Gabriela Oester Espace libre Centre PasquArt Biel 2009

Leuchtende Farben im Wintergarten

annelisezwez.ch   Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 5. Januar 2009

Es ist eine verzaubernde Installation, die Gabriela Oester im Espace libre der visarte Biel aufgebaut hat. Leuchtende Farben verbergen sich in schwarzen Rund.

Sowohl Gabriela Oester im Espace libre wie Reto Leibundgut in der Salle Poma arbeiten mit Papier als Gestaltungsmaterial. Es ist noch nicht lange her, hätte man beide ins Ghetto der „Paper Art“ verbannt. Glücklicherweise hat sich das geändert in den letzten Jahren und die Kunst wird nicht mehr an ihren Materialien gemessen. Doch während der Thuner mit farbigen Kartonschindeln einen Lebens-Raum einkleidet, schafft die Luzernerin Raum-Objekte fürs Auge und die empfindsame Seele.

„Wintergarten“ nennt die in Bern aufgewachsene Künstlerin die Installation, die sie für Biel entwickelt hat. Die Einladungskarte zeigt, dass sie damit keine Glashäuser meint, sondern mit Buchs umrandete Gartenbeete wie wir sie von Parkanlagen kennen. Jetzt im Winter sind die Pflanzen mit Tannenreisig zugedeckt; das gibt der Künstlerin die Möglichkeit, ihr geheimes Leben zu entfalten. Entfalten im wahrsten Sinne des Wortes, denn was die Absolventin der Hochschule für Gestaltung in Basel (1999-2002) zeigt, ist Falt-Kunst. Schwarzes Papier hat sie zu langen Bändern geklebt und gefaltet, als gälte es eine barocke Halskrause zu imitieren oder einer Handorgel nachzueifern. Rund 50 cm hoch, bilden sie im lang gezogenen Espace vier schwarze Kränze, die in ihrem Innern je eine vielfarbige „Blume“ beherbergen, die von innen heraus leuchtet.

Gabriela Oester (geb. 1970 in Argentinien) ist von ihrer ersten Ausbildung her Schneiderin und sie arbeitet heute teilzeitlich als Archivarin antiker Kleidungsstücke. Das ist zwar nicht direkt relevant für die Bieler Installation, und doch „antwortet“ sie darauf im Sinne von etwas Körperlichem, Kleidendem, Tänzerischem vielleicht sogar.

Was die Weihnachtsausstellung im grossen Haus so gar nicht bietet – nämlich Kunst als Ort der Ruhe und Einkehr, das fängt Oesters „Jardin d’hiver“ im  ungeschönten Fels-Raum ein. Die konstruktive Präzision, die Klarheit der vier in ihren Massen identischen Rund, die Leuchtkraft der Farbspickel verbinden sich zu berührender Schönheit, die gerade in der Unwirtlichkeit des Raumes zu besonderer Kraft, ja gar Symbolik aufblüht.

Mit Gabriela Oester geht das Espace-Jahr 2008 zu Ende, ein Jahr mit vielen, qualitativ guten Inszenierungen – man erinnere sich der „Kreisläufe“ von Monika Loeffel, der geheimnisvollen Installation von Mirjam Gottier. Allerdings vermochte keiner der Kunstschaffenden den Raum wirklich neu zu bespielen, was zu einer tendenziell repetitiven Struktur führte. Eine stärkere kuratorische Betreuung und eine bewusster auf Verschiedenartigkeit angelegte Auswahl der Gäste wäre in Zukunft von Nöten, um diese für Biel wichtige Plattform für Installationen attraktiv zu bespielen. Wünschbar wäre auch eine aktivere Vermittlungsarbeit, um den durchwegs aufwändigen Inszenierungen das ihnen gebührende Echo zu garantieren und damit in der erfreulich lebendigen Bieler Kunstszene zu bestehen.

Info: Die aktuelle Ausstellung dauert noch bis zum 11. Januar. Oeffnungszeiten wie Museum und Photoforum PasquArt.

Bildlegende:
Blick in Gabriela Oesters „Jardin d’hiver“ im Espace libre des Centre PasquArt. Bild: azw