Hauri Peter 5 bronzene Steine für Sarmenstorf 1998
Der Natur zurückgeben was sie uns täglich gibt
www.annelisezwez.ch Annelise Zwez in Aargauer Zeitung September 1998 (leider fehlt die gedruckte Version in den Ordnern)
Peter Hauris Kunst und Bau-Arbeit für das Schulhaus Linea in Sarmenstorf. Architekt: Ruedi Eppler.
Primär gehören Schulhäuser Kindern und Lehrern. Doch charakterisiert werden sie von Architektur und Kunst. Die „Fünf Steine“, die Peter Hauri für das Schulhaus „Linea“ in Sarmenstorf geschaffen hat,geben der Natur etwas von ihr selbst zurück.
Seit Jahrhunderten malen Künstler Landschaften. Sie schauen in die Natur, nehmen ihre Formen und übertragen so ins Bild, wie sie sich ihnen zeigen. Auch Peter Hauri gehört zu ihnen. Denn der 53jährige in Zürich geborene Seenger mit Wohnsitz in Boniswil ist in erster Linie Maler, auch wenn er von seiner Ausbildung her Werklehrer ist. Früher wäre es undenkbar gewesen, dass ein Maler mit Skulpturen einen Wettbewerb gewinnt. Entweder man war Maler oder Bildhauer. Heute ist es jedoch gang und gäbe, dass sich Künstler in verschiedenen Techniken äussern.
Die „Fünf Steine“, die Peter Hauri für den an das neue Sarmenstorfer Schulhaus angrenzenden „Baumgarten“ geschaffen hat, tragen nichtsdestotrotz die Züge eines Malers. Sie sind eine Hommage des Malers an die Natur, die ihm seit Jahrzehnten „seine“ Motive liefert. Die Natur ist nicht nur gegenüber den Malern grosszügig; wir alle denken in Formen der Natur, weil wir sie täglich sehen. Aber wir sind uns dessen im Alltag nicht bewusst.
Indem Peter Hauri aus nicht steinernem Material „Steine“ schafft und sie – Steinen gleich – in die Natur zurück legt, macht er uns darauf aufmerksam; vielschichtig. Es ging nicht darum, Steine illusionistisch nachzubilden. Zwar sind die „Vorbilder“ auf dem Hausvorplatz des Künstlers gefundene, reale Steine; nicht von der Natur geschliffene, sondern vom Menschen der Natur entommene, mechanisch gebrochene. Ein Künstler denkt immer inhaltlich und formal zugleich. So ist das in der Wahl der Steine enthaltene Moment des Gebrauchs von Natur durch den Menschen nur ein Aspekt. Die Entscheidung folgt auch dem (Künstler)Auge, das sieht, das gebrochene Steine spannendere Aussenformen haben und sich demnach besser für die vielfache Vergrösserung in Skulpturen eignen.
Die Bronze-Steine, die Peter Hauri scheinbar zufällig im gewählten, mit Kies gekennzeichneten Feld positioniert und verankert hat, tragen auf ihrer Oberfläche deutlich die Spuren der formenden Hand. Einerseits entsprechen diese mehr oder weniger der Vergrösserung der Unebenheiten im Originalstein, andererseits wirken sie fast wie expressive Pinselzüge. Sie erinnern somit an den Maler, der im Bild gestaltet, was ihm die Natur zeigt. Der Künstler will ja nicht nur abbilden, sondern ebensosehr seine Empfindung einschreiben. Beide Aspekte spiegeln sich im Projekt „Fünf Steine“ als Ausdruck von Zuneigung.
Im Moment wirken die „Steine“ noch ganz deutlich als Skulpturen; mit unserer naturgeprägten Phantasie können wir darin sogar „Tiere“ erkennen. Die leicht patinierte, helle Bronze suggeriert (noch) keine Verwechslung mit Steinen. Aber die Bronze wird mit der Zeit dunkler werden, Spuren tragen und sich so immer stärker der Natur angleichen. „Die Skulpturen erreichen ihr Ziel in der Zeit“, schreibt der Künstler in Wettbewerbsunterlagen. Auch das ist ein Stück der hier thematisierten, steten Wechselwirkung zwischen Mensch und Natur.
Solche Prozesse im Realen wie im Ueberlegungsmässigen gehören zur Kunst unserer Zeit. Sie will für Augen, Hände und kletternde Kinder da sein und gleichzeitig zum Nachdenken über unser Wahrnehmen und Brauchen von Natur anregen. Es ist nicht das erste Mal, dass Peter Hauri in diesem Sinn arbeitet. Das fünfteilige, 105 m2 grosse Bild, das der Maler 1995/96 für das Schulhaus Rütihof in Zürich-Höngg geschaffen hat, zeigt als Motiv vielfach vergrösserte Ausschnitte von alten, verwitterten Mauern. Ueberlagerte er dort der neuen Mauer eine alte Mauer in Form von Malerei, legt er in Sarmenstorf von Hand geformte „Steine“ in die Natur zurück; beides sind spannende, künstlerische Projekte.
P.S. Wie mir Jury-Mitglied Markus Müller 2013 erzählte, wurde die ursprüngliche Situation später dahingehend verändert, dass die Naturumgebung durch Steinplatten ersetzt wurde, um zu vermeiden, dass die Kinder mit Dreck an den Schuhen das Schulhaus betreten. Schade.