Berndt Höppner und Chris Weibel Work in progress

Das Stadthaus als Atelier hoch über Olten

Annelise Zwez, Bis 07.10.2007

Wenn Berndt Höppner und Chris Weibel nicht gerade für die Tunnel-Verlängerung ausgangs Biel kämpfen, sind sie zur Zeit in Olten. Denn ihre Ausstellung daselbst ist ein work in progress.

Immer wieder hört man es von Künstlerinnen und Künstlern: Das Spannende am Kunst schaffen ist der Entstehungsprozess. Das Publikum ist davon meistens ausgeschlossen und steht dann zuweilen etwas hilflos vor fertigen Werken, die sich nicht mehr ergründen lassen. Gerade darum konzipiert der in Alfermée wohnhafte Künstler Berndt Höppner seine Ausstellungen als mobile Ateliers, jetzt – und noch bis zum 7. Oktober – erstmals zusammen mit seiner Lebenspartnerin Chris Weibel. Anders als bei Höppners „Solo-Performance“ im CentrePasquArt 2002 steht jetzt nicht ein Einzelkosmos im Zentrum, sondern eine Folge von Arbeitsstationen, sichtbar gemacht durch eine Lampe und einen Blumenstrauss. Dieses Konzept drängt sich umso mehr auf als sich der Ausstellungsraum des Oltner Kunstvereins im 10. Stock des Stadthauses befindet und entlang drei Seiten Ausblick auf die Stadt, ins Gäu, zu den Alpen oder gen Solothurn bietet.

Besonders spannend ist, dass die beiden keinen Aufwand gescheut und eine Fülle von Material mitgebracht haben, um daran vor Ort weiter zu arbeiten. So begegnet man erstmals der in Archiv-Schachteln gehorteten Fülle von Chris Weibels Zeitungsbildern, wie sie punktuell – umhäkelt zum Beispiel – in Biel schon mehrfach zu sehen waren. Oder man staunt, dass es da eine Aquarell-Station gibt – nicht unerwartet ausgerichtet auf den Wolkenturm des Kernkraftwerkes Gösgen.
Arbeitsstation kann aber auch ein Esstisch sein (für Diskussionen) oder ein Reduit mit einem „Bett“, um Gemachtes und Geplantes in Ruhe zu überdenken. Es ist mehr als ein Atelier, das Höppner/Weibel eingerichtet haben – es ist ein Lebens-Ort, an dem gedacht, gelacht, gearbeitet und gespielt wird. Dass man als Besucherin daran teilhaben kann, liegt nicht zuletzt daran, dass sich die assemblageartige respektive serielle Arbeitsweise der beiden Kunstschaffenden besonders für ein solches Projekt eignet und sie auch erlauben, dass man hinter die Kulissen blickt – etwa in den Schrank mit der schauderlichen, aufblasbaren Figur aus dem „Schrei“ von Edvard Munch (ein Mitbringsel aus der New-York-Zeit der beiden 1993/94).

Ausgangspunkt von „lì o là“ ist das Velorad von Marcel-Duchamp, das sich, auf dem Kopf stehend, ständig dreht. Präsent ist das Rad als ausgeschnittener Teil einer Velo-Verpackung aus Karton, posierend auf einem duchamp-ähnlichen Sockel. Als Bild ist das Rad leicht verständlich, doch was ist die treibende Kraft? Höppner/Weibel gehen beide – je anders – vom Alltag aus, von Fundstücken, die sich experimentell einerseits, denkend andererseits immer wieder in anderes verwandeln können. Chris Weibels Zuckerlappen sind ein Beispiel – Lumpen, die eingezuckert zu Objekten werden, sich in Wasser aber jederzeit wieder auflösen würden.

Bei Höppner sind es – immer noch – Fundstücke von einem Aufenhalt in Genua, die sich mit der (weltpolitischen) Wahrnehmung der Welt wandeln. Bei unserem Besuch sassen die kleinen Strandgut-Puppen als Nippes in Kartonschiffchen in der Wohnwand, doch nur ein paar Tage davor, „schwammen“ sie einsam auf dem glänzenden Boden, bedrängt robbenden Roboter-Soldaten. „Das war uns dann aber doch zu heiss“, meinte Chris Weibel und sorgte dafür, dass die Szenerie wieder verschwand.

Wie eine solche Ausstellung dokumentieren? – Im PasquArt gab es 2002 im Anschluss einen Film und eine Broschüre, jetzt ist es ein Log-Buch, das entsteht und anstelle einer Kamerafrau ist es die Bieler „Wortkiosk“-Frau Manuela di Franco (geb. 1976), welche das Projekt schreibend begleitet.