Nach dem Erarbeiten eines ausführlichen Textes für die erweiterte Monographie von Emma Kunz (1998) habe ich die Notizen für die Führungen im Emma Kunz gleichsam für mich selbst erneuert. Sie sind aber auch in einem unabhängigen Kontext aufschlussreich – am besten man hat die Monographie neben sich, um die Bilder nachzuschlagen.
Allgemein:
„Den Schlüssel zu dieser neuartigen Zeichnungsmethode einmal bekanntgegeben, ermöglicht jedermann die Erstellung solcher Gebilde, vorausgesetzt, dass er mit der Zahl umzugehen weiss“.
„Gestaltung und Form als Mass, Rhythmus, Symbol und Wandlung von Zahl und Prinzip“.
Blavatsky, Swedenborg, Rosenkreuzer, Steiner
„Durch Röntgens Entdeckungen der nach ihm benannten Strahlen (1895), Hertz‘ Nachweis elektromagnetischer Wellen (1888) sowie die Erfindung einer praktikablen Telegrafie (1900), die sich dieser Wellen bediente, bekamen Laien eine neue Vorstellung vom Raum, der nun voller Schwingungswellen war, die ausserhalb des Bereichs menschlicher Wahrnehmung lagen.“
Das äussert sich zum Beispiel darin, dass die „Neuartige Zeichnungsmethode“ eine Antwort auf einen wissenschaftlichen Artikel ist. Emma Kunz schreibt darin im Vorwort: “ Unter dem Titel ‚Die Schönheit der mathematischen Formel‘ erschien in der Tageszeitung ‚Vaterland‘ vom 22. August 1953 eine Illustration von Prof. Dr. Ginsburg, Leiter des Mathematischen Institutes der Yeshiva-Universität in New York. Ich muss diese Feststellung zur Orientierung vorausschicken, weil sich unter meinen Zeichnungen dieselbe Figur befindet, unterschiedlich nur in der Methode. Prof. Ginsburg bezeichnet diese Figur als Diamantenmuster.“
Das als Titel gesetzte Zitat: „…vorausgesetzt, dass er mit der Zahl umzugehen weiss“ ist so mathematisch zu verstehen, wie es klingt. Emma Kunz erkannte durch die Arbeit mit dem Pendel früh, dass Schwingungen Zahlenmuster sind und die Energiefelder von „Kristall, Pflanze, Tier und Mensch“ fliessende Wechselwirkungen von Zahlenrhythmen. Sie nennt sie die „Bildekräfte der Natur“, zum Beispiel im Sinn von Paracelsus, dessen Werk sie kannte.
„Die Zahl der Dreifaltigkeit“ als Voraussetzung ihres Schaffens bezeichnet. Damit meinte sie nicht eine diffuse religiöse Einbindung, sondern die Basis, die dazu führte, dass sich hier die Zahl Drei manifestiert. Das Christentum hat das nicht erfunden; praktisch alle Zahlensymbole der Bibel – von den 4 Evangelisten über die 7 Tugenden respektive 7 Todsünden bis zu den 12 Aposteln – gehen auf kosmologische Erkenntnisse Babyloniens zurück. Dort galt die Drei der Göttertrias „Sin, Schamasch und Ischtar“, die der Sonne, dem Mond und der Venus entsprechen.
Die Vier galt als Symbolzahl für die Natur und die Materie, die vier Weltpunkte im Kreislauf des Jahres und die vier Mondphasen. Mit dem Griechen Empedokles kamen die vier Elemente hinzu und mit den Römern wurde die Vier zur Zahl (und Form) des Vermessens.
Dass die im Bildwerk von Emma Kunz dominanten Interferenzzahlen von Drei und Vier in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert als Grundzahlen der Bausteine und Wirkungskräfte in den DNS-Molekülen unserer Zellen erkannt werden würden, war in der Antike nicht abschätzbar. Auch nicht die 43 (64) genetischen Codes der DNS-Moleküle, die in allen Zellen des Lebendigen enthalten sind. Andererseits umschreiben die 43 (64) dreizeiligen und maximal 6teiligen Zeichen des I Ging schon im uralten chinesischen Weisheitsbuch psychische Lebensinhalte.
Auffallend häufig erscheinen sie als Drei, Vier, Sieben (4+3) Acht, Neun, Zwölf, Vierzehn, Sechzehn, Zweiunddreissig und Vierundsechzig. Seltener (vgl. Werk Nr.022) ist erstaunlicherweise die Fünf, obwohl sich Emma Kunza ja Penta nannte.
Man wird die genannten Zahlen als Strahlenbündel, aber auch als Formen – Quadrat, Achteck, Dreieck und Rhombus (doppeltes Dreieck), als Vertikal/Horizontal- oder als Diagonal-Kreuz finden.
Ein sehr schönes und leicht zugängliches Beispiel hiezu bietet das (frühe) Werk Nr. 0865, bei dem vom oberen Spitz in Form von Pfeilen eine Dreiheit einwirkt und sich dabei mit den vier von den Köpfen der männlich/weiblichen Doppelfigur ausgehenden „Dächern“ vernetzt. Man kann dies als Zusammenwirken geistiger und materieller Kräfte interpretieren. Vielfach präsentieren sich die Zahlenkombinationen indes wesentlich ungegenständlicher.
In dem form-, aber nicht farbsymmetrischen Bild Nr. 160, das aus den Zahlen 3 und 4 respektive 9, 32 und 36 aufgebaut ist, zeigen die aus 9 Rhomben und einem entgegenwirkenden Dreieck aufgebauten Kreuzstrahlen nach oben und nach unten symmetrische Farbgebung.
Werk Nr. 034 ist eine solche Gitterstruktur als Vergrösserung, auf eine einzelne Figur bezogen, quasi thematisiert. Die Strukturen enthalten in der Senkrechten und der Horizontalen oft vier Rhomben, die im Zentrum auf ein Quadrat, ein Johanniterkreuz oder einen Vierstern treffen. Doch nicht nur das Zentrum charakterisiert die einzelne Figur, sondern auch das Umfeld, das durch Akzentierung verschiedener in das Netz eingeschriebener Formen entsteht. Es können kreuz-, flügel- oder mantelartige, aber auch aus Einzelteilen zusammengesetzte Achteck-Kreisformen entstehen.
Grundsätzlich kann man bezüglich der figürlichen Arbeiten jedoch beobachten, dass in (fast) allen Beispielen die schwarze Farbe eine Rolle spielt – ganz im Gegensatz zu den ungegenständlichen Arbeiten, die auf einer abstrakteren Ebene angesiedelt sind. Die Farbe Schwarz kann das Zentrum des Bildes markieren (Nr.510), das Sonnengeflecht (Nr. 139), das Umgebungsfeld, den „Mantel“ usw. Sie steht zweifellos für negative Einflüsse, doch erscheint sie nie allein, sondern sehr oft in Kombination mit rot, sei es als Fläche oder als Linearstruktur. (z.B.in Nr. 505 respektive Nr. 552). Die rote Farbe steht im Werk von Emma Kunz, der Interpretation des Aion-A-Bildes (Nr. 168) durch Blanche Merz folgend, für positive spirituelle Kräfte. Diese erscheinen in den genannten Bildern im Spannungsfeld mit ihrer eigenen Negation. Ziel der Bildarbeit ist dabei nicht nur eine Bestandesaufnahme, sondern zweifellos der Versuch diese zu bannen, respektive umzupolen.
Dass aber auch das Weglassen der im Milimeter-Papier enthaltenen, materiellen Masszahl „Vier“ nicht einem zufälligen Aufgebrauchtsein ihres Papieres entspricht, sondern seinen Grund im Willen (und im Erreichen der Fähigkeit) hat, die Ebene des Materiellen zu verlassen, zeigt mit erschlagender Deutlichkeit, dass es den „Zufall“ im Werk von Emma Kunz nicht gibt. Dass sich auch die eingelagerten Zahlen im bekannten Rhythmus bewegen, bestätigt die Bedeutung der Interferenzen von Vier und Drei. Denn ein Auszählen der roten Strahlen ergibt die Zahl 144, das heisst, 12 x 12 oder 4 x 4 x 3 x 3.
Ein Werk, das hier immer wieder die Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist die „Lebensuhr“ (Werk Nr.023), da es das strahlenmässig dichteste Werk ist, das schon auf der Primärebene des Handwerklichen ein Meisterstück ist. Es beginnt, bei einer 64er Einteilung, quasi um eins nach zwölf mit einem Strahlenbündel von 14 Linien, einer roten und 13 graphitenen. Bei jedem Aussenpunkt kommt eine Bleistiftlinie hinzu, sodass es um „zwölf Uhr“ ingesamt 77 sind. Die roten Linien gehen alle durchs Zentrum, während die Bleistiftstrahlen in die im Uhrzeigersinn vorausgehenden Punkte münden. Dass sich dabei ringförmige Muster ergeben, ist ein Produkt des energetischen Parameters.8 Für die Dynamik des Bildes entscheidend ist aber die Akzentuierung von zwei spiralförmig angelegten „Zeigern“, die eine „Uhrzeit“ von „zwölf vor zwölf“ (immer bei einer 64er Einteilung) aufzeigen. Die zwölf Punkte sind ein Zwölftel der 144 Punkte im „Leben nach dem Leben“.
Ebenfalls in diesen Kontext könnte das Werk Nr. 20 gehören, schon weil es formal gewisse Aehnlichkeiten aufweist. Sie bestätigen sich im Zählmaraton, der eine Aussenpunktanzahl von 256 ergibt, was 4 x 64 oder 44 ergibt. Während die „Uhr“ jedoch einer linearen Entwicklung entspricht, findet man hier (mit der Lupe) von jedem Punkt ausgehend 4 Strahlen, 3 graphitene + 1 schwarzer, die zusätzlich von einem roten Strahlenkranz überlagert sind. Die vier Strahlen bilden je einen Spitzwinkel, wobei der Abstand vom 1ten zum 2ten Strahl grösser ist, da die Strahlen eins und zwei die Kugel im Zentrum umfassen, das heisst links respektive rechts tangential berühren. Der dritte, graphitene und der vierte, schwarze Strahl berühren die das Zentrum umfassenden Streifen ebenfalls tangential. Die rote Akzentuierung, die scheinbar durch den Farbstift die Spitzwinkel leicht überzeichnet, berührt exakt den in etwas geringerem Abstand angelegten, vierten und äussersten Zentrumskreis. Die Oeffnung nach links oben zeigt nur zwei Netze, die links und rechts das Zentrum berühren. Die Oeffnung spannt sich über 15 oder 5 x 3 Punkte und mündet in der vierteiligen Ausfächerung nach unten in eine Zone von 27 respektive 3 x 3 x 3 Punkte. Seine ungeheure Spannung erhält das Bild einerseits durch die genannte Oeffnung zu einem hellen Zentrum hin, das hier – im Gegensatz zum „Leben nach dem Leben“ – aber noch von Rändern umschlossen ist. Es wird von einem durch die Doppellinien Bewegung signalisierenden „Koordinatenkreuz“ getragen. Lässt man ab vom Zählen und beobachtet ganz einfach die Wirkung des Bildes auf die eigene Befindlichkeit, so wird der Oeffnungsdruck und die geladene Balance von rot und schwarz förmlich spürbar. Im Kontext des Werkes von Emma Kunz dürfen wir wohl von einem „Kampf“ der spirituellen Kräfte sprechen.