Leider ist der Artikel zur Ausstellung der Bildhauerin Marianne Flück-Derendinger und Roland Flück im „Amtshimmel“ in Baden, der im Januar 1994 in der Solothurner Zeitung erschien, in der Print-Form verloren gegangen. Daher im Folgenden das Manuskript.

Solothurner Kunst im „Amtshimmel“ in Baden   Januar 1994 – Kuratorin Maria Hubertus

Positionen in blau,gelb und rot

a.z. Die Bildhauerin Marianne Flück-Derendinger und der Maler Roland Flück haben in Baden, in der Städtischen Galerie im „Amtshimmel“ ( sie befindet sich im obersten Stock des Amthauses) eine gemeinsame Ausstellung eingerichtet. Obwohl privat ein Ehepaar sind die künstlerischen Positionen der beiden Kunstschaffenden sehr verschieden. Sie finden sich zwar im Farbklang von blau,rot,gelb und grün, doch ansonsten dominiert Differenz.

Roland Flück malt gegenständliche Motive und abstrakte Kompositionen zugleich. Die abbildgetreuen Formen und die fleckenhaft gesetzten Farben durchwirken sich, bilden aber gleichzeitig zwei überblendete Schichten. Orientierte sich der Künstler früher stark an visuellen Kontrasten zwischen Licht und Schatten, so spielt er heute in den besten Bildern (fast) frei mit Erscheinungsbild und tachistischer Auflösung. Sowohl der Aspekt der Motive aus dem Bereich Landschaft, Natur, Familie wie auch der Aspekt der freien Chromatik gründen in der Kunstgeschichte, verbinden, malerisch gekonnt, zwei ansonsten meist getrennte Stilrichtungen. Sie knüpfen an den akademischen Begriff des „Erhabenen“ an, der die Kunst als etwas von der Zeit- und Individualgeschichte Losgelöstes betrachtet. So sind die Bilder Flücks sind – einem guten Mahl gleich –  farbklingende Feste für die Sinne, vermögen indes keinen existentiellen Dialog mit der Gegenwart einzugehen.

Ganz im Gegensatz dazu steht die fühlbare Verbundenheit von Marianne Flück-Derendinger mit den von ihr geschaffenen figürlichen Holz-Skulpturen. Auch sie tragen Bezüge zur Kunstgeschichte in sich. In der Bearbeitung des Holzes, der ausdrucksbetonten Körperhaltungen und der kräftigen Bemalung spiegelt sich der Expressionismus der 20er Jahre ( Kirchner, Schärer, Müller). Doch indem hier eine Frau aus ihrem eigenen Körperbewusstsein heraus Figuren ihres eigenen Geschlechts Gestalt gibt, fügt Marianne Flück der expressionistischen Tradition einen bisher unbekannten Aspekt hinzu. Das in diesem Zusammenhang wohl wichtigste Werk der Ausstellung ist die Skulptur einer monochrom blauen, lebensgrossen, hochschwangeren Frau. Die Art und Weise wie die Künstlerin dem Hineinhorchen in den Körper Gestalt zu geben vermag, ist nur aus eigenem Erleben heraus möglich. Die Unmittelbarkeit des Ausdrucks erreicht die Künstlerin durch das „Gespräch“ mit dem Material, das heisst, die Gestalt formt sich in der zu ständigem Austausch bereiten Auseinandersetzung mit dem Holz. Da wird nicht ein fertiges „Bild“ aus dem Stamm herausgehauen, sondern zwei Eigenheiten – die des Materials und die der künstlerischen Zielsetzung – ineinander verschmolzen. Der Begriff des „Gebärens“ drängt sich in doppelter Bedeutungsebene auf und verweist darin auf die weibliche Struktur einer solchen Arbeitsweise. Aehnliches gilt auch für die kleineren Holzskulpturen in der Ausstellung – mit Ausnahme eines gelb-blau-roten Reliefs, das seltsam äusserlich bleibt.

Eine Sonderstellung nimmt ein kleines Kabinett mit zwei plastischen Arbeiten und einer Leinwandmalerei ein. Marianne Flück-Derendinger hat im letzten Jahr zwei Plastiken zum Thema Tod geschaffen, die an mittelalterliche Totentänze erinnern. Auch Roland Flück malte in dieser Zeit eine Landschaft, die Apokalyptisches in sich trägt. Doch während sich die Bildhauerin direkt mit dem Gerippe des (traditionell männlichen) Todes auseiandersetzt, wählt der Maler die Symbolebene indem er eine Distel, die Pflanze, mit der Gott die aus dem Paradies Vertriebenen bestraft hat, in den Vordergrund stellt. „Doch hier wie dort“, so Peter Killer in seiner Einführung, „überwindet das Vitale das Morbide. Bei Marianne Flück-Derendinger kann der Tod die Frau nicht packen, er ist ein kümmerliches Gerippe und sie – erfüllt von üppiger Energie – entflieht ihm in die Lüfte… Bei Roland Flück ist es das Licht.., das das Düstere besiegt.“

Die Ausstellung des Künstlerpaars im „Amtshimmel“ in Baden dauert bis zum 27. Februar. Die Galerie ist Mi 15 – 21, Do,Fr 15 – 18.30, Sa/So 11 – 16 Uhr geöffnet.