Monika Stalder Espace libre Biel 2008

Ein Planet stellt keine Fragen

www.annelisezwez.ch    Annelise Zwez in Bieler Tagblatt 12. Nov. 2008

Und wieder gibt das Kuratorenteam des Espace libre im Centre PasquArt einer jungen Bieler Künstlerin eine öffentliche Plattform. Monika Stalder zeigt „La forêt et les autres“.

azw. Wenn es so weiter geht, wird man bald einmal von der Bieler Schule der poetischen Fantasie sprechen. Denn nach Mirjam Gottier und Olivia Borer zeigt auch Monika Stalder im Espace libre zwei Installationen, die auf einem „anderen Planeten“ zu spielen scheinen. Es sind, vereinfacht betrachtet, mit schwarz bemalten kleinen Ästen in den Raum „gezeichnete“ Dörfer und Quartiere en miniature, situiert an einem weissen See und bevölkert von amorphen „Knäueln“, welche die Künstlerin als „Organe“ bezeichnet.

Durchwehte die kraftvoll die Längsachse des Raumes bespielende Installation mit einem Waschbecken, einer aufgebahrten Frau und einem Kamin von Mirjam Gottier im August ein subversiver, mythischer Zug, versuchte  Olivia Borer  mit ihrer Inszenierung im September/Oktober die Bieler Altstadt in eine sagenumwobene Felsenstadt zu verwandeln. Und nun verwirklicht Monika Stalder in ihrer Ausstellung die Metamorphose unserer auf den Schutz vor Wind und Wetter gerichteten Städte  in eine „afrikanische“ Gegend, in der sich mit „armen“ Materialien luftige Visionen bauen lassen.

Denkt man zum untereinander befreundeten Frauentrio die jungen Bieler Marcel Wyss, Adrien Horni, Georges Blunier, Marcel Freymond und andere hinzu und bedenkt, dass sie alle in irgendeiner Form die Schule für Gestaltung in Biel durchliefen, so ist klar, wo zur Zeit ein Klima herrscht, das Zeichnung und Fantasie als Orte ebenso subtiler wie persönlicher Gestaltung gewinnbringend fördert.

Oder anders ausgedrückt: Entwickelte sich in den 80er-Jahren ausgehend von der Schule für Gestaltung eine eigene Bieler Comic-Kunst, die Künstler wie M.S. Bastian und Christoph Lambert bis heute weiter verfolgen, so ist es aktuell eine Schule der poetischen Fantasie, die sich insbesondere durch die Zeichnung manifestiert, aber, wie aktuell im Espace zu sehen, auch in plastische Formulierungen ausgreift.

Monika Stalder kommt ganz klar von der Zeichnung her – im Espace liegt als Doku-mentation ein Buch  mit fotokopierten Blättern auf, in welchen die Künstlerin mit feinen Strichen die Natur neu erfindet und die Menschen als feinfühlig empfindende Wesen zeichnet. In dieselbe Traum-Welt gehören auch die beiden Installationen, von denen eine den Titel „Pour moi, pour toi et pour les autres“ trägt. Sie zeigt drei Pfahlbauten, die sich wie beseelte Wesen zu unterhalten scheinen, von der „übrigen Welt“ durch nicht sehr stabile „Lawinenverbauungen“ abgeschirmt.

Wie sich die Liebe zur Zeichnung, zum Fanastisch-Erzählerischen in den Werken dieser jungen Kunstschaffenden entwickeln wird, ist völlig offen, nicht zuletzt ab-hängig von ihrer weiteren Ausbildung. Während Mirjam Gottier die Hochschule bereits 2004 abschloss und ein entsprechend gefestigtes Werk schafft, haben Monika Stalder und Georges Blunier eben erst ihre Studien an der Zürcher Hochschule der Künste aufgenommen.

Info: Der Espace libre wird von der „visarte“, Sektion Biel getragen. Die aktuelle Ausstellung dauert bis zum 7. Dezember. Die Öffnungszeiten sind dieselben wie für Museum und Photoforum PasquArt. Link: www.espacelibre.info