Francesca Gabbiani_ Bildende Künstler aller Zeiten aller Völker_2005
Allgemeines Künstlerlexikon Saur_Verlag_Leipzig
www.annelisezwez.ch Originaltext, erschienen mit lexikalischen Abkürzungen
Künstlername: Gabbiani, Francesca
Sortiernahme. Gabbiani, Francesca
And. N-Komb.:
Cf-Künstler:
Geschlecht: w
Bildkünstl. Beruf: Malerin (Collagen)
Staat (aktuell): USA
GEO-Nachweis: Schweiz, Kanada, USA
Geburtsdatum: 10.09.1965
Geburtsort: Montreal
Letzte Erw.: 2004
Tätigkeitsort: Los Angeles
Gabbiani, Francesca, schweizerisch-amerikanische Malerin, * 10.9. 1965 Montreal, lebt in Los Angeles. In Kanada geboren, wächst sie ab 1969 in Genf auf. Vater Giulio Gabbiani (I) ist in der medizinischen Forschung tätig. Arbeitet mit Mutter Françoise Gabbiani (F), zusammen. Papiere, Stifte, Farben sind Werkzeuge zum Innehalten und Festschreiben. 1981/82 lebt die Familie in Seattle/USA. Gabbiani zieht dem elternseits erwünschten Studium die Ausbildung an der Ecole supérieure d’art visuel in Genf vor (1988-91). Schülerin im Atelier Chérif & Silvie Défraoui. Die Akademie ist im Hoch. Mitstudenten sind u.a. Sidney Stucki, Alexandre Bianchini, Fabrice Gygi, Christian Robert Tissot.
Gabbiani ist aktiv in der lokalen Szene, stellt in den Galerien Coop und La Régie aus. Zwei gegensätzliche Prägungen nimmt sie an die Rijksakademie van Beeldende Kunsten in Amsterdam (1993-94) mit: Die Malerei als bilderlos bearbeitete Oberfläche und die Wandlung radikaler Inhalte in atmosphärische Ästhetik. 1993,94, 95 Eidgenössische Preise für freie Kunst. Für hell-dunkle Wachs-Öl-Malerei, die geschichtet, zerschnitten, übermalt, reliefiert ist. Zuweilen Worte wie „Bitch“ oder Ornamente weiss auf weiss („Schnee“) enthaltend. Die Rezeption spricht von Bildverweigerung.
Ab 1995 Studium an der Universität in Los Angeles (UCLA). Tonangebend sind Professoren wie Paul Mc Carthy, Charles Ray, Lari Pittman. Das alleine Fuss fassen in fremder Umgebung ist schwierig. Es entstehen erstmals figürliche Arbeiten, fotografisch, plastisch, malerisch; die Stadt und ihre Bevölkerung spiegelnd. 1996 Providentia-Preis (CH). Einzelausstellung bei „Art & Public“ in Genf. 1997 Abschluss als „Master of Fine Arts“. Erhält den Genfer „Prix Placette“ (Manor-Preis).
Wird Assistentin von Raymond Pettibon (1997-1999) und arbeitet für Allen Ruppesberg (1997/98). Schreibt viel; Geschichten, fantastische Szenen. Erinnert sich des Horrorfilms „Eraserhead“ von David Lynch, der sie einst in Angst und Schrecken versetzte. Beginnt Stills aus Horrorfilmen von Stanley Kubrick („Shining“), von Dario Argento („Suspiria“ und „Phenomena“), Harry Kümel („Daughters of Darkness“), Herk Harvey (“ Carnival of Souls“) und Pier Paolo Pasolini („120 Tage von Sodom“) in farbige Papierschnitte zu übersetzen. Sie wählt architekturbetonte Sets, vielfach Intérieurs. Sie eliminiert die Schauspieler, vergrössert ev. Ausschnitte oder verändert Perspektiven und Farbnuancen.
Wichtig ist ihr die den Filmen entsprechende Atmosphäre der Bilder, die wortlose Suggestion möglicher Szenarien, ohne das der Angst auslösende „Horror“ stattfindet. Bewusst setzt sie eine „unschuldige“ Technik ein farbige Papiere, wie sie Kinder zum Basteln brauchen. Popartig reiht sie Farbform neben Farbform, dem architektonischen Stil, den Ornamenten von Tapeten und/oder Teppichen folgend. In Notizen schreibt sie ihnen eigene „Filme“ ein.
Während sie in „Freie Sicht aufs Mittelmeer“ im Kunsthaus Zürich (1998) noch mit ungegenständlichen Bildern auftritt, zeigt sie in LA erstmals Papierschnitte in studentischem Rahmen. Das positive Echo treibt sie an und leitet das seither entstandene Oeuvre ein. Es finden Ausstellungen in Genf, in New York und in Los Angeles statt. Bearbeitet sie die Stills anfänglich via Ausdrucke und Fotokopien und hält die Formate in Grenzen, tritt später der Computer hinzu und die Masse werden grösser bis hin zu 264 x 198 cm in der erstmals mit Assistenten geschaffenen Fünfer-Serie zu Pasolinis „120 Tage von Sodom“, die sie für ihre erste Museums-Einzelausstellung 2005 im Centre PasquArt in Biel/Bienne (CH) schafft.
Neu greift sie auch mit Gouache- und Acrylfarben malerisch ein oder grundiert die Papiere mit „Air Brush“; zum Beispiel in „Hot Panorama“, einer kalifornischen Feuersbrunst-Szenerie von 2003, die erstmals nicht einem Film entstammt, sondern eine Collage von Medienbildern ist, kombiniert mit der eigenen Imagination. Die Titel ihrer Werke zwischen Horror und Verführung beziehen sich vielfach auf amerikanische Folkmusic, die oft in kindlichen Melodien schreckliche Geschehnisse besingt. Seit 2002 ist Francesca Gabbiani mit dem US- Künstler und Musiker Eddie Ruscha verheiratet. 2003 kommt Sohn Milo zur Welt.
Werke des Künstlers mit Standortnamen: Kunstsammlung des Kantons Genf.
Selbstzeugnisse: „Mémoires à macher“, Francesca Gabbiani und Dennis Cooper, Künstlerbuch, Musée d’Art Moderne, Genève, 1998.
Ausstellungen E: Genf: 1991, Gal. La Régie; 1996, ’99, ’01 Galerie Art & Public; 1998 „Memories to chew“, MAMCO (Prix Placette, Kat.). Lausanne: 1994, Espace Flon. New York:1999, „go to the rainbow“, Gallery 1-20 (Kat.); 2004, Marianne Boesky Gallery. Los Angeles: 2000, ’01, ’03, ’05 Karyn Lovegrove Gallery; 2001 UCLA Hammer Museum; Wolfsburg (Kat.): 2003, „Dream Space“, Kunstverein. Basel: 2003, Art Statements (Messe Basel und Miami Beach; Karyn Lovegrove Gallery). Paris: 2005 Galerie Christophe Daviet-Thery. Biel: 2005, Centre PasquArt (Kat.).
G: Genf: 1996 Musée d’art Moderne et Contemporain (MAMCO). Bern: 1996 „Young Art“, Kunsthalle Bern (Providentia-Preis). Braunschweig: 1997, „504“, Zentrum für Kunst, Medien & Design (Kurator: John Armleder, Kat.). Los Angeles: 1997 „Malibu Sex Party“, Purple Fine Arts; 1999 Marc Fox Gallery; 2000 „Spellbound“, 2004 „The Dogs“, Karyn Lovegrove Gallery; .Zürich: „Freie Sicht aufs Mittelmeer“, Kunsthaus + Shirn Kunsthalle Frankfurt (Kat). Paris: 1998 „dog days are over“, Centre Culturel Suisse; 2003, „Light and Spaced Out“, Galerie Loevenbruck (+Fonds régional, Brest). Antwerpen: 2003, Galerie Tache-Levy. Mailand: 1999 „the temptations“, Studio Guenzani (Kurator: Dennis Cooper). Long Beach (CA, USA): 2001, „By Hand“, University Art Museum. London: 2002 „Play It As It Lays“, 17 Künstler aus LA, The London Institute Gallery, Millbank; 2004 „Emily Tsingou Gallery“. Basel: 2002 „Painting on the Move“, Kunsthalle (Kat.). New York: 2004, Marianne Boesky Gallery. Santa Monica: 2004, „Paper“, Patricia Faure Gallery.
Bibliographie: Bruce Hainley in „Artforum“ Nr. 37/2 Okt. 1998. Iannaccone Carmine, in „Artext“ Nr. 74, Los Angeles, 8/10 01, p. 46-47. Cooper Bernard, L.A. magazine, 11/02, pp 138-141. Jenni Sorkin in „Frieze“ Nr. 65, London, 3/02.pp 92-93. Paul Young in „Angeleno“, Los Angeles, Jan/Feb.02, pp 146/47. Goddard Donald in „NewYorkArtWorld.com“, New York, 4/04. Benjamin Weissmann in „The Believer“, San Francisc (USA), 12/1 04/05, pp 26-27. Annelise Zwez in „Bieler Tagblatt“, Biel (CH) 29/3/05. Béatrice Schmidt in „Der Bund“, Bern (CH), 21/3/05. Berger Doris in „Die Schönheit des Unheimlichen“, Interview in Kunstbulletin, Zürich (CH), No. 5, 2005.