Rudolf Steiner_Patwa_Espace libre_Biel 2010

Anleitung zum Mord

www.annelisezwez.ch     Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 7. Juli 2010

Monsignore Dies hat im Espace libre das zweite Kapitel seiner Kuratorenschaf

t inszeniert. „Anleitung zum Mord“ ist eine Video-Audio-Collage von Rudolf Steiner und Karim Patwa, präsentiert auf sechs Monitoren.

Der Tod ist das zentrale Thema der Ausstellungen, die der Bieler Rockmusiker, Künstler –  und nun auch Kurator – Monsignore Dies im Espace libre des Centre Pasquart präsentiert. Entsprechend heisst der Espace denn auch zur Zeit „Aufbahrungsraum“. Das klingt makaber und ist es auch, zumal das Lustvolle nicht fehlt. Aber zugleich ist es ein tabuloses Aufdecken des Todes in unserem Alltag. Ähnlich wie das Bernhard Fibichers Ausstellung „Six feet under“ im Kunstmuseum Bern vor einigen Jahren tat.

Wäre „Anleitung zum Mord“ der Titel eines Kriminalromans würden wir dies achselzuckend zur Kenntnis nehmen. Krimis gehören zu unserem Alltag. Über das Wörtchen „fiktiv“ erlauben sie uns, Gewalt und Tod als Unterhaltung zu konsumieren. Genau da setz

en auch der Bieler Multimedia-Künstler Rudolf Steiner (geb. 1964) und der in Zürich lebende Bieler Filmemacher Karim Patwa (geb. 1968) an.

Wenn Steiner auf Wassermelonen schiesst und es „blutig“ spritzen lässt, so lachen wir; wenn wir dem Requiem auf eine „ermordete“ Maus folgen, sagen wir vielleicht „so ist die Natur“. Steiners Videos heischen unter ästhetischen Gesichtspunkten Bewunderung, nicht unter existentiell den Tod betreffenden. Oder denken wir vielleicht einfach nichts dabei?

Steiner ist visueller Künstler; er denkt in Bildkategorien. Karim Patwa hingegen ist Filme-macher; er will mit Bildern und Worten Geschichten generieren. Entsprechend nimmt er den Ausstellungstitel wörtlich und zeigt in Versatzstücken auf, wie in Film und Fernsehen anhand von Bildern und Texten laufend „Anleitungen zum Mord“ gegeben werden, meist ohne dass wir das bewusst wahrnehmen.

Weder Steiner noch Patwa sind Moralapostel – viel eher ist anzunehmen, dass sie Krimi-Fans sind und gerade darum mit Vergnügen die „wunden“ Punkte anpeilen und zum Thema machen. Damit gelingt es ihnen unsere unbedachten Gewohnheiten zu entlarven und die Schauerlichkeit verstückelter Leichname, eines sich  eben Aufhängenden, aus Spieltrieb getöteter Mäuse, aber auch unserer Assoziationen angesichts explodierender Wassermelonen aufzuzeigen.

Monsignore Dies’ Anteil an der Ausstellung beschränkt sich nicht auf die Einladung der beiden Künstler, sich im „Aufbahrungsraum“ zu verbünden. Er liefert dazu das „Bühnenbild“ – den mit Torf-Erde ausgelegten Raum mit den sechs mit schwarzer Plastikfolie verkleideten Kisten, deren Oberfläche ein Bildschirm ist. Die Erde verströmt einen seltsam modrigen Geruch. Zusammen mit den Ewigkeitslämpchen in den Fensternischen wird der  „Aufbahrungsraum“ gleichsam zu subversiver Realität.

Die beiden Künstler bespielen die Monitore als eine Art Potpourri mit mehreren Kapiteln. Die sechs DVDs für die sechs Monitore sind alle gleich lang, zeigen aber nicht oder nur teilweise dasselbe und oft nicht zur selben Zeit. Verschiedene „Geschichten“ laufen parallel, fassbar im engeren Sinn sind aber nur die kurzen, gesprochenen Erzählungen, eine Art potenzierte Meldungen aus Aktenzeichen XY. Gewiss ist hier die „Anleitung zum Mord“ evident, doch im künstlerischen Gesamtbild der Installation sind sie durch ihre Linearität zu dominant, besticht doch in den bewegten Bildern ansonsten viel eher das Geheimnisvolle, Fragmentarische, sich karussellähnlich Drehende, die ohne exakt zu definieren die Allgegenwärtigkeit der Gewalt und damit auch des Todes offen legen.

Info: Der Espace libre hat dieselben Öffnungszeiten wie Museum und Photoforum Pasquart, d.h. Mi – Fr 14 – 18, Sa/So 11 – 18 Uhr. Dauer: Bis 15. August 2010

Bildlegende:

„Anleitung zum Mord“ Video-Installation Rudolf Steiner, Karim Patwa (Video/Film) und Monsignore Dies (Bühne).   Bild: azw