„Kunst aus dem Handgepäck“, Kunstmuseum Olten 2004

Wenn der Lötkolben in der Tasche genügt

www.annelisezwez.ch         Annelise Zwez in Aargauer Zeitung Oktober 2004

„Wohin damit?“ – oft ein Problem, auch für Museen und Künstler. In Zeiten modernen Nomadentums umsomehr. Olten kontert jetzt und zeigt : „Zwischen zwei Zügen – Kunst aus dem Handgepäck“.

Das Kunstmuseum Olten besitze eine Arbeit von Fischli/Weiss, die sei in ihrer Original-Styropor-Verpackung beim besten Willen nicht in die Lagerräume zu kriegen, sagte Patricia Nussbaum am Freitag in Olten. Das habe, so die Museumsdirektorin, die Liebe zu jenen Kunstschaffenden geweckt, die mit nichts – oder fast nichts – raumfüllende Kunst machen. Und das wiederum legte den Grundstein zur heiteren, aber nicht belanglosen Ausstellung „Zwischen zwei Zügen – Kunst aus dem Handgepäck“.

Silvia Buonvicini (ZH/BS) zum Beispiel reiste mit einem Lötkolben in der Tasche an und schuf vor Ort eine der besten Arbeiten: Sie brannte mit dem heissen Kolben eine durch mehrere Räume wuchendernde Zeichnung in den alten Nadelfilz-Teppich. Die Pointe: Niemand ist sich mehr sicher, ob der bereits gesprochene Kredit für einen neuen Bodenbelag überhaupt genutzt werden soll …

Anders Barbara Graf (Winterthur/ Wien/Kairo), zu deren faltbaren textilen Körper und Kleid-Skulpturen stets die passende Tasche gehört. Auch in den Ausstellungen (jetzt in Olten, letztes Jahr im Aarbergerhus in Ligerz) zeigt sie ihre Kunst als Einheit von Tragen – am Körper und als Handgepäck – , von Ein- und Auspacken respektive Präsentieren. Wobei sie das Falten, Teilen, Zusammensetzen zusätzlich als Erweiterung von Form und Inhalt nutzt; raffiniert.

Die aktuelle Tendenz zum Tragbaren, Vergänglichen, ad hoc Entstehenden ist nicht neu – dem Ausstellungstext folgend war es Marcel Duchamps „La boîte en valise“ – mit all seinen Arbeiten als Modellen – welche die Tradition begründete. Mark Staff Brandl (Chicago/Trogen) wandelt Duchamp quasi, indem er klappbare „White Cubes“ für Miniatur-Werke von Freunden baut, die in einem Aktenkoffer Platz haben: „The collapsible Kunsthalle I und II“.

Gut weitet Patricia Nussbaum die Möglichkeiten des Themas bis an die Ränder: Von Verena Thürkauf (BS/SO) zum Beispiel besitzt das Museum eine variable Konzept-Arbeit, die sich bei jeder Präsentation den Gegebenheiten anpassen soll. So kam Thürkauf mit nichts als einer Rolle Abdeckband und umrandete damit im leeren „Buchsersaal“ die Formate der gängigerweise da hängenden Arbeiten; zwischen zwei Zügen. Wörtlich nahm den Titel auch Roman Signer: Er kam, stieg auf einen Stuhl, liess sich die Kleiderbügel aus dem mitgebrachten Koffer reichen und sie auf einem schnur-bespannten Trassee heruntersausen. Dann nahm er wieder den Zug.

Das Prinzip der kleinen, stapelbaren Serie verfolgt zuweilen auch der Bieler Plastiker René Zäch. Er hat in fast jeden Saal ein bis zwei seiner kleinen Wand-Bild –(Mars)-Mobile gehängt und gibt so der Ausstellung einen Hauch von Science-Fiction.

Zur Reisegruppe gehören ferner: Ester Bättig, Stefan Sulzberger , Robert Cahen, H.R. Fricker, Peter Roesch, Hazem el Mestikawy , Gunter Frentzel, Henrijke Kühne und Beat Klein, Hervé Graumann und Arlette Ochsner.