Reiches Bekenntnis zur Provinz
Weihnachtsausstellung CentrePasquArt Biel. Bis 04.01.2004
www.annelisezwez.ch Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 6. Dezember 2003
Die Zahlen sagen (fast) alles: Von 112 sich um einen Platz in der Bieler Weihnachtsausstellung Bewerbenden sind 70 dabei. Hans Kloeti und Anders Guggisberg präsentieren ein reiches Bekenntnis zur Provinz.
Für die Weihnachtsausstellung 2003 hat der Bieler Kunstverein einmal mehr ein neues Rezept gefunden: Anstelle einer Jury wurden zwei Kuratoren beauftragt, auszuwählen und die Ausstellung zu gestalten; in sämtlichen Räumen des Museums. Damit haben Kunstvereinspräsident Henri Mollet und sein Komitee a priori verhindert, dass sich das letztjährige Debakel wiederholt, als eine Biel mit der Welt gleichsetzende Jury von 127 Eingaben gerade mal 30 passieren liess. Denn der Bieler Künstler Hans Kloeti und der in Biel aufgewachsene Musiker und Künstler Anders Guggisberg konnten ja nur das ganze Haus füllen, wenn sie eine grosse Zahl von Kunstschaffenden einbezogen.
So ist die Ausstellung, die heute um 17 Uhr eröffnet wird, ein reiches Bekenntnis zur Kunst in der Region. Kloeti und Guggisberg: «Für uns stand das Gestalten einer Ausstellung im Vordergrund, nicht eine strenge Selektion.» Noch nie stand der Weihnachtsausstellung so viel Platz zur Verfügung. Selbst mit Werken von 70 Kunstschaffenden wirkt die Präsentation grosszügig, ja museal. Museale Qualität hat sie allerdings nicht, das zu behaupten hiesse die Massstäbe provinziell zurechtbiegen. Es gibt Lustiges, Freches, Hinterlistiges, Politisches, auch Bewährtes, Solides, Vertrautes, aber nur wenig, das einem internationalen Massstab Stand hält.
Es ist ein realistisches Bild einer regionalen Kunstlandschaft, in der Qualitätvolles geschaffen wird, aber im internationalen Vergleich halt doch oft schon Recycling ist. So etwa wie es die auf mehrere Säle verteilten Arbeiten von Bernd Höppner als Konzept verkörpern. Der in Alfermée lebende Zürcher nimmt «Trash» aller Art als Farbe und Form und schafft daraus mit Vergnügen Neues, nicht ohne Seitenhieb auf die Konsumgesellschaft.
Das breite Stelldichein bringt es mit sich, dass alle Generationen vertreten sind – im ersten Galerieraum findet gar ein Treffen der 35er statt: Martin Ziegelmüller, Toni Bögli und Danilo Wyss. Schade, dass der 4. im Bunde, H.P. Kohler, fehlt.
So sehr man darob schmunzeln darf, so sehr kann einem umgekehrt beunruhigen, dass die 70er-Jahrgänge, die sich andernorts breit in Szene zu setzen beginnen, in Biel nur vereinzelt auftauchen. Von Verjüngung kann in dieser Weihnachtsausstellung nicht gesprochen werden. Viele, sehr viele Namen kennt man schon seit langem.
Zugleich Junior wie eine beachtenswerte Werkgruppe vorlegend, ist der 27-jährige Bieler Fotograf Raphael Hefti, der in zwar bekannter, aber nichtsdestotrotz professioneller Manier fünf Kosmetik-Verkäuferinnen porträtiert hat, die vielschichtig für das «Geschäft mit der Schönheit» stehen. Im Übrigen ist wenig Fotografie zu sehen, was zum Teil mit der parallelen Weihnachtsausstellung des Photoforums zu tun hat. Aber auch Videoarbeiten gibt es nur wenige. Guggisberg: «Von drei haben wir zwei integriert.» Die eine stammt von Rudolf Steiner und ist, wie immer, technisch und zugleich inhaltlich überraschend; zu eingängiger Musik tanzendes Licht entpuppt sich als Ausgang eines Tunnels. Das andere Video stammt von Monika Loeffel, die alljährlich mit neuen, überzeugenden Arbeiten auftritt, diesmal mit einem Heimkino als Naturersatz.
Apropos Kino: Lustvoll haben Kloeti/Guggisberg die vier szenenartigen Zeichnungen von Clemens Klopfenstein als Kunstkino inszeniert. Zu den Künstlern, die eigentlich über die Region hinaus bekannt sein müssten, gehört unter anderem Philippe Hinderling, der einmal mehr eine Arbeit mit «Erfindungscharakter» präsentiert. Selbstklebende Linsen, die – aufs Foyer-Fenster geklebt – Durchsicht, Einsicht und Aussicht verwirrend miteinander verweben. Ähnliches gilt für Pat Noser, die sich, als letztes Jahr ihr Penis mit rotem Mäschchen «hinausfiel», hinterlistig schwor, sie würde «denen im PasquArt» jedes Jahr einen malen, bis sie ihn nähmen. Jetzt haben sie, samt rosaroten und hellblauen Strick-Strümpfchen.
Dank der breiten Schau und das ist durchaus positiv ist auch wieder einmal sichtbar, dass die von der Welt des Comics inspirierte «Bieler» Malerei immer noch lebt. Bei M.S. Bastian, Silly Mano, Christoph Lambert, Chri Frautschi, Didier Meyer, Daniel Turtschi, ja sogar Esther Lisette Ganz und Gregor Wyder, dessen «Trophäen» das Zeug zur Doppelbödigkeit haben. Eindrücklich hiezu auch die Gemeinschaftszeichnung der Vorkurs-Klasse von Edi Aschwanden an der Schule für Gestaltung.
Das Preis-Bouquet
Zum lokalen Event wird die Bieler Weihnachtsausstellung nicht zuletzt durch zahlreiche Preis- und Stipendienverleihungen sowie die aus einem Wettbewerb resultierende Installation in der Salle Poma. Den Hauptpreis des Anderfuhren-Stipendiums (Sfr. 12 000) erhielt der 34-jährige Bieler Chri Frautschi. Seine bilderzählerische Arbeitsweise habe an Dichte gewonnen und wage neue Präsentationsformen, schreibt die Jury. Den Anderfuhren-Förderpreis erhält die 35-jährige Romana del Negro für ihre lebenssprühenden, direkt auf die Wand applizierten «papiers découpés». Den Preis des Kunstvereins (Sfr. 1000) wurde der in Erlach lebenden Zeichnerin Barbara Krakenberger für ihren «doppelbödigen Strich» zuerkannt. Der Preis des Photoforums ging überraschend an die Juristin Hélène Darwish (31) für ihr fotografisches Essay «Meine Grossmutter». Ein neues Kapitel erfährt auch die Salle Poma mit der Bodeninstallation von Peter Gysi (48), der den von Dolores Denaro kuratierten «x-mas+» Wettbewerb 2003 gewonnen hat. 48 geölte, ringförmige Stahlplatten parallel zu den Lichtachsen oszillieren zwischen Raumordnung und Schwebezustand.