Walter Kohler-Chevalier Centre Pasquart Biel 2009

Hört ihr sein Lachen?

www.annelisezwez.ch      Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 10. Dezember 2009


Als Ausstellung in der (Weihnachts)-Ausstellung präsentiert der Kunstverein Biel Werke von Walter Kohler-Chevalier: Eine „Hommage“ an den im Frühjahr verstorbenen Bieler Künstler und Kulturvermittler.

Man kann nicht anders: Noch bevor man richtig erfasst hat, welchem Thema Walter Kohler-Chevalier in einer Werkgruppe nachspürt, fragt man sich wie er zum Bildresultat kam. Denn für kaum einen anderen Künstler gilt so sehr wie für ihn: „technique mixte“ (geheim). Das gilt auch für die aktuelle „Hommage“ im dritten Galerie-Raum des Pasquart-Neubaus, welche der Kunstverein aus Anlass der Weihnachtsausstellung für den im Frühjahr 2009 im Alter von 67 Jahren verstorbenen Bieler „Kulturaktivisten“ eingerichtet hat.

Zu sehen ist – das wird auf den ersten Blick klar – eine Werkgruppe „Paris“. Entstanden ist sie 1998 während eines Aufenthaltes in der Cité Internationale des Arts. „Tintenstrahldrucke auf Leinwand“ ist die Technik bezeichnet, doch das hilft nicht viel weiter. Wie viel ist an der Basis Fotografie oder Videostill, wie viel ist Malerei, wie viel ist digitale Bearbeitung, wie viel ist „Chemie“, wie viel ist schlicht Rafinesse Walter Kohler?

Sein Sohn Yvan, der unter anderem für die Fertigstellung des geradezu porträtartigen Pariser Videos zeichnet, verweist schmunzelnd auf ein Blatt und meint: „Da, bei diesem Bild von den Hochhäusern im Quartier ‚La Défense’ zum Beispiel hat er einfach während des Druckvorgangs die Leinwand herausgezogen und war dann begeistert von der Bewegung, die so ins Bild kam.“ Ja, das ist Walter Kohler, man hört ihn förmlich lachen über das gelungene Experiment. Er war ein „Mensch in Bewegung“, formulierte es Hanspeter Gschwend an der Vernissage. Bei anderen Pariser Ansichten – sei es ein aus dem Fenster beobachtetes Liebespaar oder der Eifelturm – ahnt man, dass wohl photochemische Zusätze die Wirbel, die Teilauflösungen, die Raster bewirken, aber so genau weiss man es nicht. Ein Bild ist kein Bild, ist ein Bild möchte man sagen.

Diese Haltung ist typisch für einen Künstler, der ein Leben lang ganz primär mit Drucktechniken gearbeitet hat und sein Atelier immer als Labor betrachtete, indem es bildnerische Geheimnisse zu visualisieren galt, egal ob diese von der Natur inspiriert waren oder umwelt- respektive machtpolitische Missstände aufzeigen wollten. Walter Kohler hat bekanntlich nie ein Blatt vor den Mund genommen.

Vielleicht findet man aber gerade hier zwischen Vision und Visualisierung  auch den Trigger-Punkt, warum Walter Kohler in den letzten 15 Jahren nur noch selten mit Ausstellungen an die Öffentlichkeit trat, stattdessen seine ganze Kraft der Präsentation und Vermittlung des Werkes der Malerfamilie Robert widmete. Auch Leo Paul Robert suchte im Bieler Spätwerk die Geheimnisse der Natur und verstand die Hinwendung letztlich als in gewissem Sinn politisch-persönliches Manifest.

Walter Kohler starb als „Monsieur Robert“ – hiezu wird ihm die Stiftung Sammlung Robert  im Museum Neuhaus gewiss eine gesonderte Hommage widmen. Jetzt im Pasquart rückt der Kunstverein mit Recht den Künstler wieder ins Blickfeld. Denn Kohler schuf seit späten 1960er-Jahren ein grosses, insbesondere graphisches Werk. Die Grafik genoss in den 1970er-Jahren, in der Boom-Zeit von „Kunst für alle“, grosse Verbreitung. Allein in der Sammlung der Stadt Biel befinden sich 45 Grafiken und Originale aus verschiedenen Epochen. Und das Erstaunliche: Schon Arbeiten aus den 1970ern, also lange vor der Auseinandersetzung Kohlers mit dem Oeuvre der Roberts, zeigen ihn als „Spurensucher“, als Enzyklopädisten, der in Vögeln, Vogelfedern und Baumblättern eine „Schrift“ der Natur erkannte.

Info: Die Ausstellung dauert, parallel zur Weihnachtsausstellung, bis zum 3. Januar. Das Museum ist während der Feiertage normal geöffnet, d.h. von Mi bis Fr 14-18, Sa/So 11 – 18 Uhr.

Walter Kohler-Chevalier

Geboren am  14.10. 1941 in Zofingen

Lehre als Bauzeichner

Heirat mit Jeanne Chevalier. Kinder: Yvan und Anna

Lebt in den 1960er in Plagne/Berner Jura

Arbeitet als Künstler, ist Mitinitiant des Kunstmuseums Moutier

Zahlreiche Auslandaufenthalte, in Paris, Prag, Berlin, Wien, Andalusien, Argentinien, St. Tropez usw.

Lebt in neuer Partnerschaft in Biel

Erhält 1982 den Auftrag das von der Familie Spinner für Biel gesicherte Konvolut an Arbeiten der Maler-Familie Robert zu sichten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Arbeitet als Künstler, Kulturvermittler (auch Konzerte) und engagiert sich für die Stiftung Sammlung Robert.                                                                                    (azw)

Bildlegende:

Walter Kohler-Chevalier: Aus der Serie „Paris“ von 1998. Tintenstrahldruck auf Leinwand. Bild: azw