Wie General Idea schon 1970 die Medien kitzelte

General Idea in der Kunsthalle Zürich. MZ 23_11_2006

Die Retrospektive von „General Idea“ (1969-1994) in der Kunsthalle Zürich zeigt das kanadische Künstlertrio überraschend jung.

Fluxus, Konzeptkunst und Pop Art waren die Flaggen, mit welchen AA Bronson, Felix Partz und Jorge Zontal 1969 als „General Idea“ in den Kunstbetrieb einstiegen. In Aktionen, fotografischen Multiplikationen, Zeitschriften, Wandtapeten und Objekten zu gesellschaftlichen Themen, wie Fernsehen zum Beispiel, schlugen die Basis-Demokraten der 1968er-Jahre dem heeren Kunstwerk ein Schnippchen. Realität und Fiktion, Original und Kopie – was sollte das noch in einer Welt ohne Grenzen.

Die Mail-Art als Vertriebskanal nutzend, wurden die Drei bald zu Netz-Künstlern, bevor Email und Internet überhaupt erfunden war. Und mit der anfänglich kostenlos vertriebenen Zeitschrift „File“ (bewusst die selben Buchstaben wie „Life“ verwendend) gaben sie sich und anderen eine Plattform bevor der Kunstbetrieb sie entdeckte. Zu den ersten Abonnenten gehörte, wohl nicht zufällig, Andy Warhol.

General Idea spielte mit dem Multiplikationsfaktor, ihre Werke sind Editionen, Multiples, Druckerzeugnisse, Flaggen, Abzeichen, Logos, die flux von einem Medium ins andere transferiert wurden. Damit entgingen sie der Gefahr des allzu Vergänglichen, wie es das Schaffen anderer Aktionskünstler oft kenntzeichnet, und eroberten sich einen Platz in der Kunstszene. Umsomehr als „Humor“ stets zu ihrem Etikett gehörte. Schon ganz am Anfang kreierten sie einen Schönheits-Wettbewerb und erkürten die „Miss General Idea“, deren Gestalt und deren Tempel immer wieder aufscheint. Oft trat das Trio auch in Verkleidungen auf – als Pudel zum Beispiel. „Es war schrecklich, plötzlich hatten wir fünf Hunde als &Mac226;Models’ in unserem Atelier“, sagte AA Bronson an der Pressekonferenz in der Kunsthalle Zürich.

Die Pudel sind auch die Protagonisten der grossen Bild-Serie „Mondo Cane Kama Sutra“, die jetzt in Zürich zu sehen ist. Die drei grafisch reduzierten Pudel sind, der zweite Blick zeigt es unverhohlen, mit einem „flotten Dreier“ beschäftigt, doch von Homosexualität sei damals in der Kunstkritik noch nicht die Rede gewesen, wie AA Bronson erzählte.

Das änderte sich mit der „Bombe“, welche Aids speziell in der amerikanischen Kunstszene zündete, und die „General Idea“ zentral betraf. Felix Partz und Jorge Zontal starben 1994 an Aids. Seit 1987 beschäftigte sich die Gruppe zentral damit – dem ihr eigenen Humor. Bilder mit „viralen Infektionen“ (etwa Mondrian-Werke mit mit roten, blauen und grünen, statt gelben, Farben), überdimensionierte Pillen, Placebos und Arztbesuche sowie die Buchstaben A, I, D, S in Abwandlung des Werkes „Love“ von Robert Indiana wurden zum Inbegriff von General Idea.

Ihrem (Galgen)-Humor zum Trotz wird der letzte Saal in der Kunsthalle zum eindrücklichen Mahnmal mit einem Leuchstoff-Röhren-Teppich à la Dan Flavin („Magic Carpet“) und einer Vielzahl silbrigfarbiger Ballone aus den „Silver Clouds“ von Warhol („Magic Bullets“). Auch die Installationen „Fruits de mer“ und „Fin de siècle“, die „General Idea“ als Robben in einer Kaspar David-Friedrich-Umgebung zeigen, verweisen auf das persönliche Schicksal der Künstlergruppe.

Was die Ausstellung in Zürich auszeichnet, ist nicht nur ihre präzise Inszenierung, sondern liegt vor allem im Werk selbst begründet, das sich mit überraschender Frische als Pionier-Werk der multimedialen Jetzt-Zeit präsentiert.