Renate Bodmer, Bendicht Fivian und H.R. Fitze Galerie im Zimmermannshaus Brugg 1999

Erzählerische und malerische Formen von Figuration

www.annelisezwez.ch  Annelise Zwez in Aargauer Zeitung Januar 1999

Eine intensive,spannende Ausstellung macht den Jahres-Auftakt in den Aargauer Galerien: Renate Bodmer, Bendicht Fivian und H.R. Fitze zeigen im Zimmermannshaus in Brugg erzählerische und malerische Figuration.

Die Ausstellung zeigt nachhaltig, dass die Bedeutung traditioneller Ausdrucksformen eine Frage der Qualität ist. Die „malerisch“ wie inhaltlich beeindruckenden Zeichnungen von Renate Bodmer, die getragen expressiven Räume und Landschaften von Bendicht Fivian und die festgehaltenen Figurenszenen von H.R. Fitze stehen nicht für die 90er Jahre. Sie bannen uns, weil die besten Beispiele ihre Kraft in sich selbst tragen.

Bendicht Fivian (geb. 1939) ist durch grosse Museums-Ausstellungen  schweizweit bekannt. Auch in Brugg war er schon zu Gast. Der irritierende, scheinbar altmeisterliche Malstil von H.R. Fitze den 42jährigen Aargauer zur unverkennbaren Gestalt gemacht. Eine Entdeckung dürften hingegen für viele die grossformatigen Kohle/Kreide/Acryl-Zeichnungen und die Radierungen der 1939 in Zofingen geborene Renate Bodmer sein.

Gemessen an ihrer Qualität sind die romanhaft erzählerischen Figuren-Szenen der Winterthurerin  viel zu wenig bekannt. Sie faszinieren durch das Ausloten von Zeichnung als „malerisches“ Medium wie durch Geheimnisvolles suggerierende Inhaltlichkeit. Erinnerungen, (Alp)träume und Phantasien verbinden sich zu einer ganz eigenen Ausdrucksweise, die zuweilen an symbolistisch-expressive Tendenzen der Jahrhundertwende erinnert. Da ist die Grosstante, die mit ihren 80 Jahren noch immer „fit“ sein will und darum mitten in der Stube Gymnastik betreibt. Da ist die wissenschaftliche Zeichnerin, die ihre Füsse in einer Wasserwanne wärmt, da ist – im grossen, neuen Radier-Zyklus von 1998 – die Köchin, die erschreckt ein Menschlein auf ihrer Hand entdeckt. Die Brüche zur „Normalität“, akzentuiert durch die Lichtfüh¬rung, prägen die Zeichnungen ins Gedächtnis ein.

„Wenn ich etwas mit zwei Strichen male, wo einer genügte, bin ich gescheitert“, sagt Bendicht Fivian. Er charakterisiert damit seine  Vision: Gegenständlichkeit als Malerei. Zu sehen ist unter anderem ein bisher nie ausgestelltes Grossformat von 1993, das den kleinen Kiosk auf den Weg zu den Zügen im Berner Bahnhof zeigt. Die Wieder¬erkennbarkeit ist ihm wichtig, die Herausforderung aber die Malerei. Sie soll reduziert und expressiv zugleich Visuelles und Emotionelles tragen, so wie es die beiden Schattenfiguren erleben mögen.

Die Ausstellung zeigt dreimal Figuren – aktiv „Mitspielende“ bei Renate Bodmer, eine Art „Zeugen“ bei Fivian, puppenhafte Individuen bei Hansruedi Fitze. In seinen neuen Stadtbildern und Landschaften fällt eine verstärkt malerische Komponente auf, doch bleibt das Theatralische dennoch im Vordergrund. Die Irritation, warum die Frau am Geländer zu sitzen scheint, obwohl sie gar keinen Hocker unter sich hat, warum der kleine Mann auf der Strasse beim Gehen die Beine kreuzt. „Wenn er jetzt nicht einen Haken schlägt, kommt er nicht an den beiden Frauen vorbei“, ist die ebenso lapidare wie verschmitzte wie mehrdeutige Antwort des Künstlers auf die entsprechende Frage.

Brugg Städtische Galerie im Zimmermannshaus: Renate Bodmer, H.R. Fitze, Bendicht Fivian. Bis 14. Februar. Mi – Fr 15 – 18.30, Sa/So 11 – 17 Uhr. Sonntag, 17. Januar, 17.15 Uhr: Kammermusik mit dem Panocha-Quarett Prag.