Ausstellung Vera Rothamel Galerie Graf&Schelble Basel 2010

Colores horti

 

www.annelisezwez.ch              Begleittext zur Ausstellung vom 5. Nov. bis 18. Dez. 2010


Die Ausstellung von Vera Rothamel in der Galerie Graf & Schelble markiert einen spannenden Entwicklungsschritt im Schaffen der Künstlerin. Die farbbetonten Strukturschichten, die ihre Leinwände und Folien lange Zeit charakterisierten, haben einer neuen, sinnlichen Gegenständlichkeit Platz gemacht.


Halt! Stimmt diese Formulierung? Ja und nein. Da sind zwar Gärten mit Chrysanthemen, Rosen und mehr, doch der Titel der Ausstellung – Colores horti – macht klar, hier geht es nicht um das Faszinosum des Blühens, sondern um Kompositionen mit Farben und Formen  als rothamelsche Bild-Gärten.


Denn wir Betrachter und Betrachterinnen sind es, die mit unserem Bildgedächtnis von Blüten auf Pflanzen schliessen und fehlende Verbindungen grosszügig als nicht sichtbar aber zweifellos vorhanden einstufen. Die Kunst-Geschichte der Abstraktion hat es uns gelehrt.


Die Künstlerin spielt mit diesen kollektiven Wahrnehmungs-Parametern, wenn sie den umgekehrten Weg beschreitet, das heisst mit Pinseln, Rakel, Schablonen und mehr Farbräume konstruiert, in denen strukturelle und malerisch-erzählerische Momente verschmelzen.

Unserer Assoziationen sicher, kann sie sich die Freiheit nehmen zwischen Gegenständlichkeit und Informel, zwischen Raster und Flächen hin und her zu wippen; Bilder zu schaffen, die real Ungesehenem eine malerische Realität geben. Hier Rottöne auslotend, dort mit Blauklängen musizierend, hier kalte und warme Grün ausfächernd. Jedes Bild hat seinen Farb-Charakter.

Was die aktuelle Entwicklung in Gang brachte, weiss die Künstlerin: Die Beschäftigung mit der Lithographie im Atelier von Thomi Wolfensberger in Zürich.


Denken wir zurück an Installationen von Vera Rothamel mit versetzt gehängten Farb-Folien im Raum und schlagen von da den Bogen zu den Litho-Steinen, die im Druckprozess jeweils eine neue Farbe hinzufügen respektive vorhandene in Mischfarben verwandeln, so verstehen wir die Begeisterung der Künstlerin für diese Drucktechnik. Denn sie macht methodisch, was Vera Rothamel künstlerisch intereressiert: Das Schichten von Farbebenen mit je ganz unterschiedlichen Charakteren – hier gelocht, dort gitterartig aufgelöst, Innen- oder Aussenfläche, zeichnerisch, sich konstruktiv abgrenzend oder fliessend verbindend, warm oder kalt, monochrom oder mehrfarbig.


„Die Lithographie hat mich gelehrt, vermehrt analytisch zu denken, denn jede Schicht muss im voraus evaluiert werden, auf ihre Wirkung hin bedacht sein“, sagt die Künstlerin. Und sie müsse in der Zweidimensionalität des Druckes funktionieren; das rufe förmlich nach einer zumindest partiell gegenständlichen Komposition.


Diese Erkenntnisse hat sie nun auch in die Malerei übertragen und so schrittweise zu Bildern gefunden, die in faszinierender Art und Weise den Spagat zwischen abstrakten Überlegungen und farbbetonter, erzählerischer Sinnlichkeit proben.  



   Annelise Zwez  19/10/2010