Venedig: die 50. Biennale. 2003

Träume und Konflikte oder die Diktatur des Betrachters

www.annelisezwez.ch     Annelise Zwez in Mittelland-Zeitung 14.6.2003

Im 21. Jahrhundert müsse eine Ausstellung im Stil der Biennale Venedig viele Sprachen sprechen, sagt deren Direktor Francesco Bonami. Und lud acht weitere Kuratoren ein. Heute ist Eröffnung.

«Träume und Konflikte: Die Diktatur des Betrachters» ist die 50. Biennale von Venedig überschrieben. So wenig es die Gegenwart erlaube eine «Weltausstellung» der Kunst als rein ästhetischen Traum zu realisieren, schreibt der in Chicago lebende Florentiner Francesco Bonami (48), so undenkbar sei es auch, sie auf die blosse Dokumentation der Weltkonflikte zu verpflichten. Die beiden Aspekte müssten aufeinanderprallen; in den Werken und in der Biennale als Ganzes.

Dieser Spagat ist Bonami in der internationalen Ausstellung, welche die traditionellen Ländervertretungen weiter an die Ränder spielt, eindrücklich gelungen. In einem erstmals wieder ausgeglichenen Mix aller Medien treffen sinnenhafte, romantische und radikale politische Arbeiten aufeinander. Wobei Bonami selbst primär den Part des Ästheten spielt und die Knochenarbeit der Denk-Laboratorien den Ko-Kuratoren überlässt. Anders als an der Dokumenta sind diese in Venedig autonom verantwortlich für ihre Zonen, die sie «Bruchstellen», «Haltestelle Utopie», «Zone der Dringlichkeit» (Urgency), «Strukturen des Überlebens» usw. nennen. Diese Kuratoren spiegeln aber trotz internationaler Ausrichtung deutlich verschiedene Blickwinkel. Hou Hanru einen asiatischen, Jgor Zabel einen osteuropäischen, Gilane Tawadros einen afrikanischen.

Mit dieser Vielsprachigkeit, so Bonami, sei die «Diktatur des Betrachters» wieder hergestellt. Allzu lange sei dieser in One-man-shows wie «Plateau der Menschheit» von Harald Szeemann (Biennale Venedig 2001) als Publikumsmasse degradiert gewesen. Etwas grosse Worte, umsomehr als Bonami die drei Herzstücke der Biennale selbst bespielt und es keinem Ko-Kurator wirklich gelingt, ihm die Show zu stehlen. Obwohl die «Haltestelle Utopie» des Schweizers Hans Ulrich Obrist in Zusammenarbeit mit Rirkrit Tiravanja und Molly Nesbit bereits an den Preview-Tagen von Donnerstag und Freitag Kult-Status erlangte. Weniger der Werke als vielmehr der fluxusartigen Denk-Atmosphäre wegen, in welcher Utopien neu gedacht, ersehnt und auch gleich wieder geshreddert werden.

Obrist, der bereits als Szeemann-Nachfolger gehandelt wird, ist einer der wenigen Lichtblicke aus Schweizer Sicht, sind doch CH-Künstler in den internationalen Ausstellungen kaum vertreten. Das grosse Lot der Künstlerschaft ist unter 40 Jahre alt und kommt – wohl erstmals so ausgeprägt – aus aller Welt, mit erstaunlichen Gewichtungen bei Israel, Portugal und Osteuropa.

Die überzeugendste aller Teil-Ausstellungen ist nicht primär die das Thema «Träume und Konflikte» unter dem Titel «Verzögerungen und Revolutionen» fokussierende im Hauptpavillon in den Giardini. Obwohl es auch da einige ganz besondere Arbeiten gibt, von Andy Warhols «Inner and outer space» (1966) bis zur Sicherheitsnadel an einem dünnen Faden zwischen zwei Buddha-Statuen von David Hammons und einer rot gespritzten, geometrischen Stangenkonstruktion, die sich bei näherem Hinsehen als Gerüst eines ausgebrannnten Bus entpuppt (Carmit Gil, 27, Tel Aviv). Am stärksten unter die Haut gehen Bonamis «Blinde Passagiere» im Arsenale. Künstler, so der Kurator, die unbeirrt ihren Weg gehen und aus der Kraft des Persönlichen schöpfen. Etwa Doron Solomons im Video «Father», das Politisches und Persönliches, Träume und Konflikte im heutigen Israel so bündelt, dass einem sogar bei 35 Grad schaudert. Oder – ganz einfach rührend – das 3-fach-Videoporträt dreier älterer Pianistinnen, die je denselben Chopin-Walzer spielen (Shiyuka Zokomiyo, 37, London).

Unentwegt, nicht nur in der kunsthistorischen Ausstellung «Painting» (1964-2003) im Museo Correr, ist Bonami auf der Suche nach Malerei heute; nicht medienspezifisch, sondern darstellerisch. Gefunden hat er sie zum Beispiel bei Paulina Olowska (27, Warschau/ Amsterdam), die ihr Sein in der Zeit still, poetisch, grosszügig umsetzt. Oder bei Jorge Queiroz (36, Porto), der Zeichnung und Malerei betörend locker und subtil erzählerisch ineinanderfliessen lässt. «Malerei» ist für Bonami indes auch Dryen Goodwins (32) Video, das Gemaltes mit den Mitteln des PC explodieren lässt.

«Venedig» ist gigantisch, heiss, eine Mammutschau, ein Overkill, aber spannend und befruchtend.

Die Schweizer Beiträge an der Biennale Venedig
Im Schweizer Pavillon in Venedig zeigt Emmanuelle Antille (30) ihr erstes filmisches Opus magnum „Angels Camp“. In der Kirche San Stae „fällt“ der Garten von Gerda Steiner und Jörg Lenzlinger. Qualitativ bedeutsame Beiträge, doch nur einer ist biennaletauglich. 

Im 800-seitigen Katalog zur Biennale Venedig werden den Länder-Vertretungen gerade noch 100 Seiten zugestanden: eine Doppelseite pro Pavillon, gleich viel wie jeder Galerie im Messe-Katalog der Art Basel. Offensichtlich findet da ein Machtkampf statt. Man begreift ihn angesichts zahlreicher politisch gesteuerter, für eine Weltausstellung minderwertiger Repräsentationen. Die Abwertung trifft aber auch jene Länder, die traditionell hervorragende Beiträge erarbeiten. Zu ihnen gehört ohne Zweifel die Schweiz.

Einen wahren Ansturm, insbesondere der Filmmedien erlebten während der Preview-Days Gerda Steiner und Jörg Lenzlinger (das Künstlerpaar, das an der expo.02 die „Heimat“ vielfarbig ausblumen liess). Ihr aus einem filigranen, feinfarbigen Blumen-, Blätter- und Knospen-Regen geschaffener „Fallender Garten“ in der barocken Kirche San Staë ist die poetischste, visuell berührendste Arbeit der diesjährigen Biennale. Keine Kamerafrau, die so etwas auslassen will und keine Installation somit, die international so oft als Bild für die Biennale stehen wird. Obwohl kein Hinweis im offiziellen Führer benennt, wie man San Staë findet.

Darf Kunst so schön sein, stellt man sich bang die Frage. Und indem man fragt prallen „Träume und Konflikte“, das Generalthema der Biennale, bereits aufeinander. Das intuitiv richtige Mass zwischen Objekten und Umraum löst selbst die Bilder aus ihren Nischen. Bundespräsident Pascal Couchepin liess es sich an der offiziellen Eröffnung am Samstagvormittag nicht nehmen, rücklings auf das runde Bett in der Mitte (auch da lässt die expo.02 grüssen) zu liegen und in die Atmosphäre einzutauchen; „grandiose“ sein Kommentar.

Der Garten ist nicht ohne Bodenkontakt. In zwei weich geformten Nischen verbinden sich Himmel und Erde, blumen Steiner/Lenzlingers Markenzeichen – die farbigen Harnsäurekristalle – pinkfarbig aus. Zu viel des Guten? Erstaunlicherweise nein, da das Moment des Traums, des „Wunders“ immer gewahrt bleibt und im kleinen ovalen Loch im weissen Bodenflies im Zentrum, das einen zum Kirchenbau gehörenden, steinernen Totenkopf zeigt, das Moment des Vergänglichen nicht vergessen lässt.

Der „Fallende Garten“ stiehlt dem Schweizer Hauptbeitrag, der mehrteiligen Film-Installation „Angels Camp“ von Emmanuelle Antille etwas die Schau. Die Insider, die sich in den Tagen vor der Publikumseröffnung tausendfach die Hand reichen, waren sich alle einig; es ist ein opus magnum einer jungen Schweizer Künstlerin mit viel Zukunftspotential. Doch es hat Bruchstellen und es ist nicht biennalekompatibel. „Angels Camp“ ist ein in zweijähriger Arbeit entstandener, 80 Minuten dauernder vierteiliger Film, der archetypische Aspekte emotionaler Befindlichkeit über Einblicke in verschiedene Lebensmuster einzeln einfängt und im letzten Teil zusammenführt. Es sind Themen wie Kindheit und Erwachsenenwelt, Sexualität, Spiritualität und Abenteuerlust, die sich bündeln. Die Kameraführung respektive die Bildqualität und die alllzeit präsente, spannungsgeladene Gleichzeitigkeit von Romantik und Aggression, von lieben und töten, sind die Stärken des Films, das Zerdehnen und die zuweilen in Banalität kippende mystische Aufladung die Schwächen. Mit der Ausgliederung des letzten Teils, des „Camps“, in eine Installation mit vier parallelen Projektionen gelingt Antille die Ausfächerung in den Raum. Doch die Komplexität des deutlich von den Träumen und Konflikten junger Frauen und Männer geprägten Werkes wird nur begreifbar in der Totalen, möglicherweise sogar nur mit Hilfe des Regie-Konzeptes. Und all das erfüllt mit einer Zeitforderung von mindestens 90 Minuten wohl niemand an einer Monsterschau wie der Biennale mit mehr als 300 Kunstschaffenden. Und das schmerzt angesichts der gesamthaft doch begeisternden Qualität der Arbeit der in Lausanne lebenden Künstlerin.

Die Länder-Pavillons und der US-Schachzug
Mit der Einladung von Fred Wilson in den US-Pavillon gelang es Kuratorin Kathleen Goncharov den latenten Antiamerikanismus geschickt zu parieren.

Der in Europa weitgehend unbekannte, 1954 in den New Yorker Bronx geborene Konzeptkünstler Fred Wilson (49) zeigt mit Raffinesse wo und wie Schwarze über das Transportmittel von Kunst und Gestaltung diskriminiert wurden und werden. Damit antworten die Kuratorin des US-Pavillons geschickt auf den latenten Antiamerikanismus in Europa; denn wer könnte da Kritik üben. Wilson arbeitet mit Objekten und Bildern, vielfach aus älterer Zeit, die Schwarze in typischen Situationen zeigen (als Kerzenträger, als Ruderer, als Boten, Bettler, Diener usw.) Indem er sie museal in Szene setzt, dreht er ihren Wert um. Ein kluger Schachzug, stilvoll inszeniert und Venedig angepasst durch den Einbezug von Beispielen aus den Depots venezianischer Museen.

Zu den nachhaltig wirkenden Pavillons gehört auch der niederländische, kuratiert von Rein Wolfs (ex Migros Museum Zürich). Den Michael Jackson-Song „We are the World“ aufgreifend, zeigen holländische Künstler/-innen mit verschiedenen Kulturhintergründen unerschrockene, mutige Lebensentwürfe (u.a. Amorales, Lieshout und Meschac Gaba). Der radikalste Pavillon ist heuer der belgische, den der in Mexiko lebende Santiago Sierra gleich hinter dem Zugang zugemauert und das spanischen Emblem zerstört hat; eine (zu) späte Reaktion auf die offizielle Haltung Spaniens im Irak-Konflikt.

Ausserordentlich in ganz anderem Sinn ist der dänische Pavillon. Olafur Eliasson hat das Thema des Aufbrechens von Räumen durch Raumauskleidungen, „kubistische“ Raumkörper und periskopartig innen und aussen vertauschende Installationen in ein faszinierendes Alloverobjekt verwandelt. Der deutsche Pavillon, der letztes Jahr als schönster ausgezeichnet wurde, präsentiert sich heuer sehr museal; mit präzise ausgeleuchteten, sich selbst porträtierenden Fotografien von Museums-, Bibliotheks- und anderen Kulturräumen durch Candida Höfer. Die Werke des verstorbenen Martin Kippenberger sind eher Hommage als Diskussionsbeitrag. Heiss diskutiert wird der australische Pavillon, wo Patricia Piccinini „we are family“ zeigt ein filmisches und skulpturales Environment aus Stammzellen-Produktion, „gesunde“ Kindern und misslungenen Kreationen. Leider sind jedoch der inhaltliche und der künstlerische Ansatz nicht auf derselben Qualitätsstufe.

Irritation löst der stets mit Spannung erwartete kanadische Pavillon aus. Jana Sterbaks mehrteilige Videoprojektion einer Schiffsreise ist trotz verführerischer Musik unspektakulär und „verwackelt“. Des Rätsels Lösung: „Kameramann“ war ein Hund, die Optik jene aus 30 Zentimeter über Boden.

Die Standorte in der Stadt (mehr als 20 an der Zahl) sind sehr schwierig zu finden. Und doch gibt es da Überraschungen. Zum Beispiel die vier von indonesischen Künstler/-innen bespielten Räume mit unerschrocken und zum Teil aggressiv formulierten politischen Inhalten; vielleicht nicht ganz europatauglich, aber in jedem Fall mutig. Oder der „kalte“ mazedonische Beitrag von Zaneta Vangeli, die „Krieg“ mit Präzision auf Design reduziert und so die Realität der Realität als absurd entlarvt.

Neben Perlen in den Giardini und in der Stadt gibt es viele Pavillons, die einer Ausstellung von der Bedeutung der Biennale in keiner Weise gerecht werden. Wo politische Gremien wählen, ist der Bezug zur zeitgenössischen Kunst zu oft unbedarft.

Ehre für Fischli/Weiss
Die Jury der Biennale hat dem Schweizer Künstlerpaar Peter Fischli/David Weiss am Samstag den Goldenen Löwen für das beste ausgestellte Werk in der internationalen Ausstellung (vgl. MZ vom 14.6.) zugesprochen. In Anerkennung ihres Gesamtwerkes und weil die in Schleifen tanzenden, vielsprachigen Schriftprojektionen – Teil von Francesco Bonamis „Delays and Revolutions“ im Hauptpavillon – Fragen aufwerfen, „die wir uns alle stellen“ und damit die „wahre Natur“ von „Träumen und Konflikten“ ins Herz treffen. Gut gibt es dazwischen noch die Ironie, denn die „grossen und kleinen Fragen“ heissen zum Beispiel „Ist mein Körper eine Fabrik?“ „Sind Menschen Blumen?“, „Bellt der Hund die ganze Nacht?“ Die über Jahre entwickelte Arbeit war zuletzt 2000 im Museum für Gegenwartskunst in Basel zu sehen.

Der Goldene Löwe für den besten Künstler unter 35 ging an das englische Duo Oliver Payne und Nick Relph (26/24), die, wohl von einem Grossteil des Presse unbemerkt, in der Fülle von Hans Ulrich Obrists „Haltestelle Utopie“ die „Einsamkeit und dem Mut“ der jungen Generation aufzeigen. Ebenso überraschend ist die Auszeichnung der im Iran geborenen Avish Kheberhzadeh (34) als beste italienische Künstlerin, wirkt die Projektion der animierten Zeichnung zweier die Köpfe aneinander reibender Pferde in Gelbtönen doch reichlich banal. Nur als besänftigendes Korrektiv zwischen den Ländervertretungen in den Giardini und in der Stadt kann der goldene Löwe für den luxemburgischen „Pavillon“ in der Villa Malipieri in der Nähe des Campo San Stefano verstanden werden. Su-Mei Tse (30) zeigt verschiedene Raumdimensionen – als schalldämpfende Schaumstoffinstallation, als Video-Montage von Staub wischenden Arbeitern in der Wüste („Balayer le désert“) respektive einer Geigenspielerin in den Schweizer Alpen („Echo“). Weder Präsentation noch Qualität hängen durch, ragen aber auch nicht heraus.

Bereits vor einiger Zeit wurde bekannt, dass die beiden Goldenen Löwen für geschaffene Lebenswerke der Italienerin Carol Rame (85) respektive dem Italiener Michelangelo Pistoletto (70) zuerkannt wurden. Rame ist in der Themenausstellung mit einigen für ihre Zeit mutigen Aquarellen und Assemblagen aus den 40er und 60er-Jahren vertreten. Pistoletto wurde von Obrist im Rahmen der vielverzweigten „Haltestelle Utopie“ zu einer politisch motivierten Plakataktion eingeladen, die er mit „Love the difference“ beantwortete. Dass die beiden nicht markanter vertreten sind, analog vor zwei Jahren Richard Serra und Ilya Kabakov, stellt offene Fragen an das nicht nur hier reichlich diffus wirkende Management unter der Direktion von Franco Bernabé.

Sehen und gesehen werden – Randnotiz aus Bieler Sicht
Es ist kaum zu glauben wer in den Preview-Tagen der Biennale alles nach Venedig reist. Ursprünglich der Presse vorbehalten, ist die mehrtägige Vorvernissage mittlerweile primär Zeit des Gesehen-werdens. Kein Notbett in keinem Hotel in Venedig ist frei in diesen Tagen. Wer in der Kunstszene etwas auf sich hält, ist alle zwei Jahre im Juni am Lido. Ob Künstler/-in, ob Museumsdirektor (mit und ohne Job), ob Kunstkritikerin oder Kurator – „hallo, ach Du bist auch da, heiss heute nicht wahr“. Und wo man sich trifft? Im Schweizer Pavillon selbstverständlich! Man will ja sehen, wie man sich zeigt im Weltkunst-Kontext.

Für die wenigen, die wirklich zum Arbeiten da sind, unter dem Aktualitätsdruck der Medien schon wenige Stunden nach dem die Veranstalter endlich die Tore öffnen, ihre ersten Kommentare und Eindrücke an die Redaktionen absenden müssen, ist das ziemlich stressig. Denn Tausende und Abertausende wälzen sich durch die solchem Ansturm nicht gewachsenen Räume und vor den wichtigen Pavillons bilden sich lange Schlangen. (Von den zwei Toiletten auf 1000 Besucher gar nicht zu reden.)

Da Venedig von Zürich, Bern und Basel aus in rund sieben Zugstunden (oder mit dem Nachtzug) gut erreichbar ist, gilt das Stelldichein in den Giardini für die Schweizer Kunstszene ganz besonders. Dies auch weil die offizielle Schweiz die Präsenz in Venedig als wichtig erachtet und den Auftritt stets mit viel Sorgfalt vorbereitet und hervorragend dokumentiert. In homöopathischen Dosen traf man sogar Bieler/-innen; die Direktorin des Centre PasquArt, versteht sich, aber auch Rudolf Steiner und Barbara Meyer Cesta – sie allerdings in Funktion; die beiden fotografierten im Auftrag des Bundesamtes für Kultur den Aufbau der Installationen, die Festivitäten und Eröffnungen. Ach, und da war auch der berühmte Herr aus „Moringen“ (so der Katalog, bei uns ist das „Mörigen“), der längst nach Rüeschegg ausgewandert ist und in Burgdorf sein „Gertsch“-Museum hat. Im Museum Correr am Markusplatz hängt in der pointiert aber ausstellungsmässig völlig missraten zeigenden „Malerei“-Ausstellung von Biennale-Direktor Franceso Bonami die grossformatige „Patti Smith IV“ aus der hyperrealistischen Zeit. Unmittelbar neben einer Arbeit von Maria Lassnig. Was die sich wohl erzählen?

Und andere Bielbezüge? Bescheiden, doch das Wiedersehen mit Surasi Kusolwong, der 2000 im Rahmen von „Transfert“ die Geländer der Schüss mit Tausenden von farbigen Plastikutensilien bestückte (die sogleich geklaut wurden) machte Spass. Umso mehr als der Thailänder zumindest für die unerträglich heissen Preview-Tage den Nagel auf den Kopf traf: Er betreibt in der „Zone der Dringlichkeit“ im Arsenale einen Sauerstoff-Auftank-Raum. Und wer tankte da gerade als das BT vorbeischaute: Alt-Transfert-Direktor Marc Olivier Wahler, seit 2001 Leiter des Swiss Institutes in New York. Er präsentierte in Venedig die im Rahmen von „Swisspeaks NY“ erschienene Publikation „Extra“ (Um wie viele Extra-Schichten können wir die Realität erweitern bevor sie zusammenbricht?). Last but not least ist zu erwähnen, dass das gefeierte Duo Lenzlinger/Steiner vor kaum drei Monaten zusammen mit Lutz/Guggisberg (auch gesehen am Lido) im CentrePasquArt eine Installation für die Ausstellung „In diesen Zeiten“ realisierte. Fazit: Man wird in zwei Jahren wohl wieder hinreisen, obwohl es so viel entspannender wäre im August oder September!

Der Katalog ist ein (schweres!) Bilderbuch mit zu wenig Erläuterungen zu den einzelnen Kunstwerken und -schaffenden.