Die eidgenössischen Design-Preise im Mudac in Lausanne 2005/2006

Von der Männermode bis zum Sportgerät

www.annelisezwez.ch      Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 2. November 2005

Im Mudac in Lausanne sind zur Zeit die Arbeiten der 24 mit einem eidgenössischen Design-Preis 2005 Ausgezeichneten zu sehen. Eine breite Palette vom Experiment bis zum Produkt.

Es sind Grafiker und Webdesigner, Reportage- und Werbe-Fotografen, Produkte-Hersteller, Modeschaffende und Schmuck-Künstler unter 40 Jahren, die 2005 einen der begehrten eidgenössischen Design-Preise erhalten haben. Ihre Arbeiten sind bis zum 12. Februar 2006 im Mudac (Musée de Design et d’Arts Appliqués contemporains) in Lausanne ausgestellt. Gefreut hätte sich Lorette Coen, die Präsidentin der Designkommission des Bundesamtes für Kultur, auch über Projekte von Gartengestaltern, Bühnenbildnern oder Keramikern doch seien unter den 221 Bewerbungen für die diesjährige Jurierung leider keine valablen Dossiers gewesen.

Trotzdem ist die Spannweite gross: Sie reicht von experimentellen Recherchen und provokativen Ideen über umgesetzte Konzepte bis zu Prototypen industrieller Produkte.

Andrea Vogel (31) zum Beispiel präsentiert sieben textile Objekte mit Hosenträgern, die jedermann (jedefrau wohl eher) nach Lust und Laune an- respektive umschnallen kann. „Eine humorvolle Aufforderung an unsere Verkleidungslust“, schreibt die Jury. Der Fotograf Holger Salach (31) machte sich auf die Fersen der „Swinger“-Szene, präsentiert die vertauschten Sexpärchen aber nicht glamourös, sondern ziemlich nüchtern; in Buchform mitsamt Anzeigen und Kommentaren. Er setze intelligent auf Voyeurismus und unterlaufe ihn, heisst es im Bericht. Die irritierendste Arbeit legen der Grafiker André Schweiger (37) und der Goldschmied Raoul Schweizer (37) vor: Labelbewusster, mintutiöser Goldschmuck in Rosenwasser zum Schlucken. Als Ersatzdroge? Als Parodie auf die Gegensatz von arm und reich? Bewundernswert sei an der radikal durchdachten Idee, so schreibt die Jury, dass kaum zu entscheiden sei, wie viel Ironie drin stecke.

Die eidgenössischen Designpreise können von den Ausgezeichneten entweder in Geldform (20 000 Franken) bezogen werden oder – was vor allem im Bereich Grafik und Mode häufig gewählt wird – in Form eines Praktikums bei einem international tätigen Unternehmen ihrer Branche. Interessant ist der Blick auf die Ausbildungs-stätten der Ausgezeichneten – nicht wenige präsentieren der Jury ihre Diplomarbeiten. Die Nase vorn haben da eindeutig Lausanne (die ECAL), die Hochschulen von Luzern und Zürich sowie Basel im Bereich Mode. Ein Verweis auf Biel fehlt bei den Grafikern dieses Jahr.

Es ist schwer zu sagen, ob es Zufall ist oder mehr; Fakt ist jedoch, dass alle drei ausgezeichneten Industrie-Designer Rucksäcke präsentieren; solche, die für mehr Sicherheit von Sportlern in Lawinen respektive Wildbächen sorgen, mehr Bewe-gungsfreiheit für Snowboarder und Mountainbiker versprechen oder praktischen Nutzen für Kletterer anbieten. Die grössten Aussichten auf Serienproduktion hat, so scheint es uns, der bestechende Rücken-Montage-Gurt des Thuners Gerhard Gerber (38), der Arbeitern, an Strommasten zum Beispiel, optimalen Stauraum für ihre Werkzeuge bietet. Gefallen hat der Jury hier insbesondere die technische und materialmässige Arbeit am Detail.

Im Bereich der Mode fällt heuer insbesondere die Kollektion von Corina Gonzalez (25) auf, die Männer-Mode für den Alltag präsentiert, die einfühlsam und zugleich bestimmend vom männlichen Körper ausgeht. Diesen dabei nicht zum Papagei macht, sondern in verhaltenen Farben einen Materialmix mit viel Strick vorschlägt.
Schwieriger auszustellen sind a priori grafische Konzepte. Vom einfachen, logischen Aufbau her zu gefallen wissen unter anderem die Ordnungsysteme von Annik Troxler.

Die Ausstellung zeigt – einmal mehr – dass die Design-Szene in der Schweiz eine ausgesprochen kreative ist. Das Problem sei, so sagen Fachleute in der viersprachigen Begleitpublikation, dass die Schweiz das hohe Niveau des Designs international zu wenig vermarkte. Die Szene drehe sich zu sehr um sich selbst, wofür das Land zu klein sei. Weltweit tätige Firmen und Institutionen müssten dieses „Kapital“ besser einsetzen.