Lisa Hoever Oliver Lang Markus Wetzel Galerie Elisabeth Staffelbach Aarau 2002
Visionen der Sehnsucht Aargauer Zeitung vom 7. März 2002
Die GESA, die Galerie Elisabeth Staffelbach Aarau, zeigt drei spannende Positionen zeitgenössischen schweizerischen Kunstschaffens unter dem Titel „Visionen der Sehnsucht“: Werke von Lisa Hoever, Oliver Lang und Markus Wetzel.
Seit 24 Jahren zeigt Elisabeth Staffelbach im Aargau aktuelle Schweizer Kunst. Dabei bringt ihr Programm im Gegensatz zu anderen Galerien neben Wiederkehrendem auch immer wieder Neues. In der am Wochenende eröffneten Ausstellung sind gleich drei solche Positionen vereint. Die Malerin Lisa Hoever (50) ist vor allem im Kanton Bern eine bestbekannte Künstlerin mit wichtigen Werken in grossen Sammlungen. Weil die Schweiz indes immer noch erschreckend regional denkt, ist es gleichzeitig möglich, dass sie in der GESA ihr Aargauer Debut gibt. Der mit digitalen und fotografischen Mitteln arbeitende Markus Wetzel (39) hat als Teil einer vernetzten jungen Schweizer Kunstszene vor allem im Raum Zürich-Schaffhausen Aufmerksamkeit auf sich gezogen (u.a. Manorpreis Schaffhausen 1996). Der Aargauer Fotograf Oliver Lang (36) ist analog bisher vor allem im Aargau aufgefallen.
Elisabeth Staffelbach zeigt die drei Werkgruppen unter dem Thema „Visionen der Sehnsucht“. Das kommt nicht von ungefähr, sind doch Spannungsbögen zwischen Wirklichkeit und Vorstellung ein prägendes Phänomen unserer Zeit. Mit Visionen Enge sprengen. Dabei spielt, wie so oft bei vermeintlich rein gesellschaftlichen Entwicklungen, die Technik eine wichtige Rolle. Die Möglichkeit am PC virtuelle Weltbilder zu schaffen hat Grenzen aufgelöst. Und zwar nicht nur dort, wo mit digitalen Mitteln gearbeitet wird, sondern als umfassende Bewussteinsströmung.
Es zeichnet die Ausstellung in der GESA aus, dass sie nicht Gleichgerichtetes zeigt, sondern drei ganz verschiedene Ansätze. Markus Wetzels virtuelle, grüne Gebirgs-Inseln (Lamda-Prints ab PC) in der Weite von Wassern und Nebelmeeren entsprechen dem „Traum von der Insel“ quasi 1:1. Doch schon der Titel der Reihe „Der schöne Tag und die unheimliche Nacht der Wölfe“ kippt die Romantik. Und die da und dort schwebend eingebauten Architekturmodelle verweisen auf die „Konstruktion“ des Bildes. So betören die software-generierten Hochglanz-Prints durch ihre Schönheit wie sie gleichzeitig auf den schönen Schein verweisen. Die fotografisch wirkenden Prints, verselbständigte Bilder aus einer aufwändigen Computer-Animation, bilden nur einen Aspekt im Schaffen des Künstlers. Was seine „Konstruktionen“ am Bildschirm und im Raum verbindet, ist das Moment der Mehrdeutigkeit.
Liegt der „Bruch“ zwischen Realität und Virtualität bei Wetzel quasi in einem Zwischenreich, ist er bei den grossformatigen Fotografien von Oliver Lang Kern des Bildes. Wenn er in unmittelbarer Nähe des Hinterhofs einer Baufirma zwei lebensgrosse weisse (genähte und ausgestopfte) Giraffen entdeckt, so ist das für den Künstler das Bildglück des Tages. Entspricht doch die Gleichzeitigkeit hässlicher Alltagsrealität und romantischer Sehnsucht seinem Kunstwollen. Denn ähnliche Brüche finden sich auch in der Weite einer verdorrten Vorstadt-Wiese, in der klinischen Kälte einer Einfamilienhaus-Siedlung oder in der Fotografie eines Lagers mit zum Verkauf bereit stehender weisser Lieferwagen. Wesentlich ist hier wie dort die Bildkomposition, welche die Gleichzeitigkeit von emotionaler und realer Ebene trägt.
Die Malerei hat andere Gesetzmässigkeiten als Fotografie und Druck. Sie kann Wandel und Mehrdeutigkeit unmittelbar in die Bildschichten einweben. In Lisa Hoevers Leinwandbildern überlagern sich eine malerisch-monochrome Grundfarbe und eine gegenständliche Ebene in Form welker oder verdorrter Blumen oder Zweige. Das Fliessende und Lichtvolle des Farbauftrages, die Anordnung und das Skizzenhafte der Pflanzenfragmente lassen die Bilder als etwas Subtiles, Kostbares erscheinen, das in unserem Empfinden melancholische Zuneigung auslöst. Doch ist es nicht nur die Schönheit des Welkens, nicht nur romantische Todessehnsucht, die sich spiegelt, sondern auch das Wissen um das Ende des „wirklichen“ Bildes, das Auflösen der Gegenständlichkeit in ein Meer ständiger Veränderung. Eindrücklich gibt Hoever diesem Moment von Wandel und Auflösung auch in ihren Aquarellen Ausdruck.