Ursula Mumenthaler in der Galerie Hans-Trudel-Haus Baden 2008

Faszination zwischen Realität und Trugschluss

annelisezwez.ch      Aargauer Zeitung 18. November 2008


Ursula Mumenthaler zeigt in der Galerie Hans-Trudel-Haus in Baden Architekturen, die nicht sind, was sie zeigen.

Im Mittelpunkt der Ausstellung von Ursula Mumenthaler stehen grossformatige, hinter Plexiglas montierte Fotografien eines Hochhaus-Quartiers am Fuss eines schneebedeckten Berges. Sie entstanden 2007 während eines Aufenthaltes der in Genf lebenden Künstlerin im Aargauer Atelier in Berlin.  Spätestens diese Information macht klar: Ursula Mumenthaler fotografiert nicht, was ihre Lebensumgebung real zeigt, sondern Konstruktionen.

Im Klartext: Die Hochhäuser auf den Fotografien sind aus Papier geschnitten, gefaltet, geklebt und arrangiert und der Schneeberg dahinter, der sich mal besonnt, mal nebelverhangen zeigt, stammt aus dem Poster-Laden. Doch die Kamera glättet den Trug, die Vergrösserung narrt die Vorstellung der Proportionen. Nichts ist, wie es sich zeigt. Aber nicht nur die Technik spielt mit uns, auch unser Hirn tut es, indem es gespeicherte Bilder auf  neue projiziert und uns fehlleitet;  wäre da nicht unser analytischer Geist, der die Sache schliesslich durchschaut. Das ist der Spass und die Warnung, die Mumenthaler uns vermittelt.

Die 1955 im aargauischen Staffelbach geborene Künstlerin studierte ab 1977 in Genf, wo bereits damals pionierhaft „mixed media“ gelehrt wurden. Bereits in den 1980er-Jahren kombinierte Mumenthaler Raum-Malerei und Fotografie.  Sie malte ganze Raumecken aus, um daraufhin die Dreidimensionalität mit der Kamera in die Fläche zu kippen und so zu „Raum-Malerei“ zu gelangen. Seit längerem benutzt sie hiezu  Modelle, fotografiert aber zuweilen auch vorgefundene Situationen so, dass wir, zumindest im Umfeld von Mumenthaler, meinen uns zu täuschen. In Baden sind zwei schöne Beispiele hiezu ausgestellt, wobei auf einer Mauer zu lesen ist: „Ce n’est qu’un rêve“.

Der Vergleich der Stadt/Berg-Bilder mit den raum-betonenden und bezüglich Lichtführung faszinierenden Modell-Bildern im Obergeschoss der Galerie zeigt, dass die Qualität der Arbeiten Mumenthalers  sich da potenziert, wo es der Künstlerin gelingt, den Irritations-
Punkt zu treffen, der Sein und Nichtsein gleichzeitig aktiviert. Und da stellt sich plötzlich die Frage, ob sich Mumenthaler in den Papierschnitt-Aufnahmen nicht zu sehr auf eine durchschaubare Spiel-Ebene begeben hat,  die nicht ganz die Stringenz der technisch hervorragenden, bewusst analog fotografier-ten und unbearbeitet vergrösserten Raum-Illusionen erreicht.

Als Gast hat Mumenthaler den Genfer Philippe Spahni eingeladen, der in einer dunklen, grossformatigen „Meerlandschaft“ Fotografie und Malerei eindringlich kombiniert.

Bis  21. Dezember. Mi-Fr 14-18.30, Sa/So 11-16 Uhr. Führung: Mi, 3.Dez. 18.30 Uhr.