Martin Disteli und die Frauen Kunstmuseum Olten 2010

„Frauenzimmer“ im 19. Jahrhundert

www.annelisezwez.ch     Annelise Zwez in Kunstbulletin September  2010

Das Werk des Solothurner Zeichners und Karikaturisten Martin Disteli (1802-1844) geniesst im Kunstmuseum einen Sonderstatus.

Zu Recht, denn die politische und gesellschaftliche Brisanz des in der bewegten Zeit nach Napoleon und vor der Gründung des Schweizerischen Bundesstaates (1848) entstandenen Schaffens ist dank Distelis zeichnerischer Könnerschaft nach wie vor ein exzellentes Zeit-Zeugnis.

2008/09 wurde das „Museum im Museum“ hinter den Kulissen erneuert und erhielt dank Maler-Lehrlingen viel-farbige Wände.

Mit der „Disteliade“ zeigt Betreuerin Katja Herlach nun 2010 drei thematische Kapitel auf der Basis der Oltner, aber auch der Solothurner Disteli-Bestände. Nach „Bürger und Rebell“ (März/Juni)  sind es aktuell Distelis „Frauenzimmer“. 

Nicht dass ihm die Frauen ein eigentliches Thema gewesen wären, aber Disteli ging in seinen Arbeiten fast immer von der Figur, vom Menschen in Handlungszusammenhängen aus und so erscheint auch die Frau in verschiedensten Kontexten und keineswegs nur als Randerscheinung. Am berührendsten ist wohl die Porträt-Skizze seiner bereits 1931 verstorbenen Frau, am pointiertesten hingegen das „gestörte Liebesabenteuer“. Denn gerne nutzte Disteli die Frau, um die Männer – und inbesondere den Klerus – lächerlich zu machen.

Disteli war auch Maler, Porträtist, aber sein Hauptwerk erschien in Druck-Erzeugnissen, als Illustrationen und 1839-1844 insbesondere als eigenständige Bildbeiträge  im Schweizerischen Bildkalender. Dieser bot dem liberal Gesinnten eine hervorragende Plattform für Attacken jeglicher Art.

In Olten sind entsprechend primär vorbereitende Bleistift-Skizzen zu sehen. Dabei sind für uns heute jene die spannendsten, die eigentlich aus der Not an Papier entstanden, das heisst Blätter, in denen er verschiedene Motive gleichzeitig „übte“ und so – ungewollt – eine Verdichtung erzielt, die das heutige Collage-System vorwegnimmt.  

 Bis 7. November 2010


 

Bildlegende:

Martin Disteli: Vorbereitende Zeichnung zu „Die Wäscherinnen“ vor Skizzen zu einem Historienbild. Bild: zvg.