100 Jahre GSBK_Siselen_Lekou Loeffel Stalder_Vinelz 2009

32 Künstlerinnen und ein Hahn im Korb

 

www.annelisezwez.ch     Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 17. Okt. 2009

In der Galerie 25 in Siselen feiert die Schweizerische Gesellschaft Bildender Künstlerinnen (SGBK) Jubiläum und in der Galerie Vinelz stellen Monika Loeffel, Monika Stalder und Lekou Meyr aus.

Man kann zur Zeit mit Fug und Recht behaupten, Berner Künstlerinnen hätten das obere Seeufer besetzt. Denn nicht weniger als 32 weibliche Kunstschaffende sind bei Regina Larsson in Siselen respektive Martin Ziegelmüller in Vinelz zu Gast. Lorenzo lekou Meyr als einziger Künstler hatte da nur eine Wahl:  Unter anderem einen (ausgestopften) Hahn auszustellen. Er ist klein und elegant, aber er sitzt nicht in einem Korb, er steht am Abgrund, ohne springen zu können.

Von Revolution kann indes keine Rede sein, denn was in den beiden Galerien an Kunst zu sehen ist, kommt mehrheitlich nicht über das Prädikat „brav“ hinaus, hat aber nichtsdestotrotz seine Reize. Die Ausstellung in Siselen steht ganz im Zeichen des 100-Jahr-Jubiläums der SGBK. 1908 wehrten sich die Künstlerinnen in Bern gegen das hartnäckige „Njet“ der Männer, Frauen in die Künstler-Gesellschaft GSMBA (heute Visarte) aufzunehmen und gründeten im Januar 1909 eine eigene Sektion der 1902 in Lausanne gegründeten GSMBK (heute SBGK). Just 100 Jahre später spricht das Bundesamt für Kultur der einst nationalen, heute nurmehr drei Sektionen aufweisenden Gesellschaft die jährlichen Subventionen als Dachverband ab. Und wieder sind es die Bernerinnen, die sich wehren, nach schwierigen Jahren eine neue Präsidentin wählen und beschliessen,  fortan Netzwerk für Künstlerinnen im Kanton Bern (und den angrenzenden Kantonen) zu sein. 

Rund 50 Mitglieder zählt die Sektion heute und 30 von ihnen geben sich jetzt ein Stelldichein mit Kostproben ihres Schaffens. Es ist also weniger eine Ausstellung als eine Zusammenkunft mit Werken: Bildern, Skulpturen, Objekten, Fotografien, Grafiken und mehr. Das Besondere ist das Generationenübergreifende, denn die teilnehmenden Künstlerinnen sind zwischen 37 und 89 Jahre alt. So treffen bronzene Figurengruppen (Hedwig Hayoz, 74) auf silbern-farbene Teenager (Annatina Graf, 44), Pop-Silhouetten (Ruth Burri, 74)  auf animierten Grosstadt-Rapp (Trudy Andres, 62) und „Duftende Geburtstagswünsche“ (Ana Teh, 37).

Besonderes Gewicht erhält die Ausstellung durch die Sonderanlässe, die jeden Sonntag um 15 Uhr stattfinden.

Dass Martin Ziegelmüller seine Austellungsräume als „Bieler Galerie“ betreibt, ist bekannt; so sind auch aktuell drei Bieler Kunstschaffende zu Gast: Monika Loeffel, Monika Stalder und Lorenzo lekou Meyr. „Plan“ nennen sie die Ausstellung auf der Einladungskarte, wobei die Notizen dazu durchgestrichen sind. Und so ist es denn auch; drei nebeneinander. So sehr, dass man nicht einmal Lust hat, einen fiktiven roten Faden zu spinnen. Das schmälert nicht die Qualität der einzelnen Arbeiten, wohl aber der Ausstellung als Projekt an sich. Da gab es am selben Ort schon Besseres.

Lekou Meyr zeigt insbesondere eine Serie von „Wolken“-Bildern auf Leinwand, die in der wieder erkennbaren Sprache des Künstlers von Formen und Gebilden zwischen Entstehung und Verflüchtigung „erzählen“. Dann hat er aber auch die Reihe der mit transparentem Klebeband teilumwickelten Objekte mit Gegenständen und präparierten Vögeln ausgeweitet; so sehr, dass sie fast  schon zur installativen Skulptur werden.

Monika Loeffel präsentiert das Video, das im Rahmen von „Feldforschung“ – einer Freilichtausstellung im Gebiet des Buechibergs (SO) – diesen Sommer entstand. Es ist eine Nonstop-Beobachtung eines kleinen Waldgevierts, in dem Licht und Schatten die Akteure der Veränderung sind. Zu sehen sind auch einige Bildskizzen, welche die Formen und Koordinaten aufnehmen.

Von den zeichnerischen Arbeiten von Monika Stalder vermögen vor allem die Scherenschnitte zu überzeugen. Hier gelingt es der jungen Bielerin mit der Feinheit des Schnitts eine Subilität gegenüber dem Motiv einzubringen, sei dieses ein Baumstamm, zwei beieinander sitzende Menschen oder eine einen Tränensee weinende Figur. Positiven Einzelaspekten zum Trotz bleibt das Bedauern, dass keiner der drei Kunstschaffenden Lust hatte, die Ausstellung zum Anlass für einen Exploit zu nehmen.

Ausstellung Galerie Vinelz (bei der Kirche) bis zum 8. 11. (Sa/So 14-18 h), Galerie 25 Siselen (Käsereistr., vis-à-vis Gemeindehaus) bis 22. 11. (Fr/Sa/So 14-19 h).

Links: www.sgbk.ch    www.galerie25.ch

Das Rahmenprogramm

Zu 100 Jahre SGBK ist eine reich bebilderte Festschrift erschienen.

Jeden Sonntag um 15 Uhr ist Meeting Point.

18. Oktober: Erika Pedretti erzählt von ihrer Arbeit als Künstlerin und Schriftstellerin.

25. Oktober: Regina Larsson spricht zu ihrer Arbeit als Restauratorin.

1. November: Judith Giovanelli Blocher liest aus ihren Büchern.

8. November: Ines Schweinli von der Kunsthalle Bern spricht über Kunstvermittlung.

15. November: Martina Frei erläutert ihre Arbeit als Verlagsleiterin bei Stämpfli.

22. November (ab 14 Uhr): Finissage mit performativen Interventionen von Suzanne Castelberg, Künstlerin, Designerin, Musikerin. 

 

Bildlegenden:

Stelldichein in Siselen: U.a. mit Werken von Rosmarie Thurneysen, Gertrud Guyer Wyrsch, Elsbeth Röthlisberger (Skulpturen) und Antoinette Vonlanthen (v.l.n.r.). Bilder: azw

Klein aber fein: Pinselzeichnung aus der Serie der Baumstämme von Monika Stalder in Vinelz.