Berner Manor-Preis 2010 für Julia Steiner

www.annelisezwez.ch       Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 19. Juli 2010

Seit 2008 wird auch im Kanton Bern im 2-Jahres-Turnus ein Manor-Kunstpreis ausgelobt. Sitz ist das Museum Pasquart in Biel. Die Wahl von Julia Steiner als Preisträgerin 2010 ist keine Überraschung.

Dass die Jury des Berner Manor-Kunstpreises die 28-jährige Julia Steiner als Preisträgerin für 2010 erkor, ist beinahe logisch. Die Karriere der in Bern lebenden „Zeichnerin“ verlief in den letzten drei Jahren geradezu kometenhaft, die Galerien stritten sich darum die zwischen Zeichnung und Malerei angelegten, ausschliesslich schwarz-weissen Grossformate zu zeigen. An der Kunstmesse in Zürich wurde sie von der Galerie Beatrice Brunner (Bern), an der „Art“ in Basel von der Galerie Meile (Luzern/Peking) vertreten.

 

Alles begann in Büren zum Hof, wo Julia Steiner 1982 geboren wurde. Nach Kindheitsjahren in Bätterkinden besuchte sie das Gymnasium Hofwil und danach den Vorkurs der Schule für Gestaltung Bern-Biel, in Bern. Dort war sie im Fach „Bildsprache“ Schülerin von Beat Frank und Florence Plojoux (beide Dozenten in Biel). Dieser künstlerisch ausgerichtete Kurs brachte bereits mehrere ausserordentliche Zeichen-Talente hervor (man denke an Stefan Guggisberg, Matthias Wyss, Marcel Freymond u.a.). Ab 2002 bildete sich Julia Steiner an der Hochschule der Künste und der Universität Bern weiter und schloss ihre Studien 2008 mit dem Zeichenlehrerdiplom ab. 2007 erhielt Julia Steiner den Hauptpreis der Aeschlimann-Corti-Stiftung, 2009 sowohl das Kiefer-Hablitzel-Stipendium wie einen Eidgenössischen Kunstpreis und weilte als „Artist in Residence“ in Peking.

Von Anfang an waren es wie im Traum ergangene „romantische“ Landschaften mit viel Natur, aber auch jungen Menschen und Tieren, die Julia Steiner präsentierte; mal herangezoomt, mal auf grössere Distanz betrachtet. Sie suche sich ihre Wege im Prozess des Zeichnens, sagte sie in einem Künstlergespräch. Das Erstaunliche daran waren immer wieder die Formate bis zu zwei mal drei Meter, die sie ohne Vorzeichnung (aber zum Teil mit Radiergummi) und immer mit einer Spur Unschärfe bewältigte. Es entspricht den Zeichnungen, dass die Künstlerin inzwischen auch mit lyrischen Texten an die Öffentlichkeit trat.

Die Manor-Jury, die von Chantal Prod’hom (Direktorin des Mudac in Lausanne) präsidiert wird, wählt die Preistragenden aufgrund von Vorschlägen des mit dem Sitz betrauten Museums, in diesem Fall des Museums Pasquart respektive Dolores Denaro. Der Preis umfasst einen Cheque in Höhe von 15 000 Franken sowie einen namhaften Beitrag an die im darauf folgenden Jahr stattfindende Ausstellung mit Publikation und Werk-Ankauf. In Ihrem Bericht lobt die Jury einerseits die „enorme visuelle Kraft“ der Künstlerin, andererseits den systematischen Einsatz von ausschliesslich schwarzer Gouachefarbe auf Papier respektive den damit erreichten, subtilen Umgang mit Licht. Sie hält auch den Einfluss des kürzlichen China-Aufenthaltes fest, indem sie schreibt: „Nach einem Aufenthalt in Peking 2009 konzentriert sich die Künstlerin auf die Elemente der Natur und tendiert zu einer abstrakten Malerei. Alles scheint immer in Bewegung zu sein. Man wird von der malerischen Geste fortgerissen, der Blick verliert sich in den langen Fresken, die man auch auf der akustischen Ebene wahrzunehmen glaubt.“

Bildlegende:

Julia Steiner: „Flora im Schlaf – Graviation“, Gouache auf Papier, 2009, 200 x 348 Zentimeter. Bild: zvg