Jean-Pierre Bechtel Rücktritt Pasquart 12_2011

Bewahrte in Krisen olympische Ruhe

 

www.annelisezwez.ch    Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 29. Dezember 2011

Nach mehr als 25 Jahren intensiver Kulturarbeit tritt der Bieler Architekt Jean-Pierre Bechtel per Ende Jahr als Präsident des Stiftungsrates Centre Pasquart zurück.

Er habe stets die Sache im Sinn gehabt und nicht seine eigene Profilierung, sagt Pasquart-Stiftungsrätin Heidi Schwab. Das stimmt so sehr, dass die Bevölkerung seinen Namen möglicherweise nicht einmal kennt. Wohl aber in Erinnerung hat, dass die Arteplage Biel der Expo.02 (fast) reibungslos funktionierte und vielleicht auch weiss, dass die Verhandlungen der Stiftung Pasquart mit der Swatch AG beim Verkauf der „Villa“ nicht einfach waren. Hinter beidem und viel mehr steht derselbe Name, jener des heute 67jährigen Bieler Architekten Jean-Pierre Bechtel. Beruflich tritt er schon seit einiger Zeit kürzer und nun gibt er, da seine Amtszeit abgelaufen ist, auch das Präsidium der Stiftung Centre Pasquart ab respektive an Urs Dickerhof weiter.

Es war immer so: Wenn es nicht  primär um Visionen, sondern vor allem um konkrete Arbeit ging, wählte man Jean-Pierre Bechtel. Das war nicht erst 2002 so als man ihn bat, das Präsidium der knapp vor dem Konkurs stehenden Stiftung Centre Pasquart zu übernehmen. Der erste, der das ahnte, war der damals eben sein Studium abschliessende Architekt Henri Mollet – „on était déjà gamin ensemble“, sagt Bechtel. Zusammen mit einem weiteren Architekten eröffneten der gelernte Bauzeichner und der EPUL-Studierte ein Büro in Lausanne. Einfach war der Start indes nicht und so kamen die beiden – mit einem Projekt für Moutier in der Tasche -– nach Biel zurück und bildeten hier bis Mitte der 1990er-Jahre ein äusserst erfolgreiches Team.

Wenn Robert Spycher – auch er Pasquart-Stiftungsrat – Bechtels Arbeitsweise als „hartnäckig und akribisch“ beschreibt, so integriert das dessen Lebenserfahrung. An seine Jugend denkend, sieht Bechtel das nicht ganz so. „Bien sûr on a fait des conneries“, sagt er, lacht und schweigt. Sein „coup de foudre“ für die bildende Kunst weiss er genau zu lokalisieren: Es war 1966 als er im Rahmen der Plastikausstellung das Kupferrelief „Mécanisme de la conception“ von Zoltan Kemeny für sich entdeckte (heute im Besitz der Stadt). Rund um die Städtische Galerie, die Galerie Sokrates, das Kongresshaus tat sich damals einiges in Biel. Dieter Seibt, Lis Kocher und andere gehörten zu seinem Freundeskreis und „1968“ stand auf ihrem Banner.

Sein erstes Engagement im Kulturbereich folgte jedoch eher dem bereits beschriebenen Muster: Mitte der 80er-Jahre befanden sich die „Kulturtäter“ in einer Krise und holten darum Jean-Pierre Bechtel als Präsidenten ins Boot. Weil die Finanzen knapp waren, gehörte von der Planung über die Kasse bis zum staubsaugen des Theaters alles zum Job, bis dann erhöhte Subventionen etwas Luft (und eine Sekretärin) brachten. Ein Anliegen waren ihm stets die Jazz-Abende. „Wir konnten uns keine grossen Namen leisten, präsentierten aber gleichwohl gute Musik“, sagt er rückblickend.

Zu Beginn der 1990er-Jahre liess die berufliche Auslastung keine Freizeit-„Jobs“ zu, doch durch seine Lebenspartnerin Liselotte Togni, Vorstandsmitglied des Kunstvereins und selbst künstlerisch tätig, rückte die visuelle Kunst und das Centre Pasquart verstärkt ins Blickfeld. 1997 wurde der inzwischen als selbständiger Architekt Wirkende von Hans Flückiger in die Kunstkommission der Stadt geholt und gleich auch in die Stiftung Pasquart delegiert. „Râleur en ce qui concerne le bilinguisme, je ne pouvais pas dire non“, sagt er. Bald wird er Präsident der Kunstkommission und führt diese, so die Erinnerung der Schreibenden, pragmatisch, sachbezogen und auf Korrektheit achtend, durch die Geschäfte. Wer denkt, das müsse furchtbar trocken gewesen sein, irrt – gerade durch seine Haltung als Beobachter und Drahtzieher holte er die Meinungen seiner Mitglieder stets auf den Tisch und bündelte sie mit Verhandlungsgeschick zu einem Resultat; dem Ankauf eines Werkes zum Beispiel oder der Haltung der Kommission als die Stadt Biel plötzlich das Seeland und den Berner Jura von den Begünstigten der Bieler Kulturgelder ausklammern will.

Den grössten Brocken fasst  Bechtel als er sich 2002 zum Präsidenten der Stiftung Pasquart wählen lässt. Die Finanzen sind marode – Grundstücke auf dem Plâteau müssen verkauft, Sparprogramme durchgezogen werden ohne die Entfaltungs-möglichkeiten der jungen Direktorin Dolores Denaro abzuwürgen. Auch personelle Probleme erschüttern das Gefüge. „Doch selbst in Krisen bewahrte er olympische Ruhe“,  sagt Alt-Stiftungsrat Rudolf Hadorn. In den letzten Jahren beinhalteten die Aufgaben auch den Verkauf der Villa, die Übernahme des Altersheimes respektive dessen Umwandlung in ein Verwaltungs- und Atelierhaus. „Das Pasquart stand im Zentrum seines Lebens“, sagt seine Partnerin. Entsprechend enttäuscht war Bechtel  2010 als die Stadt Biel dem nach wie vor ungenügend finanzierten Kunsthaus als einziger der fünf grossen Bieler Institutionen für die nächsten vier Jahre keine finanzielle Erleichterung zubilligte.

Noch bis Ende 2012 bleibt Jean-Pierre Bechtel Präsident der Städtischen Kulturkommission.

 

Die Stiftung Centre Pasquart

Erster Präsident der 1994 gegründeten Stiftung Centre Pasquart war Andreas Schärer, Kulturbeauftragter der Stadt Biel.

Sie ist nicht nur für das Kunsthaus zuständig sondern Gremium aller im Centre Pasquart zusammen geschlossenen Institutionen, insbesondere dem Photoforum, dem Filmpodium, dem Kunstverein und dem Espace libre.

Der Stiftungsrat umfasst 14 Mitglieder. Ab 2012 sind das: Urs Dickerhof (Präsident), Heidi Schwab, Robert Spycher (Vizepräsidenten), Felicity Lunn (Kunsthaus), Alain Sermet (Photoforum), Anna Amann (Filmpodium), Alex Talmann (Kunstverein), Philippe Hinderling (Visarte Biel/Bienne), Verena Lafargue Rimann (Kanton Bern), François Wagner (Stadt Biel), , Brigitte Widmer, Michael Weissberg. 

 

Bildlegende:

 

Jean-Pierre Bechtel: Als Mitglied respektive Präsident der Stiftung Centre Pasquart   war er gleichsam eine Figur im „Museum“, wie es Thomas Huber 1999 für’s Pasquart malte.  Bild: Thomas Anliker/BT