Pedro Cabrita Reis Kunsthalle Bern 2004

Konstruieren ist menschlich

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Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 22. Oktober 2004

Konstruieren sei ein Merkmal der Evolution, sagt Pedro Cabrita Reis. In der Kunsthalle Bern zeigt der Denker, was er damit meint. Bernhard Fibicher freut sich über «dieses Geschenk» zu seinem Abschied.

Pedro Cabrita Reis ist ein untersetzter, mehr als rundlicher Mittvierziger in schwarzem Anzug mit passendem Gilet. Auf den ersten Blick ist klar: Der schweisst die schweren Stahlträger, die seinen Konstruktionen lineare Form geben, nicht selbst. Und im Gespräch klärt sich schnell, dass da ein belesener Denker am Werk ist, der Architektur als bildnerisches Zeichen im Dienst der Philosophie begreift.

Vor zwei Jahren war der Portugiese, der Portugal 2003 an der Biennale Venedig vertrat, erstmals in Bern. In Bernhard Fibichers Themenschau «Basics». Sieben vertikal an der Wand befestigte Neonröhren, die kommentarlos mit den vertikalen Röhren der Radiatoren kommunzierten, waren sein Beitrag. Oft waren dem scheidenden Kunsthallenleiter Gruppenausstellungen Gradmesser für mögliche Einzelpräsentationen. Diesmal kam die Anfrage erstaunlicherweise vom Künstler. Erstaunlich darum, weil Pedro Cabrita Reis ein international überaus gefragter Künstler ist. Harald Szeemann zeigt ihn zurzeit in der Biennale von Sevilla, eine Einzelausstellung läuft in Middelheim, eine weitere demnächst in London.

Seit längerem, so sagte der Künstler an der Pressekonferenz, habe er Räume gesucht, die sich eignen, um die Grundprinzipien eines ganzen Hauses herauszuschälen, mit der Statik, den vertikalen und horizontalen Verstrebungen, Mauern, Treppen, Türen, Fenstern. Der Ablauf der Räume im ebenerdigen Ausstellungsgeschoss in Bern hätten darauf ideal geantwortet. «Und für mich», so sagt Bernhard Fibicher in einem Interview, «ist diese Ausstellung wie eine Abrundung meines Programms.» Wahrscheinlich, dass er damit meint, dass hier, wie so oft in seinem Programm, ein Künstler versucht, seine Sprache so weit als möglich zu reduzieren, um aus der Offenheit des Dekonstruierten Neues wachsen zu lassen.

Tatsächlich sucht Reis in seinen teils skulpturalen, teils installativen Arbeiten stets die Steigerung von Zerstörung und Neuformulierung. «Ziel muss es sein», so sagte er gestern, «etwas zu schaffen, das es erlaubt, weiter zu denken.» Die Architektur sei als Sprache hiezu einmalig. Er sagt es in einfachen, klaren, warmen Worten. Man spürt, dass die skulpturale «Zeichnung» im Raum wichtiger ist als die Materialanhäufung und realisiert die Bedeutung der wenigen Aquarelle, die der Künstler als «Exercises» bezeichnet und dabei seine Architekturgerüste umrankt als wären sie Bäume in der Natur.