www.annelisezwez.ch    Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 18. Juni 2011veroxybd.com

Aller Voraussicht nach wird Alexandra Talman am Montag im Rahmen einer ausserordentlichen Generalversammlung zur neuen Präsidentin des Bieler Kunstvereins gewählt. Ein Porträt.

„Ich fühle mich wohl in Biel“, sagt Alexandra Talman. Seit 2007 lebt die Kultur-Managerin  mit ihrem Lebenspartner, Pierre-Edouard Hefti, in einer charaktervollen Altstadt-Wohnung.  „Biel erinnert mich zum einen an die Zweisprachigkeit meiner Schulzeit in Freiburg, zum andern erlebe ich hier eine kulturelle Vielfalt, die nicht einfach präsentiert, sondern gelebt wird.“

An vier Wochentagen ist Alexandra Talman allerdings meist in Zürich. Die von ihrem Studium respektive ihrer Biographie her mit vielen Sparten der Kultur Vertraute arbeitet seit 2008 als Verantwortliche für den sogenannten „Desk Süd“ bei Pro Helvetia. Der „Desk Süd“  betreut die Verbindungsbüros der Schweizer Kulturstiftung im südlichen Erdteil, insbesondere in Kairo, in Südafrika und im Länderprogramm Chile/Argentinien, aber auch die sich in den entsprechenden Ateliers von Pro Helvetia aufhaltenden Kunstschaffenden.  „Es ist eine spannende, manchmal auch aufreibende Arbeit, die viel Verständnis für die Denk- und Empfindungsweise in diesen Ländern fordert“, sagt Talman, „man muss spüren, was die andern mit ihren Worten meinen“. Gerade in Kairo herrsche zur Zeit  eine schwierige Situation, hätten doch alle  aktiven Projekte vorläufig auf Eis gelegt werden müssen.

Eine Diplomatin an der Spitze


Wie sie denn zusätzlich zu ihrem Job den Bieler Kunstverein in die an der letzten Generalversammlung geforderte „aktivere Zukunft“ führen wolle?  Was das Zeitfenster anbetrifft, verweist Talman darauf, dass sie 2010 ihre zweijährige Ausbildung in Kulturmanagement an der Universität Basel abgeschlossen habe. Das gebe Luft. Inhaltlich freue sie sich, das erworbene Wissen künftig nicht nur im Rahmen ihrer Berufstätigkeit, sondern auch direkt im Kulturbetrieb anwenden zu können.  „So mich denn die Mitglieder des Kunstvereins am Montag wählen….“ Davon ist auszugehen, denn im Vorstand freut man sich sehr über ihre Kandidatur.

Auffallend ist, wie diplomatisch Alexandra Talman mit der Situation umgeht. So wurde nicht nur dieser Medienauftritt mit dem Vorstand des Kunstvereins abgesprochen, auch ihre Vision zielt ganz offensichtlich nicht darauf hin, sich selbst in den Vordergrund zu stellen, sondern die „Verbindungsbüros“ – sprich, die kürzlich gebildeten Arbeitsgruppen (das BT berichtete) – so zu führen, dass sie hör- und sichtbar werden. „Es liegen im Moment so viele Ideen auf dem Tisch, dass es vorab gilt,  die besten umzusetzen“.  Eines wird jedoch klar: Es ist ihr wichtig, dass der Kunstverein die Aktivitäten im Centre Pasquart mit trägt und dabei nicht zuletzt die regionale Komponente nachhaltig vertritt. Neue Vermittlungs- und Förderformate sollen hier ansetzen.

Netzwerk Kunst


Die Basis für ihr kulturelles Engagement geht zurück bis in die Schulzeit. In Freiburg, so sagt die von Haus aus Deutschsprachige, würden die Gymnasien bilingue geführt, das weite den Horizont. Zudem sei das „Collège St. Michel“, das sie besucht habe, sehr kulturell orientiert. Sie habe da „getankt“ und sicher auch darum in der Folge Germanistik und Englische Literatur studiert.

Direkt ins Umfeld der Visuellen Kunst rutschte Alexandra Schwab durch die Heirat mit dem Fotografen und ehemaligen Daniel Spoerri-Assistenten Paul Talman, einem Sohn des Künstlers und Designers Paul Talman (1932-1987), der ab 1973 auf Schloss Überstorf (FR) „residierte“. Die beiden lebten ab 1996 im “Schulhaus“ des Schlosses, das inzwischen einer privaten Stiftung gehörte.

Alexandra Talman kam schnell in Kontakt mit der „Clique“ rund um Spoerri, Roth, Tinguely, Luginbühl & Co., sei es in der Schweiz oder in den „italienischen Gärten“. „Da ging es zuweilen ziemlich ‚archaisch’ her und zu“, meint sie rückblickend, aber sie habe viel gelernt in dieser Zeit und zahlreiche Kontakte gingen noch heute darauf zurück. Beruflich war Talman damals bei der Amerikanischen Botschaft in Bern tätig, wo sie unter anderem beauftragt war, Amerika über den Schweizer Kulturbetrieb (auch den Kunsthandel) auf dem Laufenden zu halten. 2007 zog sie nach Bern, wechselte zum „British Council“ und übersiedelte später nach Biel.

Selbst im Bereich des Visuellen tätig ist Alexandra Talman über die Fotografie. Welches sind ihre Motive? Die Antwort kommt schnell: „Ich liebe kleine Absurditäten“, sagt sie und dann: „Auch die Architektur motiviert mich zu Aufnahmen; ganz traditionell in schwarz-weiss und entwickelt und kopiert im eigenen „Labor“. Spiegeln die Themen zwischen konstruktiver Strenge und „chaotischer“ Freiheit sie selbst? – „Eine gute Frage“, erwidert sie lachend und meint: „Vielleicht“.

 

Auch in der Stiftung Centre Pasquart steht ein Wechsel bevor.

Jean-Pierre Bechtel tritt zurück. Er war seit 1997 im Stiftungsrat und seit 2002 dessen Präsident.

Sein Nachfolger wird der Künstler Urs Dickerhof, langjähriger Direktor der Schule für Gestaltung Bern und Biel.

Dickerhof ist bereits in den Rat gewählt, aktuell Mitglied der Findungskommission für die Nachfolge von Dolores Denaro. Per Ende Jahr wird er das Präsidium übernehmen.

Sein Engagement begründet er mit der Überzeugung, dass es vorderhand noch immer jemanden brauche, der seit der Gründung des Pasquart mit dabei war.