Véronique Zussau Espace libre (CentrePasquArt Biel) 2006

Plattform für nichtwahrscheinliche Geschichten

www.annelisezwez.ch   Annelise Zwez in Bieler Tagblatt Oktober  2006

Véronique Zussau zeigt im Espace libre des Centre PasquArt eine geheimnisvolle Installation, die den Titel „Topologie d’histoires improbables“ trägt. Ein Ort zum Verweilen.

Schon in der Ausstellung „Pigeon vole“ im Museum Neuhaus überraschte Véronique Zussau (geb. 1962 in Paris) kürzlich mit einer Installation, die mit Licht und Schatten von Träumen erzählte, die möglich wären, wenn … doch da lässt die Künstlerin ihre Geschichte enden und spielt den Ball den Betrachtenden zu. Das macht die französischsprachige Bernerin auch jetzt im Espace libre des Centre PasquArt, doch ist der Protagonist nicht mehr ein ausgestopfter weisser Schwan, der vom Fliegen träumt, sondern ein goldener Hund, der auch ein Wolf sein könnte.

Obwohl er aus Gips geformt ist und Präsenz zeigt, erinnert er eher an ein Spielzeug denn an einen Läufer auf freier Wildbahn, wohl weil seine Füsse fest mit dem Sockel verbunden sind. Aus einem Lautsprecher ertönt eine Kinderstimme, sie singt, eher trocken, ein Lied darin es unter anderem heisst: „Si le loup y était, il nous mangerait“. Das goldene Tier steht auf einer grossen, grauen Plastikfolie, die in gewissem Sinn das Spielfeld markiert. In der Diagonale dazu findet sich ein silbern glänzender Baum, der seine Äste in Richtung Hund/Wolf streckt und dabei fast zum Hirschgeweih wird. Ein bewegliches, mal rundes, mal sich zum Oval längendes Spotlicht bewegt sich zwischen Gold und Silber, zieht seine Bahnen von hier nach dort, umschmeichelt die Objekte und lässt sie über ihre Schatten „lebendig“ werden.

„Topologie d’histoire improbables“ nennt Véronique Zussau die Installation, die einem in ihren Bann zieht, deren Lichtverlauf man nicht nur einmal sehen will, sondern wieder und wieder, als wäre der Lichtkegel ein Boot, das einlädt mitzufahren, um die Geheimnisse der Schatten-Welt zu erkunden; der Gefahr vom Wolf gefressen zu werden zum Trotz.

Véronique Zussau ist eine eindrückliche, eine lyrische Installation gelungen, die ebenso griechische Mythen evoziert wie mit den Metaphern der Märchenwelt spielt. Und sie reiht sich ein in die überraschende Tendenz der zeitgenössischen Kunst wieder vermehrt Geschichten zu erzählen, sei es in der Malerei, der Fotografie, dem Video oder der Installation.

Weder das Inszenierte, noch das sich repetitiv Fortsetzende sind neu im Schaffen von Véronique Zussau, vielmehr sind sie der rote Faden in ihrem installativ-plastischen respektive fotografischen Werk – man erinnere sich zum Beispiel der sich fortlaufend verändernden Intérieurs in Form von Bühnen-Objekten wie sie die Künstlerin 2000 im Museum in Moutier zeigte oder der weissen Räume mit den von aussen eindringenden, bewegten Lichtmustern im Kunsthaus Langenthal 2003 (das BT berichtete). Bald schon wird man dies alles in einem Katalog mitverfolgen können, erhielt die Künstlerin, die unter anderem an der Schule für Gestaltung in Biel plastisches Gestalten unterrichtet, doch 2006 einen der begehrten Beiträge des Kantons Bern für die Herausgabe einer monographische Publikation.