Freilichtausstellung Bex & Arts 2005

Würzig aber keineswegs versalzen

www.annelisezwez.ch     Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 21. Juli 2005

„Le gout du sel“ heisst die Triennale Bex&Arts heuer. Es ist die grösste Ausstellung ihrer Art in diesem Sommer. Ihr Trumpf: Der wunderschöne Silazzy-Park.

Was 1956 mit der ersten „Schweizerischen Plastikausstellung“ in Biel begann, wurde ab 1979 zum roten Faden der Kunst-Sommer in der Schweiz: Ausstellungen mit Skulpturen und ortsbezogenen Installationen unter freiem Himmel. Viele kamen und gingen, eine blieb: „Bex&Arts“, die heuer zum 9. Mal stattfindet. Und wie schon die erste 1984, steht sie unter der Leitung von Nicolas Raboud. Es ist darum nicht verwunderlich, dass auch Künstler vertreten sind, die schon vor 20 Jahren mit dabei waren; Josef Odermatt zum Beispiel oder Charles de Montaigu, aber auch Manuel Müller, damals einer der jüngsten.

Von Tradition auf Stillstand zu schliessen, ist glücklicherweise falsch. Seit Ende der 1990er-Jahre ist in Bex eine deutliche Verjüngung zu spüren. Als Beispiel sei das sommerlich farbige Pistenfahrzeug von Valentin Carron (geb. 1977) genannt, das den Skilift gleich auf dem Buckel mitbringt und damit zum Zeichen seiner selbst wird. Im Spannungsbogen zur klassischen Granit-Skulptur eines André Raboud (geb. 1940) zeigt Bex die Gleichzeitigkeit verschiedener Generationen und Stile in eindrücklicher Art und Weise. „Zugpferde“ wie Niele Toroni, der eine alte Arbeit aufwärmt, hätte die Ausstellung eigentlich gar nicht nötig. Es sei denn, wie im Fall von Daniel Spoerri, der „Grosse“ zeige so Spannendes wie die surrealistisch anmutende, bronzene Figurengruppe „Huit cauchmares maigres“.

Mit HASENA (Küblis), Maria Pia Borgnini (Bellinzona), Jürg Häusler (Basel) und Ursula Mumenthaler (Genf) spannen die Künstler die ganze Schweiz aus, freilich und naheliegenderweise mit einem deutlichen Romand-Schwerpunkt. Aus dem Seeland wurde Erica Pedretti eingeladen – nicht zum ersten Mal. Ihr weisslicher Zementkegel mit eingravierten Schriftzeichen ist Ausdruck der Schriftstellerin, die den Worten präszise Orte in der Natur gibt. Enge Beziehungen zur Region haben auch Christoph Rihs und Pavel Schmidt, die beide mit markanten, raumgreifenden Arbeiten vertreten sind.

Ins Gedächtnis einzuschreiben lohnt sich aber auch die Arbeit von Nikola Zaric aus Lausanne; sein monumentales „Château lapin“ – eine hintergründige Installation mit Hasenfiguren an Reckstangen – zählt zu den Highlights der Ausstellung. Ebenso die Installation von Guillaume Arlaud aus Genf, der eine hölzerne Schaukel ins Innere eines vielstämmigen Baumes platzierte und mit ächzenden Tönen geheimnisvoll in Bewegung versetzt. Und sicherlich auch das verspiegelte „Observatorium“ von Paul Le Grand (Thun) auf dem Hochplateau, welches Natur spielerisch vervielfältigt.

Mit 66 meist monumentalen Arbeiten ist Bex die grösste Freilichtausstellung dieses Sommers. Der zugleich landschaftlich offene wie kompakte Raum des wunderschönen Silazzy-Parks macht sie zu einem dichten Kunst-Event, bei dem überdies das mühsame Suchen von Standorten wegfällt und – ganz wesentlich – dem Vandalismus Schranken geboten sind. Gewitter sind die grössere Gefahr.

Bex&Arts hat heuer einen Titel: „Le gout du sel“. Einige Künstler thematisieren das direkt – Hans Thomann etwa, der, die Geschichte von Sodom und Gomorrah aufgreifend, eine Salzfigur in einem langgezogenen Wasserbecken zeigt oder Yves Zbinden und Anne-Hélène Darbellay, die für alle Besuchenden ein Salz-Briefchen mit einem Datum bereit halten. Was bringt wohl der 29. Januar 2007?

Bex&Arts ist stilistisch nicht wegweisend für die globale Kunstszene des 21. Jahrhunderts, bietet aber in seiner anregenden Vielfalt zwischen Vertrautem – zum Beispiel dem viertaktigen Raumzeichen von Gillian White – und subtil Überraschendem wie den „Fleurs de pierre“ von Daniel Schlaepfer oder dem „Zufluchtsort für die Zeit“ von Claudio Magoni und Ursula Bohren sommerlichen Kunstgenuss, der die Reise lohnt.