Heidi Langauer Kunstverein Biel 1994

Katalogtext

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Die Malerei von Heidi Langauer (geb. 1939 in Wien)  hat seit jeher eine kämpferische Komponente. Im neueren Schaffen ist es der Kampf ums Bewahren des Hellen im Bedrohungsfeld des Dunklen. Ob es die Reihe „Facts and Defects“, die Serie „Der blaue Himmel“ oder die Gruppe der „Landschaften“ betrifft, immer ist der malerische Prozess ein Austragen von Spannungen zwischen hell und dunkel. Obleich das Befrieden die Antriebsfeder ist, sucht Heidi Langauer den Ausgleich nicht über ein Aesthetisieren. Es ist als ob der Blick in die Welt ein solches Vorgehen nicht erlauben würde. So sucht die Künstlerin denn eher die Grenze, die gerade noch ertragbar ist. Das „Licht“ darf nicht ganz verschwinden.

Obwohl Heidi Langauer  in Oesterreich aufgewachsen ist, hat sie ihr gesamtes Werk in der Schweiz geschaffen. Es steht hier dennoch verhältnismässig allein. Stellt man es in jedoch in den Kontext der österreichischen Nachkriegskunst ausgehend von Arnulf Rainer, so ergibt sich oft eine klimatische Verwandtschaft: Der Hang zum Uebermalen, zum expressiven Duktus am äussersten Rand der Figuration, die Tendenz zum Ungeschönten, das Zulassen von Aggressivität. Es ist eine unbewusste Nähe, die sich vielleicht gerade durch das Fernsein so formuliert.

In den Wohnräumen von Heidi Langauer stapeln sich die Bücher. Es ist pointierte Literatur und viel gegenwartsbezogene Wissensdokumentation. Die Malerei verrät das Lesen nicht illustrativ, wohl aber als engagierte Haltung gegenüber der Welt. Die über einen malerischen Untergrund gelegten, schwarzen Formelemente nehmen oft direkt Bezug zur Bedrohung des Menschen durch Krieg, durch Umweltzerstörung, durch machtgierige Technologien. Die erkennbaren Elemente wie Köpfe, Figuren, Stacheldraht, verbrann-te Erde, Grabkreuze, Klon-Zellen, Granatenregen sind indes nicht auf optische, sondern primär auf emotio-nelle Fassbarkeit hin angelegt. Es sind Zeichen, die für Schmerz stehen, sei er körperlicher oder seeli-scher Natur. Und weil Schmerz etwas ist, das man nur in sich empfinden kann, kreuzt sich auf dieser Ebene das Allgemeine mit dem Persönlichen.

Durch die Malerei von Heidi Langauer zieht sich als roter Faden die Spannung unvereinbarer Kräfte. Die Umsetzung geschieht primär in Zyklen, die formal, aber stärker noch über die verwendeten Malmateria-lien in Zusammenhang stehen. In „Facts and Defects“ ist es insbesondere der Einsatz des warmgelb er-scheinendem Schellacks, in Verbindung mit Leinöl, der die Rezeption mitbestimmt. Indem er das Papier tränkt hat er eine stärkere Verbundenheit mit dem Bild als die daraufliegenden, oft linear geführten schwarzen Schichten. Das gibt dem Zyklus von der fettig-gelben Farbe her etwas Warmes, Lichtvolles, gleichzeitig aber auch etwas Gleissendes, Wüstenartiges. Die Verbindung von Malsubstanz und Malträger vermittelt überdies eine starke Gegebenheit, die nicht mit blosser Geste verändert werden kann. So steht der Hintergrund in Kontrast zur zeichenhaften Deckschicht. 

In der Serie „Der blaue Himmel“ (Oel auf Papier) wird durch die vertikale Anordnung von je zwei Bildern die Senkrechte zwischen Erde und Himmel angedeutet. Die unteren, manchmal fast gänzlich schwarz übermalten Bilder sind schwer und belastet. Die obere Reihe ist durchwegs heller, aber nicht in einem romantischen Sinn. Es ist eher als wäre hier das individuelle Leiden herausfiltriert und vor den Hintergrund eines kalten, graublauen Himmels gestellt. Denn in den meisten oberen Blättern ist Figürliches erkennbar, seien es vermummte Gestalten, Stacheldraht-Köpfe, oder auch nur längliche, in ein Rund gestellte Zeichen.

Die „Landschaften“ auf Leinwand vereinigen die Kom-ponenten der Arbeiten auf Papier in sämiger substanzreicher Malerei. Der Technik entsprechend ist vieles in abstraktere Form gegossen. Das Hell und das Dunkel tragen die Befindlichkeit, da und dort eingebunden in konzentrierte Verdichtungen wie Spiralen, oder Knäuel. Ihre innere Spannung erhalten die Oelbilder nicht zuletzt durch das fast gewalt-same Trennen des Ganzen in zwei Hälften, die eigentlich zusammengehörten.