Vernissagerede anlässlich von „Kunst am Wasserschloss“ in Hallwyl

  1. Juli 1996

mit: Henrik Frei, Gabi Fuhrimann, Nesa Gschwend, Ernst Häusermann, Ivo Hug, Thomas Oehler, Beatrix Sitter-Liver und Rosmarie Vogt-Rippmann (Flurina Krüsi und Barbara Duttli)

Von Annelise Zwez

Sehr geehrti Dame und Herre, liebe Künschtlerinne und Künstler

eigentlich cha min Computer nume Hochdütsch. Meischtens, wenn i so wi hüt vor emene Publikum stande und probiere, öppis übers Wäse vonere Usstellig z’formuliere, so passi i mi i de Vorbereitige em Computer a. Wel mer d’Dischtanz, wo d’Schriftsproch schafft, lieb isch. Woni i a d’Red vo hüt am abe ha afa nochedänke, hani sofort gschpürt, dass das do nid geit, das es wie frömd würd töne. Wil d’Wärch vo de acht Künschtlerinne und Künschtler so diräkt mit em Ort und all däm, wo de Ort, vor allem vom Naturaspäkt här usmacht, vernetzt si. Wel’s die Dischtanz, wo d’Schriftsprach schafft gar nid git. Em Thomas Oehler sis „Aquarium“ grad lings vo dr erschte Zugbrügg seit is zwar, dass di abschtrakti (di dischtanzierti) Form vo siner Arbet es Spiegelbild sig vo dr Natur. Aber wel sini Arbet üs vo Anfang a – vilicht isch es e chli höch griffe, aber i dänk, es isch scho drin – wel am Thomas Oehler sini „Vitrine“ dr Unterschid zwüschem Mönsch sim Gschtalte und dr Erschinigsstruktur vo dr Natur i gwüssem Sinn ufhebt, als zwöi Site vom Gliche zeigt indäm si mit em Liecht und üsere Bewegig „Wasser“ erzügt, wi ne Gump id Usstellig, wi ne Aschtoss für d’Usenandersetzig mit de andere Arbete, wo iri Usstrahlig us dr unmittelbare Vernetzig vo dr Kunscht und em Ort zum Würke bringe.

 

S’Wasser isch vilicht s’schillernschte vo de vier Element – Aerde, Füür, Wasser, Luft – wo’s Läbe i sinere ganze Komplexität umschriebe. De reale Gegäbeheite schtö immer bildlechi gegenüber. Bim C.G. Jung und i dr Astrologie bezeichnet s’Wasser s’Gfüelsmässige, das, wo me nid so liecht cha griffe, wo eigeni Wäge got und mer i üsere Kultur z’weni i üses Läbe und üses Dänke integriere. I finde’s schön, dass die Vernissage grad hüt isch, am 9. Juli, so zmitts im Wasserzeiche vom Kräbs stattfindet, do also grad no einisch e Vernetzig zeigt. Wenn me  i dr Umwälterziehig hüt merkt, dass nid dr Drohfinger s’Engagement für d’Natur erzügt, sondern d’Beziehig, d’Liebi zur Natur ihri Koschtbarkeit gschpüre lot, so chunnt au do s’Wasser i dem dopplete Sinn zum Trage.

Es isch bim Gang dur d’Usstellig nid immer eifach zwüschemene idyllische Blick ufs Thema Wasser und enere Hommage oder gar enere Beschwörig vom Element zu unterscheide. Denn das, wo mir a Befindlichkeit, a Gedankewälte mit is trage, chunnt is jo au entgege im Ustusch mit der Umwält. Im Lauf vo de letschte Johrhunderte het’s sech dr Mönsch me und me über d’Natur gschtellt, zum Bispiel  d’Freud, wo si vermittlet, usschliesslich als Wohltat für dr Mönsch interpretiert. Me gseht das i de Bilder, wo d’Gabi Fuhrima als Vorlag für ihri Wasser-Bild-Tische gno het, sehr idrücklech. Em Caravaggio sin „Narziss“ benutzt s’Wasser, um sech sälber gschpieglet z’gseh. Es isch en andere Spiegel als dä bim Thomas Oehler, well dr Künschtler um 1600 am Afang vo der Ablösig sowohl vo dr Natur als au – kompläx vernetzt mitenand – vo der kirchliche Dogmatik als Machtstrukture gschtande isch. Während dr Künschtler hüt mit em Wüsse vo dr Ufklärig s’Umkehrte sucht, nämlich a neue Nöchi zur Natur. Es sehr es deftigs Bild zum Thema „Wasser“ het d’Gabi Fuhrima im Arnold Böcklin sinere „Meeresstimm“ gefunde. Er setzt s’Meer inere romantische Vision glich mit em Wibliche als em Prinzip vo de dunkle Mächt vo dr fleischliche Luscht; Wasser als Untüfi, Wasser als Ort vo der Unergündlichkeit, Wasser als Ort vo Tod und Läbe. Obwohl zitlich nid wit weg vom Böcklin wise d‘ Bilder vom Manet, vom Seurat, vom Rousseau uf es nöis 19.Jahrhundert, wo d’Natur als Idylle und s’Thema vo der Schiffahrt, vo de Badende als Form für Natur als Quelle für mönschlichs Wohlbefinde entdeckt. Und all die Bilder stellt d’Gabi Fuhrimann jetzt als Tisch-Bilder real is Wasser. S’Thema und sine Bilder begegne sech. Mr gschpüre d’Vielfalt, gseh üs sälber drin und froge is glichzitig – möge si’s ächt ushalte bis im Oktober oder chunt en Sturm und treit sini eigete Bilder furt?  Vilicht löst si’s Wasser au uf. Nid nume Bild und Bild sind mitenande konfrontiert,  auch Natur und Natur. E glungeni Arbet, wo au i dr lange Tradition vo de Freilichtusstellige ihres Gwicht bhaltet.

Grad wo geschter vorere Wuche s’erschtmol nach Hallwyl cho bi, hani d’Rosmarie Vogt atroffe – scho fasch d’Doyenne vo dr installative Schwizer Kunscht im Freie; sie isch scho 1978  in Zug bi dr allererschte Ausstellig im Sinn vo dr hütige, do in Hallwyl, drbigsi und sither bi unzählige, bi dr „Natur und Kunst“ in Lenzburg, „Kunst im  Fluss“ in Windisch, in Genf und andere Orte meh. Ich ha Rosmarie frogt: „Säg emol, intressiert Dich di Art vo Usstellig hüt eigentlich no?“ „Jo uf all Fäll“ – spontaner hät d’Antwort nid chöne usfalle. Und woni denn de Rolf Winnewisser mit de Bildtisch von dr Gabi Fuhrima ha gseh umwate, und de Ernst Hüserma als Flösser, do isch mir bewusst worde, dass es für di Kunstschaffende bi dene Usstellige nid nume um d’Wärch sälber got, sondern auch um di handfeschti Herusforderig vo dem andere Ort, um d’Gränze zwüsche dr Kunscht und dr Natur und das isch e Schpannig, wo öppis vo dem enthaltet, wo au a dene Kurse die Woche do söll zum Trage cho: Nämlich s’unmittelbare Geschpüre vo dr Eigenart, dr Chraft, dr Unberechebarkeit vo dr Natur.

Also eigentlich genau das, wo mer nid hei, wemmer uf em Stuel am Tisch sitze, also dört, wo d’Nesa Geschwend mit ihrer wichtige, gsellschaftskritische Arbet asetzt. Sie lot der Fluss zwüsche Stuhl und Tisch lo fliesse. Und zwar ganz real – dr Stuel isch uf der einte Site vom Ufer, der Tisch uf dr andere. Und würd me versueche auf das Stuel-Gstell, wo jo i sinere Form immer üse Körper treit, z’sitze, so müesste mer is entwäder hebe wi veruckt oder is go lo und is Wasser trole. Dr Stuel, verkleidet mit emene kupferfarbige Metallgeflächt – wome i dr Industrie übrigens für Filter brucht wird –  neigt sich zum Wasser. Wette mr d’Gedanke drzu go ufschribe am Tisch, müesste mer zersch durs Wasser wate, dr weichi Bode a de Füess und s’fliessende Wasser a de Bei gschpüre. Woni min Täxt gschribe ha, het’s mer leid to, das i nid Schue abzoge, d’Hose ufekremplet und mi dr Erfahrig usgsetzt ha – s’isch grad so chalt gsi und mit blutte Füess ane Ort heretrampe, woni nid eso genau chan ischätze, do zögeri sowiso, doch grad do drmit si mer z’mittst i dr Thematik vo dr Arbet vo dr Nesa Gschwend. Vielech irritiert se s’Material – weniger s’Gflächt als vielmeh dr Teer. Isch jetz das  – drastisch usdrückt – es Umwältgschmier, e Gedankegump zum Persische Golf oder zur Küschte vo England? Oder isch es dr Verwis uf dr Ursprung vom Erdöl, uf dr Naturprozess, wo tusige vo Johr brucht het und mir jetz i rasanter Gschwindigkeit zu üsem Nutze verbruche? I vermute, dass s’Potential, wo dr Teer als Erdölderivat, als Naturpotenz, i sech treit d‘ Motivation für dr künschtlerischi Isatz isch, e Kraft, wo mer – genauso wi s’Wasser –  nöcher sötte binis ha, wemmer uf em Stuhl am Tisch sitze und üsi Gedankeblitze lö lo umeschwirre.

Händ’si scho mol überleit, dass Gedankeblitze öppis mit Mugge z’tue hei?  Und mer, wemmer a Wasser dänke, blau-wisse Gedanke entwickle? Je nach meteorologische Druckverhältnis, i dem Fall do au no je nach Wasserstand, flüge d’Mugge höcher oder tiefer. Und mer gseh se nie einzeln, si sind niene und überall und wenn ä Schwalbe chiem und es paari würdi schnappe, mer würd’es chum merke. Si hei sicher scho lang gmerkt, dass i uf mim Gedankerundgang hinde um’s Schloss umgegange bi und öppe uf der Höchi vom Archivturm stoh blibe bi, um füre z’luege uf d’Arbet vom Ernscht Hüserma. Si isch für mi vo dört am schönschte, wel i si am wenigschte genau cha griffe – sind jetz die Impuls im Wasser, überem Wasser, überhaupt real? Weni drbi „dänke“ und „Mugge“ zämebringe, so het das  ä reale Hintergrund. I dr Ustellig „Schloss, Schlösser, Luftschlösser“, wo d’Galerie in Lenzburg 1985 rund um Schloss Lenzburg verastaltet het, het dr Ernscht Hüserma en änlechi Arbet zeigt, wo aber so gschtande isch, dass der Knick vo de Stäb grad über de Auge gsi isch und drmit uf d’Lebändigkeit vom dänke häregwise het. D’Wasserarbet nennt er „Muggeschwarm“ – s’gliche isch nid s’gliche, scho grad gar nid i dr Natur, do isch alles immer neu – s’Wasser fliesst, d’Energie fliesst und au üses Dänke müesse mer la zwirble. Tots Wasser wär au tots Dänke. I dem Moment, woni grad so chli still dört stande, ghöreni plötzlich Wassergrüsch – weni schare mit de Füess, si si scho wieder furt, i muess guet lose. Aber s’Wasser isch so still do hinde i dem Flussarm, wod Familie vo Hallwyl vor 800 Johr agleit het zum Schutz vom erschte Wohnturm. Dr Aabach cha’s nid si, woni ghöre. Es isch mer als chäm’s zu dr Tür use, wo früecher brucht worde isch, um Ware vom Schiff inne ufe z’ghä. Wenn d’Sunne id Bletter schint, bewegt sich di ganzi Muur, grad so wi bim Thomas Oehler sinere Arbet. Und es isch mer als ghörte d’Grüsch grad eso fiktiv drzu, au weni imene andere Chämmerli vom mim Hirni natürlich weiss, dass es sech drbi um d’Arbeit vom Musiker Ivo Hug handlet.

I bi nüm so sicher ob I real do bi, oder obi emänt mit em flügende Teppech cho bi, wo vor dr Ringmuur, öppe uf dr Höchi vom Gfängnisturm uf em Wasser lit – gäl und grünlech, so als hät er scho ä chli Schlamm agsetzt. Wenn’s chli windet chunnts Wasser unde ufe und Sunne spieglet sech drin – all’s isch do – d’Aerde, d’Luft, s`Füür und s’Wasser – isch’s ächt das, wo dr Idruck uslöst, s’luege wärdi i dem Fall nid im Hirni i Wahrnämig umgsetzt, sondern im Sunnegflächt? I ha gseit – en flügende Teppich, s’isch aber eigentlich eine fliessende Teppich – Rosmarie Vogt müesst ne nume losbinde, doch denn wär em Ikarus sin Wassertraum schon bald usträumt – s’Wehr wär im Wäg. Au s’Bild wo dr Narizss im Wasser gseht, isch en Illusion.

Und wi isch de das mit dem Meer im Bergfried? Isch das d’Erinnerig vom eim vo de Grafe vo Hallwyl, wo – woner us fremde Kriegsdienschte hei cho isch – vom Rusche vom Meer träumt het und de Traum de do glo het? Oder isch die Metaphere gar nid so sehr en Illusion? Beatrix Sitter – au si eini vo der erfahrenschte Schwizer Künstlerinnen, wenn’s um Installatione im Freie got –  het damals bi de „Luftschlösser“ „das Schloss des Unbehausten“ bout, d’Aerde ufgmacht und ihri Zeiche in Beziig zum Kosmos gsetzt. Im Sinn vonere Witerentwicklig vo de Möglechkeite, en Ort gschtalterisch bewusst z’mache, isch si jetz vom Bild, vo dr Skulptur wäg zumene ganz andere Medium, zum Ton, ohni drmit aber die bildendi Kunscht z’verlo. Das isch öppis relativ nöis, es het mit der mediale Oeffnig vo dr Kunscht hüt z’tue und es isch schön z’gseh, wie sich dr Musiker Ivo Hug und Malerin und Objektkünstlerin Beatrix Sitter in Zämenarbet mit emene Tontechniker begägne. Au das Zämeschaffe isch öppis, wo zur Kunscht hüt gehört, me chönnt’s bi fasch allne, wo do sind, einzeln benenne. Es geit mer aber um d’Begägnig. S’Wassergrüsch, wo dr Ivo Hug installiert het, isch, wi d’Musig meischtens, eifach do. Me cha es Bild sueche drzue, weme wot, me cha aber au nume d’Schwingig gschpüre. Bi dr Beatrix Sitter isch’s Moment vom Bild vil stercher usgschaffed. Mer ghöre’s tropfe, mer gehöre s’rünnele, mer gehöre’s rusche – mer sind im Schloss, z’mitts inere 800jährige Geschicht. Und so wie me durs Schloss geit, erfahre mer’s als Steigerig, immer stercher wird Kraft und Macht vom Wasser, au wemmers noni so vo nöch gehöre oder mängisch au eifach nid lose. S’Bild vom Traum vom Meer – s’isch scho do, aber d’Chersite au. Wasser het beides – s’Läbe und dr Tod.

I nime a dr Henrik Frei luegt jetz gschpannt zu mir füre und frogt sich (mit Rächt) wini ächt jetzt dr Rank findi, au no auf sini Arbet härezwise. Flügendi Teppich kenne ke Zit und ke Kausalität, drum blibeni ganz eifach im Schloss über Zit vo dr Usstellig us und gange de einisch im Winter zum Grab vom Franziska Romana – es sind jo grad 150 Johr her, dass sie gschtorbe isch – und entdecke drbi zwangsläufig s’Panoramabild vom Henrik Frei und stelle fescht, dass dr Moler üsserscht exakt gemolt het, au wenn dr Wasserstand damals chli nieriger gsi isch und es grad ke so fini Welle het wie damals, wo er do gemolet respektivi fotografiert het. Vo dr Efeu-Arbet vo dr Florina Krüsi und dr Barbara Duttli, wo sech vor 14 Tag uf Aregig vom Ernscht Hüserma über d’Muur abgseilet hei und em Efeu-Wildwuchs es mönschlechs Mass entgegegstellt und do drmit als Igriff bewusst markiert hei, vo dere Arbet gseh me de wahrschinlich scho nüt me – grad so wie si sech, fasch zuefällig, i die Usstellig igfüegt het. D’Natur wird ihri eigeti Präsenz bis im Winter wieder erobert ha. Jetz aber, i dr Summerzit, isch dr Gang zum Aussichtsort vom Henrik Frei en Gang in Winter. Zum analysiere und vergliche vo Baumstämme, vom eigene Blick und dem vom Moler  chunnt schnell s’überwältigende Gefühl vo dr unändliche Chraft vo der Natur drzue, sich jedes Johr so z’erneuere, so lang wenigschtens, wie mer das nid zerschtöre, denn leider hei mer mit üsere gwaltige Ueberpräsenz uf dem Planet d‘ Macht drzue.

I danke fürs zulose und wünsche e warme Obe.