Valery Heussler Text Saur Lexikon Leipzig 2011
Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker.
www.annelisezwez.ch Annelise Zwez Saur Lexikon „Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker.“ 2011
Originaltext; in lexikalischer (Abkürzungen!) Form erschienen 2011
Bürgerlicher Name: Valery Maier-Heussler
Künstlername: Valery Heussler
Sortiername: Valery Heussler
And. N-Komb.:
Cf-Künstler: Ernst Georg Heussler (1903-1982), Alex Maier (1917-2005) erster war ihr Onkel, zweiterer ihr Ehemann
Geschlecht: w
Bildkünstl. Beruf: Grafikerin, Malerin, Plastikerin
Staat (aktuell): Schweiz
GEO-Nachweis: Schweiz
Geburtsdatum: 02.12.1920
Todesdatum: 29.01.2007
Geburtsort: Basel
Letzte Erw.: 2009
Tätigkeitsort: Basel, Effingen (AG)
Valery Heussler, Schweizer Grafikerin, Malerin, Plastikerin. 2.12.1920 16.8.2007
Valery Heussler wächst mit einem Bruder in Basel in kleinbürgerlichen Arbeiter-Verhältnissen auf. Ihr Vater betreibt eine Schmiede respektive Autowerkstatt. Ihre Mutter, Frieda Birk, ist Deutsche. Angstvoll wird der Aufstieg Hitlers am Volksempfänger mitverfolgt. Schulhefte von 1930-1933 zeigen eine stupende zeichnerische Begabung, doch obwohl sie ein Stipendium in Aussicht hat, verbietet der Vater den erwünschten Besuch der Allg. Gewerbeschule. Sie muss nach einem Welschlandjahr (1935/36) und Handelskursen Büroarbeiten für ihn ausführen. Sie schert aus, besucht gestalterische Abendkurse, nimmt Malstunden bei ihrem Onkel, Ernst Georg Heussler.
Ab 1938 arbeitet sie bei Maus Frères, als Bürolistin, später Grafikerin und Werbefachfrau. 1941 kündigt sie, um sich an der Gewerbeschule zur Malerin und Bildhauerin auszubilden. Mit graphischen Aufträgen schlägt sie sich finanziell durch. Sie findet regen Kontakt zur Basler Kunstszene; 1947 heiratet sie den Basler Maler Alex Maier, 1950 wird sie Mitglied des Kreis 48, später auch der Künstlerinnengesellschaft GSMB+K.
Bereits die figürlichen Ei-Tempera-Bilder auf Leinwand der späten 1940er-Jahre zeigen, dass Valery Heussler eine kritische Denkerin ist, welche die Maskeraden der Basler Fasnacht einsetzt, um die Schrecknisse des Weltkriegs in Bilder zu übersetzen. Menschen scheinen ihr nicht mehr darstellbar. Sie erfindet den Bumpf, malt das Tal der Lemuren. 1951 erstmals an der Nationalen Kunstausstellung beteiligt; Ankauf durch die Eidgenossenschaft. 1951/52/54 dank His-, Schiess- und Eidg. Stipendium längere Aufenthalte in Lipari, Reisen nach Sizilien und Spanien.
Ist fasziniert von der Tätigkeit der Menschen malt die Ofenhändler, den Fischzug, den Mumientransport, die Brotmaschine. Ihr Stil ist zeichnerisch, surreal und zugleich detailreich erzählend. Ankäufe durch Georg Schmidt vom Kunstmuseum Basel. Als Vertreterin der Basler Phantastischen Malerei an Ausstellung im Museum Morsbroich in Leverkusen (K) beteiligt. Trommelt als erste Frau in Basler Clique, entwirft Fasnachtskostüme, wird Laternenmalerin für die Verschnuffer, später auch die Alte Schnooggekerzli (Brotverdienst). Nach längerer Krise 1966 erste formal reduzierte Augen-, Nasen- und Ohrenmenschen aus Papier-Maché (später in Bronze gegossen).
Die sich ankündigenden 68er-Jahre stärken das Selbstvertrauen. Lernt, wie einst ihr Vater, ab 1967 an der Gewerbeschule schmieden, schlossern, schweissen. Erste Metallplastiken. 1970 Trennung von Alex Maier, Erwerb eines Bauernhauses in Elfingen (AG), Einrichtung als Schmiedewerkstatt (dank Beitrag Basel-Stadt). Ab 1973 geschmiedete, figürliche Eisenplastiken aus Stahlbändern; Wachtposten, Drei Gehende, Einsamkeit. Die allgemeine Politisierung der Gesellschaft rückt kritische Themen in den Vordergrund. Die Gleichschaltung durch Werbung und Massenmedien wird zum wichtigsten Thema in Valery Heusslers Schaffen.
Sie erinnert sich der fatalen Instrumentalisierung des Radios durch Hitler in den 1930er-Jahren. Die Ohrenmenschen werden zu Uniformierten Hörerschaften, die Augenmenschen zu gleichgeschalteten Sehern. An die Stelle geschmiedeter Plastiken treten ab Mitte der 1970er-Jahre Eisen- und Bronzegüsse (Kleinskulpturen) respektive mit geschwärzten Gipsbandagen dicht umwickelte Gerüste aus Armierungseisen (Grossformate, Reihungen).
Formal ist der Einfluss einer Mexikoreise (1973) sichtbar. Engagiert sich kulturpolitisch, ist von 1975 1978 Präsidentin der GSMB+K (heute GSBK), Sektion Basel. 1980-93 mehrere raum- und wandfüllende Installationen mit multiplizierten Hörer- und Seher-Schaften für Innen- und Aussen-Räume; Ankäufe durch Kunst-Kredit BS und BL, Gemeinde Riehen, Kantonalbank Rheinfelden. Zahlreiche Ausstellungen. Mehrfach gezeigt wird die vielteilige Gruppe der Salesmen, uniforme, lebensgrosse Figuren, die mit langen Röhrenaugen und Aktentasche alle in dieselbe Richtung eilen.
In Hindurchgehen, der grössten Raum-Installation VHs im Shed im Eisenwerk in Frauenfeld (1991, Kat.) stellt sie ihnen als kreative Gegenkraft flache, stilisierte Figurenschemen aus Stuccoblech entgegen. In einem zweiten Strang führt sie die surreale Tendenz weiter, sei es in den zeichenhaften, teils in Gerüste eingebundenen Händen und Armen (1983/84/91), in der Bronze-Skulptur Brot teilen (1987) wie in der zugleich märchenhaften wie apokalyptischen Szenerie Winterzeit – Wendezeit aus Steinzeugton gebrannte, surreale (Geist)-Figuren (Clavel-Park, Augst, 1987). In den 1990er-Jahren entstehen die spätesten plastischen Arbeiten, nun aus Chromstahl und wieder deutlich die reduzierte Formensprache der Augen-, Nasen- und Ohrenmenschen aufnehmend. Letzte Ankäufe durch den Kunst-Kredit der Stadt Basel, Installation der Werke 2000 in der Theodorsgraben-Anlage. 2007 stirbt Valery Heussler in Elfingen; ihr Freundeskreis wird eingeladen, die Werke des Nachlasses im Andenken an die Künstlerin zu übernehmen. Leo E. Hollinger erstellt 2008/2009 dokumentarische CD.
Werke der Künstlerin mit Standortnamen:
AARAU Aargauer Kunsthaus. BASEL-STADT Kunstmuseum, Sammlung Kunstkredit. BASELLAND Sammlung Kunstkredit. BERN Sammlung Schweizerische Eidgenossenschaft. RHEINFELDEN Aarg. Kantonalbank. RIEHEN Gemeinde.
Ausstellungen
E: 1950 Grenchen Gal. Toni Brechbühl. 1960 Basel Gal. Moderne, Susanne Feigel; 1975 Ausstellungsraum Basler Künstler (Kaserne); 1981/85 Gal. zem Specht (Carzaniga+Ueker); 1995 Gal. Margrit Gass. 1984 Riehen Berowergut (mit M.Flury/L.Tosin). 1987 Laufenburg Wendezeit, Gerichtsgebäude. 1990 Zürich Gal. am Rindermarkt. 1991 FrauenfeldHindurchgehen, Shed im Eisenwerk (Kat.); LenzburgAbgebunden, Museum Aargau Schloss Lenzburg. 1992 Aarau Uniform/Gleichgeschaltet, Rathaus. G: Ab 1945 BaselWeihnachtsausstellungen, Kunsthalle; 1987 Basler Bildhauerinnen, Ausstellungsraum Kaserne. 1951 BernNationale; Luzern Kunstmuseum 11 Basler Malerinnen und Bildhauerinnen. 1952 Luzern Kunstmuseum 8 Basler Maler. 1954 Chur Kunstmuseum Junge Basler Maler. 1961 Thun Der Surrealismus (K). 1970/75 Binningen Kunstverein. 1974 Aarau Kunsthaus Aargauer Bildhauerinnen und Textilkünstlerinnen. 1975 Baden Gal. im Trudelhaus Kleinplastiken. 1977 SissachKunstverein Schloss Ebenrain 1979 Freiburg i.Br. Städtische Galerie. 1982 GambarognoNationale Plastikausstellung. 1989 BonnFrauenmuseum Art beyond barriers. 1993 MuttenzArs Mittenza.
Bibliographie:
1981 und ff. Lexikon der zeitgenössischen Schweizer Künstler, Verlag Huber, Frauenfeld
1958: Ringiers Blatt für Alle, 15.2. 1969 Peter Tschokke (Hrsg.), 50 Jahre Kunstkredit, Verlag Schwabe & Co., S. 159/198. 1971 Feuilleton National-Zeitung, 14.9. 1974 Elsbeth Thommen in National-Zeitung Basel, 1.8. 1974 Annelise Zwez in Aargauer Kurier, 31.10.; Hedi Wyss in Badener Tagblatt, 6.11. 1975 Lys Widmer-Zingg in Meyers Modeblatt, 29.3. 1981 Aurel Schmidt in Basler Magazin, 8.8. 1982 Schweiz. Frauenblatt Nr. 2, Feb.; Monika Barino in Poesie, Zeitschrift für Literatur, Heft 3. 1985 Siegmar Gassert in Feuilleton Basler Zeitung, 12.12. 1987 Robert Schiess in Basler Magazin Nr.35, 29. 8. 1990 Annelise Zwez in Aargauer Tagblatt, 29.11., 4.3.1992., 2009 www.annelisezwez.ch 1992 Sabine Altorfer in Badener Tagblatt, 18.3.; Anne Kunz in Brigitte, Juni. 1995 Lutz Windhöfel in Kat. Gal. M. Gass, Basel; Feuilleton Basler Zeitung, 24.10. 2000 Dominik Heitz in Basler Zeitung, 26.7. 2007 Leo E. Hollinger in Aargauer Zeitung 1.3., Basler Zeitung 8.3., Katharina Blansjaar in NZZ am Sonntag, 18.3.. 2008/09 Dokumentar-CD (Leo E. Hollinger).
Annelise Zwez