Franz Huemer Kartause Ittingen 2010
Vom sinnvollen Zufall
www.annelisezwez.ch Annelise Zwez in Kunstbulletin Juli/August 2010
Ittingen/Frauenfeld 27 Jahre sind es, dass der Aargauer Museumsdirektor Heiny Widmer den österreichischen Wurzelvisionär Franz Huember (geb. 1924) entdeckte und als Erster umfassend zeigte. Im Einklang mit der seit Harald Szeemanns documenta 72 hoch im Kurs stehenden Kunst von Aussenseitern.
Schieden die in Baumwurzeln versteckten Heiligen katholischer Prägung schon damals die Geister, stehen die in barocker Üppigkeit präsentierten Skulpturen zwischen Fundstück und Schnitzerei heute derart fremd in der Kunstbetriebs-Landschaft, dass die Ausstellung unter künstlerischen Auspizien geradezu provokativ wirkt.
Markus Landert, Irène Müller und Dorothee Messmer rücken zwar in Film (André Beckersjürgen) und Katalog das Lebenskunstwerk konzeptuell in den Mittelpunkt, doch die museale Inszenierung im Gewölbekeller wird, ähnlich wie 1983 in Aarau, von den vexierbildähnlich bemalten und geschnitzten Wurzelstöcken dominiert. Die seit den 1990ern im Zentrum von Huemers Schaffen stehenden Garten- Fels- und Landschaftsfotografien, denen er in vergrösserten Farb-Fotokopien eine visionäre Ufologie, oder auch seine persönliche Paradiesvorstellung, einschrieb, werden eher dokumentarisch denn als eigenständige künstlerische Bildsprache gezeigt.
Dennoch ist die Kartause mit ihrem Sammlungsprofil Aussenseiter-Kunst der richtige Ort, das nun überschaubare Gesamtwerk des im 2.Weltkrieg von Halluzinationen verfolgten Künstlers auszubreiten, um vielleicht den Untergang seines Reiches in einem kleinen Bahnwärterhäuschen bei Feldkirch zu verhindern.
Þ Kunstmuseum Thurgau, Kartause Ittingen, bis 26. September 2010
ÞKatalog mit DVD, Verlag für Moderne Kunst Nürnberg
Þwww.kunstmuseum.ch