Kataloge als Leitplanken künftiger Karrieren
Neue Berner Kunstbücher: Der Kanton als Herausgeber (2004)
Andrea Loux, Peter Aerschmann, Ka Moser, Heinz Mollet bekannte Berner Kunstschaffende. Dank der Kantonalen Kommission für Kunst und Architektur liegt ihr Wirken jetzt auch in Buchform vor.
Im Herbst 2003 schrieb die Bernische Kommission für Kunst und Architektur zum zweiten Mal Finanzierungsbeiträge für Monografische Publikationen aus. Aus dem Gedanken heraus, dass Kataloge Leitplanken sind für ein erfolgreiches künstlerisches Wirken, vor allem auch über die Region hinaus. Aus 55 Bewerbungen sprach die Kommission vier Kunstschaffenden einen Beitrag von je 25000 Franken zu, gab ihnen aber im Weiteren carte blanche, wie sie die Publikation gestalten wollten. Anders als bei den Cahier d’artistes der Pro Helvetia im Kern eine ähnliche Demarche sind die Kataloge und Bücher also sehr verschieden.
Die beiden Video- respektive Installationskünstler Andrea Loux und Peter Aerschmann wählten filmartige Querformate mit Boxen-Charakter, um darin auch eine DVD mit bewegten Bildern integrieren zu können. Ka Moser und Heinz Mollet hingegen, die, etwas vereinfacht ausgedrückt, malerisch tätig sind, wählten zwar nicht dieselben, aber beide bekannte Buchformate.
Die Konzepte sind, das zeigt sich klar, einerseits von der Art des Kunstschaffens abhängig, zweitens vom Umfang des Werkes und der Generation der Künstler und Künstlerinnen. So spielt bei Peter Aerschmann, dessen Video-Installationen oft interaktiven, respektive performativen und stets stark rhythmisierten Charakter haben, die grafische Gestaltung (Georges Schmutz) als Übersetzerin des Schaffens eine ganz wichtige Rolle. Und sie ist in ihrer Staccato-Struktur, in ihrer Mischung von Dokumentation und Bildsprache gut gelungen. Ärgerlich sind einzig die Druckfehler im Begleittext von Elisabeth Gerber.
Auffallend ist, dass Aerschmann nicht mit einem Verlag zusammenarbeitet. Ganz im Gegensatz zu Ka Moser und Andrea Loux‘, deren Monografien in der edition.fink einem der zur Zeit begehrtesten Label für aktuelle Kunst erschienen sind. Während der Berner Stämpfli-Verlag für das Buch von Heinz Mollet zeichnet. So spiegeln sich auch da die verschiedenen Werke und Charaktere, ist doch der Maler Heinz Mollet stark in Bern selbst verankert und der Künstler mit Jahrgang 1947 bereits ein Rück-Blicker. Schön ist, dass in seiner Publikation auch er selbst zu Wort kommt (in einem Gespräch mit Susanne Friedli); etwas, das bei den anderen zu kurz kommt.
Die grösste Überraschung ist die Publikation zu Ka Moser, ist es doch die erste, die das 20-jährige Schaffen der 67-Jährigen seit der Rückkehr zum Visuellen (nach zehn Jahren experimenteller Musik) umfasst und dabei das oberflächliche Cliché: „Aha, Ka Moser kennen wir“, differenziert. Ka Moser ist heute eine der einzigen Berner „Konkreten“ und dies (fast) ganz auf der Basis von Farbrhythmen, deren Variationsbreite und Serialität im Konzept der beiden (Bieler) Silex-Grafiker Bastien Aubry und Dimitri Broquard nun eindrücklich zum Ausdruck kommt.
Je nachdem ob die Kunstschaffenden weitere Sponsoren gewinnen konnten oder wollten, sind die Publikation mehr oder weniger aufwändig. Mit 25 000 Franken finanziert man kein Buch, höchstens einen relativ bescheidenen Katalog (umsomehr als Verleger-Risiken beschränkt sind). Andrea Loux streckte sich so einerseits nach der Decke und suchte andererseits ein Gleichgewicht von DVD und Print. So kommt ihr Katalog in sprödem grauem Karton-Umschlag zwar bilderreich daher (Betonung Fotografie), aber doch bescheiden, die DVD ist dafür mindestens gleichwertig und werkgültig.
Peter Aerschmann: Videos und interaktive Installationen 1999 2004. Bern 2004, Werkkatalog 44 Seiten und DVD, 38 Franken. (Bezug: P.A. Progr-Zentrum, Postfach 126, 3000 Bern 7). Andrea Loux: Räume, Geschichten. Edition Fink, Zürich 2004, Werkkatalog 69 Seiten und DVD, 32 Franken. Heinz Mollet: Malerei, Werke von 1992-2004. Stämpfli-Verlag, Bern 2004, Werkkatalog 112 Seiten, 38 Franken. Ka Moser: Das Farbengedicht. Edition Fink, Zürich 2004, Werkkatalog 176 Seiten, 45 Franken.