige der zwanzig beteiligten Kunstschaffenden über die engere Region hinaus bekannt sind. Die Schweizer Kunstszene ist, abgesehen von der Spitze der Pyramide, sehr, sehr regional verankert. Im Solothurnischen kommt hinzu, dass aufgrund der geographischen Lage des Kantons die einen Richtung Biel bekannt sind, die aus dem Schwarzbubenland aber Richtung Basel und die aus dem Gäu Richtung Aargau.

Dennoch verspricht das Konzept, mit dem Interview-Wochenende im Zentrum, interessante Begegnungen, die für einmal nicht nur die Kunstschaffenden auf Herz und Nieren prüfen, sondern auch die Kritikerinnen und Vermittler, was es so vielleicht noch gar nie gab. Wird Maria Dundakova der Bieler Kunstkritikerin Annelise Zwez antworten können auf die Frage: „Bündelt die Kamera die Sprache der Welt“? Was kommt heraus, wenn Wilfried von Gunten (Thun) Meinrad Feuchter fragt: „Ab wann wird eine Persönlichkeit Kult und ist Persönlichkeit dann eine Kunstform“? Oder: „Braucht Kunst Vermittlung?“, „Ist vermittelte Kunst bessere Kunst?“, „Welches sind die Machtverhältnisse in der Interessengemeinschaft Kunst?“ (Heini Bürkli/Katja Herlach), „Ist schauen nicht genug?“ (Thomas Woodtli/Stefanie Dathe) usw.