Traversee de deserts – Themenausstellung Kirche Pasquart 2010

Mit Kunst durch die Wüste

www.annelisezwez.ch     Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 2. März 2010

Mit viel Publikum wurden in der Eglise du Pasquart die Themenwochen unter dem Titel „Traversée de déserts“ eingeläutet.

Titel sind nicht selten matchentscheidend für den Erfolg eines Unternehmens. Mit „Traversée de déserts“ ist es der  Association Présence, welche für das Kulturprogramm der Französischen Kirche zeichnet, gelungen, eine Thematik  so zu betiteln, dass sie sich öffnet und von biblischen Assoziationen über Migrationsthemen bis zu touristischen Aspekten grosse Vielfalt einbringt. In der französischen Sprache noch stärker, wird “traverser le désert“ hier doch geläufig für „eine schwierige psychische Zeit durchlaufen“ verwendet.

Hélène Joye-Cagnard und Catherine Kohler, die Kuratorinnen der das Programm umrahmenden Ausstellung, beflügelte die Thematik. Mit malerischen und fotografischen, selten objekthaften Werken von elf Kunstschaffenden aus der Region visualisieren sie  „Traversée de déserts“ unter verschiedensten Gesichtspunkten. Carla Etter steht mit Aufnahmen der Weissen Wüste in Aegypten für das reale Abbild zwischen Schönheit und unendlicher Einsamkeit. Michael von Graffenried hingegen zeigt in eindringlichen Schwarz/Weiss-Fotografien  um Asyl suchende Menschen, welche die Wüste traversiert haben und nun erst recht die Wüste queren. Die Wüste kann aber auch, wenn man an Jesus denkt, die Konfrontation mit dem Teuflischen meinen. Jerry Haengglis vier rote Malereien von 2007 spiegeln dieses Diabolische mit seinen Versuchungen und seinen angsteinflössenden Schrecken eindrücklich. Quasi das Gegenstück dazu bildet  Hubert Dechants Bild einer jugendlichen Gestalt, die mit einem spriessenden Stecken unterwegs ist als wäre sie der junge Moses mit seiner Glaubenskraft.

In der Pasquart-Kirche finden immer wieder Ausstellungen statt. Das kann indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Räume nur sehr bedingt für die Inszenierung von Kunst eignen und sich damit die Gefahr einer rein illustrativen Präsentation erhöht. Diesmal ist sie teilweise gebannt durch die intelligente und in kurzen Statements phantasievoll begründete Wahl der Werke. Die Sinnbildlichkeit wird genannt, aber  sogleich in den Werkkontext der Künstlerinnen und Künstler gestellt. Schade, dass eine Übersetzung ins Deutsche nicht für nötig erachtet wurde.

Es ist eine Kuratorinnen-Ausstellung, das heisst es wurde nur selten  – zum Beispiel bei Jerry Haenggli oder Marcel Freymond – direkt mit den Kunstschaffenden kooperiert. Die meisten Werke stammen aus der umfangreichen Sammlung der Stadt Biel, die mit ihrer Online-Verfügbarkeit  quasi ein offenes Buch ist und sich thematisch suchenden Kuratorinnen wie Joye/Kohler geradezu anbietet.

So ist die Ausstellung auch ein Prüfstein für Werke, welche die Stadt Biel bis zurück in die 1980er-Jahre angekauft hat, zum Beispiel eine Gruppe kleinformatiger Schwarz-Weiss-Fotos von Jeanne Chevalier von 1988 mit dem Titel „Seeland“, welche in der hier etwas weit hergeholten Optik der Kuratorinnen die „Wüste“ auch in der Nähe verorten. Stärker unter die Haut geht die Zeitdifferenz bei Michael Graffenried, dessen Zyklus „Empfangsland Schweiz“ 1986 entstanden ist, heute aber so virulent ist wie vor 24 Jahren. Die malerisch/zeich-nerische, figürliche Objekt-Collage von Chri Frautschi von 2003 steht in ihrer kruden Erscheinung zwar etwas allein im Kontext, fängt aber die aufreibende psychische Komponente des Themas überzeugend ein und erinnert überdies daran, dass der Lokal.Int-Betreiber eigentlich bildender Künstler ist.

Im Bemühen die Thematik auszuweiten, nicht nur ihre problematische Seite, sondern auch ihre Chancen zu zeigen, wählten Joye/Kohler auch eine fotografische Performance-Werkgruppe, in welcher Verena Lafargue Rimann (fotografiert von Sandra D. Sutter)  einen luftgefüllten Plastik-Tunnel als „Flugobjekt“ in eine andere Dimension nutzt.

Die Ausstellung ist sehr auf unsere Optik ausgerichtet. Die reale Problematik der Wüste angesichts klimatischer Bedrohungen scheint nur in den Grossformaten des jungen Marcel Freymond auf. Sie zeigen – wie schon in der Weihnachtsausstellung im Kunsthaus Pasquart –  eine von Erdrutschen bedrohte Wüstenstadt. Klar, dass die Kuratorinnen nur vermitteln können, was Kunstschaffende in ihren Werken umtreibt.

Info: Ausstellung bis 4. April, Mi, Sa, Di 14 – 18 Uhr.

 

 Bildlegende:

Jerry Haenggli: Die „Wüste“ als Ort des Dunklen; Öl auf Leinwand, 2007. Bild: azw