Katalogtext Rolf Spinnler (1927-2000) Kunstmuseum 2006

Warum es schwierig ist, gute Bilder zu malen

27. Februar 1963: „Ich sollte nicht sagen: Ich kann es nicht malen, das Bild will nicht werden, weil es zu schwierig ist, weil mir das Sujet nicht liegt! – Ich kann es nicht malen, weil ich es nicht sehe. Ich kann 10 Mal neu versuchen und es wird nicht werden, weil ich es noch nie gesehen habe. Beim 11ten mal kann es mir aber gelingen, weil ich es beim 11ten Mal gesehen habe. Es kann immer deutlicher werden, solange ich die ganze Begeisterung noch habe, oder immer wieder aufbringe. Wenn die Liebe dazu lange genug anhält, muss es früher oder später gelingen das Bild zu malen. Freilich, in den seltensten Fällen reicht sie lange genug aus. Darum die grosse Schwierigkeit gute Bilder zu malen. Und, wenn es hoffnungslos wird mit unserem Bild, dann lieber abbrechen und uns einer neuen Hoffnung zuwenden, einem neuen Bild, einer neuen Liebe.“

1963 ist ein wichtiges Jahr in der Biographie von Rolf Spinnler. Nicht weil er zum dritten Mal seit 1960 ein Eidgenössisches Kunststipendium erhält, sondern weil der 36-Jährige nach 14 Wanderjahren mit vielfach wechselnden Wohnorten – Genf, München, Paris, Basel, Den Haag, Solothurn, Piacenza, Lavin, Bern – mit seiner Frau Ida und den Kindern Anna, Katrin und Martin nach Biel zieht. Hier bleibt er, abgesehen von Reisen ins Tessin und nach Oberitalien – einmal auch in die Provence – und von gesundheitsbedingten Aufenthalten im Berner Jura bis zu seinem Tod im Jahr 2000 wohnhaft. 1963 ist Halbzeit im Leben von Rolf Spinnler.

Das aus dem frühesten, im Nachlass erhalten gebliebenen Tagebuch stammende Zitat hat mehrfache Bedeutung. Zum einen zeigt es einen ungebrochenen, romantischen Glauben an die Kraft der Malerei und den Sinn des eigenen künstlerischen Tuns. Es spiegeln sich die 1950er und frühen 1960er-Jahre mit ihren Visionen einer besseren Welt. Zum andern gilt das, was hier für ein einzelnes Bild formuliert ist, auch für Rolf Spinnlers Standort um 1963. Die Wanderjahre sind die Zeit der wechselnden Stile. Sie führen von dunkeltoniger Peinture zu immer ausdrucksstärkerer Farbigkeit und münden schliesslich, um 1959/60, unter dem Eindruck der Werke von Chaim Soutine in glühend-expressive Pinselsprache. Der Maler hat einen ersten Höhepunkt erreicht, der nach Gegensteuer ruft. „Der echte Maler ist nicht nur Sinnenmensch. Zwar wirkt er durch seine Sinnlichkeit (oder sollte es zumindest), aber seine Arbeit ist ein Produkt von Sinnenfreude und Askese….Erst durch Einschränkung kommt er zur Befriedung“ (6. März 1963).

Rolf Spinnlers malerisches Werk setzt in den frühen 1950er-Jahren ein. Im „Rucksack“ hat er zu diesem Zeitpunkt bereits drei Jahre Kunstgewerbeschule in Biel (1945-1948) und ein kurzes Studium an der Académie des Beaux Arts in Genf (1949/50). Er besuchte dort freilich nicht die Mal-, sondern die Bildhauerklasse. Einige wenige erhaltene Gipsköpfchen erzählen davon. Sicher gehörte zum Unterricht auch die Zeichnung, die lebenslang ein wichtiges Medium bleibt. Doch lange hält es Rolf Spinnler nicht aus an der Schule, weder hier, noch später vermag er verordnete Strukturen mit seinem Leben zu vereinen. Das Muster wird sich wiederholen, im Äusseren wie im Inneren, im Privaten wie im Künstlerisch-Beruflichen. Spinnler bleibt ein Leben lang ein unstet Suchender, ein sich nach Ruhe Sehnender und sie nie Findender.

Von grösserer Bedeutung als der Lehrstoff an der Genfer Akademie ist der Beginn der Beziehung zu Ida Cuorad aus Piacenza in Italien respektive Lavin im Unterengadin, die in dieser Zeit die Dolmetscherschule in Genf besucht und gelegentlich an der Akademie Modell steht. Rolf Spinnler hat Ida Cuorad (ABB 1 + Tafel XX), damals und später immer und immer wieder porträtiert auch noch als sie schon längst nicht mehr seine Frau war. Doch zunächst hängt der Himmel voller Geigen. Am 15. November 1952 heiraten die beiden in Lugano (ABB 2). Nach einigen Monaten in Piacenza brechen sie 1953 nach Paris auf und Rolf Spinnler schreibt sich an der Académie de la Grande Chaumière ein. 

Frühe, eindeutig als Pariser Stadtlandschaften erkennbare Werke zeigen, dass er in dieser Zeit noch ganz auf traditionelle Malweise und Kolorierung ausgerichtet ist. Die Arbeiten sind klein, querformatig und dunkeltonig; Gebäude, Strassen, Brücken sind lediglich durch feine, schwarze Konturen voneinander abgegrenzt. Der Pinselgestus zeigt nur verhalten Ausdruckskraft, einzig das Licht auf der Oberfläche der Seine und auf den Fassaden der Häuser bringt atmosphärische Lebendigkeit ein. Menschen sind keine zu sehen. Was die spätere Entwicklung ansatzweise vorwegnimmt, ist ein Farbenreichtum, der sich zu verstecken scheint. Das heisst, in hellem Licht betrachtet, entfalten die Werke eine unterschwellige Kolorierung, die ohne direkte Beleuchtung unsichtbar bleibt. 

Von den gleichzeitig in Paris aufbrechenden Strömungen hin zu lyrischem und expressivem Informel wird Rolf Spinnler ganz offensichtlich nicht infiziert. Die Abstraktion wird ihn im Laufe seines Malerlebens zwar herausfordern, aber nie ganz überzeugen. Das Sinnenhafte, das für ihn so wichtig ist, erscheint ihm letztlich gebunden an die existentielle Dimension des Fleischlichen, des Materiellen, des Gegenständlichen.

Nach ihrer Rückkehr aus Paris leben Rolf und Ida Spinnler mit der kleinen Anna (geb. 1953) in Basel, verbringen aber die Sommermonate in Lavin im Unterengadin, dem Heimatort von Ida Spinnler. Eines der Fenster des 1870 nach dem grossen Dorfbrand erstellten Gebäudes der Familie (ABB 3) gibt den Blick frei auf ein wunderschönes Engadiner Doppelhaus (ABB 3a). Der Blick wird Rolf Spinnler Motiv für eines der repräsentativsten Werke von 1955 (ABB 3b). Spinnlers Stil hat sich aufgehellt, zeigt die Farbigkeit offener, heiterer und gibt dem Pinsel mehr expressive Freiheit. Von der Bildlichkeit her reiht man das Werk unverzüglich in die Tradition der Bündner Malerei von Giacometti bis Carigiet, doch abstrahiert man vom Motiv zeigt sich Spinnler viel eher eingebunden in eine breite Palette gemässigt expressiver Schweizer Malerei der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Es gilt anzumerken, dass Rolf Spinnler als Solothurner zweifellos die Sammlungen des hiesigen Museums kannte, in welcher die Schweizer Malerei breit vertreten ist. Im Zusammenhang seien zum Beispiel Maler wie Ferdinand Hodler, Max Gubler, Cuno Amiet und Hans Berger genannt. Obwohl Spinnler in dieser Zeit nicht in Solothurn wohnt, ist die Stadt seiner Jugend von Anfang an der wichtigste Ort für die Rezeption seines Werkes. Er steht zeitlebens in engem Austausch mit Solothurns Kulturleben.

Irritierend ist im erwähnten Bild von 1955 der helle gelbe Streifen am linken Bildrand, ist er doch kaum eine Anleihe aus dem Frühwerk von Barnett Newman. Der Blick vom Original-Standort aus erhellt die Situation. Spinnler hat die Hauskante eines von links knapp ins Bildfeld reichenden Gebäudes zu einem bis an die obere Bildkante reichenden Streifen verlängert. Ein mutiger, die Begrenztheit des Blickes betonender Entscheid. Die darin eingeschriebene zweite Signatur mit der Jahrzahl 56 lässt vermuten, dass dieser Streifen erst in zeitlicher Distanz hinzugefügt oder zumindest verlängert wurde. Dies heisst konkret, erst nach der Rückkehr aus Holland. 1955 verbringen die Spinnlers sechs, den Fotos aus der Zeit nach zu schliessen, glückliche Monate in Den Haag (ABB 4). Wie schon beim Studienaufenthalt in Genf, ist der gleichaltrige Solothurner Malerfreund Willy Rieser Initiant des Aufbruchs. Rieser malt ebenfalls in einem gemässigt expressiven Stil. 

In den Niederlanden entdeckt Rolf Spinnler für sich das Werk des italienischen Malers Giorgio Morandi (1890-1964). Die Klarheit und Stille der Kompositionen, die Beschränkung auf immer wiederkehrende Motive, die Gleichklänge der Farben in seinen Stillleben beeindrucken Spinnler tief (ABB 5). Auch in Spinnlers Werk spielen „Objekte im Raum“ eine wichtige Rolle und der Antrieb, sich demselben Motiv immer und immer wieder anzunehmen, geht zweifellos auf Morandi zurück und spiegelt sich auch im eingangs aufgeführten Zitat. Bezogen auf den linksseitigen gelben Streifen im Lavin-Bild von 1955/56 mag Morandi den gesteigerten Sinn für kompositionelle und räumliche Klarheit spiegeln. 

Die Entwicklung geht vorerst aber nicht in Richtung Morandi, im Gegenteil. Wann und wo Rolf Spinnler den in Paris tätig gewesenen russischen Expressionisten Chaim Soutine (1893-1943) für sich entdeckte, ist nicht bekannt (ABB 6). Es ist nicht einmal sicher, ob er je (oder zumindest so früh) Originalwerke gesehen hat oder ob er sich aufgrund von Abbildungen hat fesseln lassen. (Mit der Präsenz an der Biennale Venedig von 1952 beginnt Soutines posthumer Aufstieg in den Maler-Olymp.) Sicher ist, dass sich Rolf Spinnler mit Soutine geradezu identifiziert und dies wohl nicht nur aus formalen Gründen. Die Leidensgeschichte des zeitweise hungernden Künstlers, der nicht von seinem Weg ablässt und sich ganz der Malerei verschreibt, hat ihn zweifellos gepackt. „ Vor seinem Modell oder seinem Motiv“, so zitiert Jeanine Warnod die ehemalige „Schlummermutter“ Soutines in einem Text von 1981, „attackierte er seine Leinwand direkt mit der Farbe und setzte sie um in die Zärtlichkeit einer Mutter, die Vitalität eines Kindes, die Verwirrung im Blick eines heranwachsenden Mädchens, in Gewalttätigkeit und Tod im Blut eines Tieres. War die Sitzung beendet, brauchte er mindestens vier Stunden, um seine Sprache wiederzufinden.“

Es ist viel Romantik in dieser Identifikation, möglicherweise spiegelt sich darin aber auch eine diffuse Angst vor der eigenen Zukunft angesichts erster Anzeichen von Schwermut. Rolf Spinnler lässt sich indes nur kurze Zeit ganz in den Strudel reissen. Es steht aber ausser Zweifel, dass die expressiven Landschaften und Stillleben der späten 1950er und der ersten 60er-Jahre zum Besten des Frühwerkes von Rolf Spinnler zählen. Mit geradezu ungebremster Intensität und einer satten Farbigkeit, die über Soutine hinaus an die Künstlergruppe Rot-Blau um Ernst Ludwig Kirchner erinnert, malt er die Bündner Berge, Gladiolen und Gefässe als emotionale Feuerwerke. Auffallend ist, dass er, anders als Soutine – und auch Kokoschka und Varlin – , nie zur schwungvollen Pinselgeste greift, sondern das Expressive aus kleinteiligen, nervigen Pinselzügen schafft. 

Es erstaunt nicht, dass diese Bilder Rolf Spinnler 1960 das erste Eidgenössische Stipendium eintragen. Wobei es informativ ist zu wissen, dass Josef Müller (1887-1977), der Solothurner Sammler, Kunstvereinspräsident und Kustos des städtischen Museums, von 1954-1960 Mitglied der Eidgenössischen Kunstkommission ist und sich wohl für ihn einsetzt. Rolf Spinnler ist seit der Wohnsitznahme der Familie in Solothurn um 1956 wieder in seine Heimatstadt integriert und pflegt rege Kontakte, zu Anje und Schang Hutter, zu Peter und Therese Bichsel und vielen anderen mehr. Sein Atelier hat er im obersten Stock des Hotels Zum Roten Turm. Bereits 1952/53 hatte er eine erste kleine Ausstellung in Solothurn, in der Buchhandlung Schlumpf (Bilder aus dem Engadin), und 1954 im Roten Turm. 1956 präsentiert er seine Bilder im Bad Attisholz und 1957 findet die erste grössere Ausstellung in der Berufsschule statt, die damals ein wichtiger Ausstellungsort für Solothurner Künstler ist. 

Doch Rolf Spinnler ist es in dieser Lebensphase nie lange wohl am selben Ort. Er sucht Anregung, Inspiration von aussen. 1958 zieht er mit Ida, Anna und Katrin (geb. 1957) für längere Zeit nach Piacenza, wo Ida Spinnlers Familie lebt (ABB 7). Und im Jahr darauf ist Lavin der wichtigste Standort neben Solothurn. Und wer weiss, vielleicht ist Rolf Spinnler gar nicht so unglücklich, dass er das Atelier im Roten Turm 1959/60 wegen des Umbaus des Hauses aufgeben muss. Jedenfalls zieht die Familie nach Bern. Ida Spinnler sucht mit Übersetzungen das karge Einkommen der Familie aufzubessern, doch die Basis ist fragil und das Zusammenleben nicht nur einfach. Darum entschliesst sie sich, den zwei-jährigen Sonderkurs für Primarlehrerinnen zu absolvieren. Rolf Spinnler sucht derweil den Kontakt zur Berner Szene, geht im Commerce und im Falken ein und aus – diskutiert mit Franz Fedier, Jimmy Schneider, Walter Vögeli, Bernhard Luginbühl und vielen mehr. 
Die Anregungen der damals sehr lebendigen Berner Szene sind für Rolf Spinnler zweifellos wichtig, aber sie vereinnahmen ihn nicht. Später wird er in einem Tagebucheintrag von Luginbühl und Tinguely als den „Conférenciers der Schweizerischen Kunstgesellschaft“ sprechen. Die bereits eingangs zitierten Ausführungen vom Frühjahr 1963 spiegeln seine Suche nach der eigenen Position, insbesondere bezüglich der Abstraktion.

„Malerei hört auf solche zu sein…wenn sie nicht genügend sinnlich empfundene Welt mehr hat. Da hilft alles Geistige nicht mehr (wenigstens in der Malerei). Dieses Verzichten von Anfang an, dieses Reduzieren von Welt endet im Nichts und nicht etwa im Geistigen. Es ist eine Lüge zu sagen: Es ist fast kein Material mehr hier, die Leinwand ist fast leer und die Farbe ist kaum wahrzunehmen, nur ein Hauch ist das Ganze, nur noch eine Idee der Dinge der Welt, wir haben alles dem Geistigen eingeräumt. Es ist eine glatte Lüge in Bezug auf Malerei.“ Wie so oft in der Biographie Rolf Spinnlers ist das, was er vordergründig ablehnt, das womit er sich beschäftigt. Schon zu Beginn und vor allem gegen Mitte der 1960er-Jahre setzt sich Rolf Spinnler mit dem Aquarell auseinander. Er setzt dem Materiell-Sinnlichen der Ölfarbe das Luftige, Fliessende, Leichte der Wasserfarbe, der Gouachefarbe gegenüber, ohne dabei die Farb-Intensität aufzugeben. 

Ein qualitativ herausragendes Beispiel ist die Serie der Tulpen-Aquarelle von 1965. Die Gegenständlichkeit ist da, die Rot und Gelb der Tulpen leuchten. Das helle Licht in der zugleich reichen wie verhaltenen Hintergrundfarbigkeit trägt sie, nimmt sie im Fliessen das Malprozesses gar auf. Doch es ist etwas Fluides obgleich eminent Sinnenhaftes, Vergängliches und Ersehntes, Erotisches, das die Bilder ausstrahlen. In den eher kleinformatigen Landschaftsaquarellen der späteren 1960er-Jahre (Tafel XX) ist die Auseinandersetzung mit der Abstraktion, der Wandlung des Materiellen von der unmittelbaren Präsenz des Motivs zur malerischen Ausstrahlung ihrer selbst noch deutlicher. Gleichzeitig wird ein stärkeres Form- und Kompositionsbewusstsein spürbar. Es ist anzunehmen, dass auf dem Weg dahin die Werke von Louis Moilliet (1880-1962) eine wichtige Rolle spielen (ABB 8). Moilliet hat in Bern – nicht zuletzt über die Malschule von Max von Mühlenen – zeitlebens eine starke Präsenz und 1962 – im Todesjahr des Künstlers – findet in der Kunsthalle Bern eine grosse Gedächtnisausstellung statt, welche Spinnlers Auseinandersetzung mit dem Freund Klees und Mackes intensiviert haben könnte.

Die Zahl der Ölbilder geht in den 1960er-Jahren kontinuierlich zurück, um dann in den 1970er-Jahren gänzlich zu verschwinden, nachdem ihn auch Experimente mit Acryl und Dispersion nicht befriedigen. Die Zeichnung, die Gouache, seltener das Aquarell), die Mischtechnik werden ab den 1970er-Jahren vorherrschend.
Die Arbeit auf Papier erlaubt es Rolf Spinnler direkter, spontaner, schneller zu arbeiten, Gefühlsregungen unmittelbarer auf den Stift, den Pinsel zu übertragen, das Schauen, das Denken, das Fühlen zusammenzuführen und daraus malend, zeichnend das Bild zu generieren. Zeigt das Frühwerk Spinnlers bis hin zu den Aquarellen der 1960er-Jahre den Maler im Dienst seiner Motive, beseelt von der Vorstellung in der Kunst eine malerische Parallelwelt zu schöpfen, gibt ihm die Spontaneität von Gouache und Zeichnung die Möglichkeit, die Vibrationen seiner Erregtheit direkt ins Bild einzubringen. Das expressive Moment wird Ende der 1960er-Jahre und dann vor allem ab ca. 1972 zum Spiegel des Künstlers selbst in der Auseinandersetzung mit seinem Motiv; der Landschaft und – nun vermehrt – des Porträts und des Stilllebens.

Seit 1963 lebt Rolf Spinnler mit seiner Familie, zu welcher seit 1961 auch Sohn Martin gehört, in Biel. Der Umzug nach Biel hat praktische Gründe; Ida Spinnler findet in Biel eine Anstellung als Unterstufen-Lehrerin und kann damit das finanzielle Auskommen der Familie sichern. Dass schon 1963 in der Städtischen Galerie in Biel (damals im Obergeschoss der Neumarkt-Post) eine Einzelausstellung stattfindet, zeigt, dass Rolf Spinnler in Biel mit Interesse aufgenommen wird. Von den Verkäufen zu leben, wäre indes nicht möglich gewesen und einer Nebenerwerbstätigkeit vermag Rolf Spinnler aus psychischen Gründen nicht nachzugehen. Depressionen kommen und gehen, seine Befindlichkeit ist trotz psychiatrischer Begleitung unstet und fragil und seine Vorstellungen von Treue und Familienverantwortung für seine Umgebung nicht einfach zu akzeptieren. 1964 kommt es zur Scheidung, ohne dass indes die Kontakte ganz abbrechen würden. Die Porträts seiner Kinder, insbesondere von Anna, erzählen davon. Das Bildnis, das schon in den 1950er-Jahren auftaucht, wird ab der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre zu einer tragenden Werkgruppe im Oeuvre von Rolf Spinnler. 

Zeigt die Gouache von Anna von 1967 noch den Maler, dem es anteilnehmend um das Wesen des Anderen geht, werden die Porträts in der Folge mehr und mehr zum direkten „Gespräch“, zur unmittelbaren Auseinandersetzung zwischen dem Maler-Ich und dem Vis-à-vis. Dies geschieht weniger mittels grosser Geste wie bei Varlin, als vielmehr im Versuch, dem magnetischen Feld zwischen Subjekt und Objekt über Farbe und Strich habhaft zu werden, sei dieses von Spannungen durchwirkt, von Gefühlen erregt oder respektvoll geglättet. Einfach sei es nicht gewesen für Rolf Spinnler zu „sitzen“, erinnert sich die Berner Galeristin Dorothee Freiburghaus, habe er doch keine Bewegung geduldet und kompromisslos seinen Weg gesucht. Wie weit sich Rolf Spinnler mit den Porträts von Alberto Giacometti auseinandersetzte, ist nicht bekannt; in seinen Schriften kommt der Name nicht vor, doch es ist fast nicht anders denkbar, als dass er sie intensiv betrachtete und in der Zwiesprache von Malerei und Zeichnung ein Stück seiner selbst fand 
Rolf Spinnler wird in Biel mehr und mehr heimisch In der Altstadt kennen ihn alle und die Kulturschaffenden und -interessierten schätzen die intensiven Diskussionen am Stammtisch. Rolf Spinnler ist eine charismatische Gestalt, seine Grösse, sein Auftreten (zumindest nach aussen), seine sonore Stimme, sein Engagement für und wider Themen zwischen Gott und der Welt beeindrucken sein Umfeld. „Wenn Spinnler zum Reden ansetzte, hörten alle hin,“ erzählen seine Freunde. Der Austausch mit dem Bieler Komponisten und Dirigenten Jost Meier geben der klassischen Musik, die Spinnler zeitlebens wichtig ist, in dieser Zeit besonderes Gewicht Er nimmt Gesangsstunden, schmettert in guten Stunden Arien durch die Altstadt und wird gar Chorist mit Soloeinsätzen im Städtebundtheater Biel Solothurn. Allerdings nur kurz, denn der geregelte Probebetrieb stellt sich bald einmal quer zu den langen Nachtstunden im Atelier.
Von Biel aus entdeckt Rolf Spinnler auch den Berner Jura. Hier gibt es zeitweise fast so etwas wie eine Bieler Kultur-Exklave. Lis Kocher, Dieter Seibt, Jeanne und Walter Kohler-Chevalier wohnen da. Künstler und Künstlerinnen von nah und fern machen bei ihnen Halt. Unter ihnen Rolf Spinnler. Der Jura wird zu „seiner“ Landschaft. Noch 20, ja sogar 30 Jahre später wird er den Jura malen, weil er das Bild der Höhen- und der Bergzüge in sich trägt und dazu längst keinen „plein air“-Eindruck mehr braucht und es ohnehin um die Welt in ihm selbst geht. Als er sich später einmal bei Sohn Martin das Bild einer früheren Juralandschaft anschaut, schreibt er danach: „Fühlte Verbundenheit darin, Zuwendung. Alles war ganz Jura, mit den innersten Phasen gespürt. Ein Wohlgefühl in dieser kleinen Landschaft.“ 
Die Juralandschaften der Jahre um 1969/70 sind nicht mehr vergleichbar mit den Bündner Bergen der späten 1950er-Jahre. Grün ist vorherrschend; es kann aber auch mal ein blaues oder ein gelbes Geviert einen Kontrapunkt setzen. Vielfach sind es nun Gouachen (seltener Öl) auf Papier. An Morandi denkend, sucht er Klarheit, Einfachheit, Gewicht und Gegengewicht und wie schon in den ganz frühen Pariser Bildern, setzt er das Licht als Form und Farbe „modellierende“ Kraft innerhalb eines relativ schmalen Farbspektrums ein.
Eigentlich ist Rolf Spinnler weder ein Solothurner noch ein Bieler, sondern ein Basler, zumindest von seinem Bürgerort her. Da er nach 1965 häufig bei der „roten Marianne“ weilt (sie möge verzeihen, alle nannten die Serviererin in der Hasenburg in Basel so), trittt die Stadt am Rheinknie, wo er schon 1954/55 kurzzeitig wohnte, wieder in sein Blickfeld. Auch wenn Marianne Huber später für einige Jahre nach Biel zieht, mag das erklären, warum in Spinnlers Jurasüdfuss-Biographie unter der Jahrzahl 1970 plötzlich ein „Stipendium der Stadt Basel“ auftaucht. Ausgestellt hat er daselbst allerdings nie. Hingegen wird der Kunstkeller Bern ab 1970 zu einem wichtigen Vermittlungsort für ihn, dank Martin Ziegelmüller.
Zu Spinnlers besten Maler-Freunden zählt seit den 1960er-Jahren der in Vinelz arbeitende Martin Ziegelmüller. Die beiden bilden eine Art Phalanx gegenständlicher Malerei wider den Mainstream der Abstraktion. Ziegelmüller sagt auch im Gespräch, warum sich weder er noch Spinnler an Zeitgenossen orientierten, sondern ihre Referenzen in der Malerei der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts suchten. „Zunächst galt die Gegenständlichkeit nichts mehr und in den 1970er-Jahren wurde die Malerei für tot erklärt, was wollten wir da – da boten uns die Grossen der Moderne viel mehr an Diskussionsstoff und Reibungsfläche.“ Rolf Spinnler, so betont Martin Ziegelmüller im Gespräch, sei aber nicht ein Reaktionär gewesen, er habe sehr wohl verfolgt, was läuft, doch habe er sich zuweilen so sehr aufgehalten darüber, dass er kaum mehr zu bremsen gewesen sei. Das hätten ihm manche übel genommen, nicht wissend, dass Spinnler daraufhin tagelang über den Punkt, an dem er sich angegriffen fühlte, brütete. 
Im Seeland wohnte damals auch Dorothee Freiburghaus. Von da aus eröffnete sie 1970 den heute noch existierendenKunstkeller an der Gerechtigkeitsgasse in Bern; mit Werken von Martin Ziegelmüller. Dieser schlug ihr als einen der nächsten Aussteller Rolf Spinnler vor und die Zusammenarbeit wurde über die folgenden 15 Jahre zu einem erstaunlichen Erfolg. Nicht, dass die Berner nun in Scharen Werke von Spinnler gekauft hätten, aber es gibt das Phänomen, dass Sammler zuweilen lieber auswärts kaufen als „zuhause“. Und so kamen insbesondere die Solothurner nach Bern in den Kunstkeller. Es ist eine weitere Besonderheit, dass Rolf Spinnler die längste Zeit seines Lebens in Biel wohnte, daselbst auch beachtet wurde, aber gekauft wurden seine Werke nicht nur, aber primär von Solothurnern. Das erklärt sich zum einen damit, dass Solothurn, ganz im Gegensatz zur Uhrenmacherstadt, eine Tradition des Sammelns kennt. Zum andern, dass in der Region Solothurn zu dieser Zeit nicht halb so viele Künstler wohnen wie im kulturell aufmüpfigen und politisch eher links orientierten Biel. Und die Solothurner sorgten schon immer, und tun dies bis heute, dass Künstler mit Wurzeln im Kanton diesem auch verbunden bleiben. Es kommt als weiterer Punkt hinzu, dass Rolf Spinnler für jene, die ihm zu nahe waren (jene, die hier tausend Anekdoten erzählen könnten) zuweilen schwierig zu ertragen war, während er aus Solothurner Distanz zu einer Art „Van Gogh“ gerann, einem Künstler, der unter seinem Dasein litt und diesem dennoch Bilder von emotionaler Kraft abtrotzte.
Um 1973 tut sich Entscheidendes in Rolf Spinnlers Befindlichkeit einerseits und seiner Malerei andererseits. Im selben Tagebuch, in dem er 1963 von seinen Visionen schreibt, tönt es nun – nach einem Unterbruch von 10 Jahren – so:„Die Diebe, die Betrüger, die Brandstifter, Notzüchtler, Totschläger, kurz die sogenannten Gesetzesbrecher, von deren Untaten ich täglich in den Zeitungen lese. Wie erbärmlich, wie dilettantisch kommen sie mir vor, angesichts ihrer unerreichten Vorbilder aus Staat und Wirtschaft. Deren Konterfeis die Titelseiten der Weltpresse zieren. Welcher Justiz wäre es je in den Sinn gekommen, dass es sich bei diesen klischierten Porträts um Steckbriefe handelt, und welcher Interpol die Dargestellten auf der Stelle zu verhaften?“ Über Seiten hinweg wandelt er seine Wut in Sprache und die Schrift, die 1963 noch so fliessend war, zerfällt dabei sichtlich. 
„Hektik“, schreibt er, „von 24°° bis 24°°, Rock, Beet, Folk, 71587 km Plattenrillen endlos im Kreis kreisend, kreisend und kreisend und kreisend und kreisend von Ätherwellen eingekreist sein immer enger und enger wie Rillen der Platten auf das Plattenzentrum hin….“ Das Aussen ist das Innen, es mag nicht mehr verdauen, was ihm zugemutet wird. „….Die nicht zu überbietenden monströsen Dummheiten aus dem Elektronenhirnen der Werbetexter, diese Vergewaltiger der Sprache und der sprachlichen Begriffe. Und dies Verwenden von Wörtern aus dem Vokabular eines Hölderlin, eines Goethe und wie sie alle heissen mögen, die ein Leben lang rangen um wahrhaftigen Ausdruck, aufs letzte differenziert und gewogen. Diese Sprache nun angewandt, um Pepsi Cola, Papiertaschentücher und Schnellmixer zu glorifizieren, Höhepunkte der menschlichen Schamlosigkeit. Aber Gott ist tot, alles ist erlaubt. Das hätte sich der gute Nietzsche in Sils Marias reiner Bergluft nie vorzustellen vermögen und er hatte grosse Vorstellungskraft. Dies übertrifft die exaltiertesten Vorstellungen des Antichristen. Die Scham ist ausgerottet und mit ihr der gute Geschmack.“
Rolf Spinnlers Glauben an eine bessere Welt, wie sie die Hippie- und Beat-Generation nicht nur in Amerika, sondern auch bei uns trug und beflügelte, ist zerstört. Die 1970er sind nicht nur für ihn, sondern für eine ganze Generation Jahre der Desillusionierung. Die Stichworte sind Vietnamkrieg, Hungersnot in Biafra, die ersten Warnungen vor einem Umweltkollaps, das Erkennen der Spirale um Konsum und Abfall. „Ich empfinde Trauer und Wehmut,“ schreibt Spinnler, „ob der unwiederbringlichen … Erinnerungen an das Schöne, das Hoffnungsvolle der Zeit so zwischen 20 und 30. Seither hat sich so viel geändert in der Welt. … Wir alle sind um unendlich viele Illusionen ärmer geworden. … Nur die meisten tun so, als ob sie davon nicht betroffen wären. … Haben sie sich einen Panzer zugelegt, damit nichts mehr von dem Grauen dieser unmenschlichen Zeit in sie hereindringen kann?“ 
Für die einen wird in der Kunst der 1970er-Jahre kritisches Denken zum Leitfaden, andere fliehen und suchen in verinnerlichten Weltsichten Orte zum Überleben.
Rolf Spinnler macht weder das eine noch das andere – und gleichzeitig beides.

Ein Ausdruck davon ist ein für ihn neues Motiv: Das Stillleben mit totem Tier, sei es ein Fisch, eine Taube, ein Hechtkopf, ein Kuhschädel, ein geschlachtetes Kaninchen. „Natures mortes“ sind seit Jahrhunderten Teil der Kunstgeschichte. Symbolhaft stehen sie für Vergänglichkeit, für die Gegenwärtigkeit des Todes im Leben. Spinnlers „Stockfisch“ von 1969 – ein ausgesprochenes Querformat (50x130cm) in geradezu rembrandtscher Dunkeltonigkeit steht stilistisch im Kontext mit farblich reduzierten, dunkeltonigen Früchte-Stillleben in Öl von 1964/66, die in eigenartigem Kontrast zu anderen Werken der Zeit stehen und in gewissem Sinn auf die Parisbilder der frühen 1950er-Jahre zurückgreifen. Der Stockfisch findet 1970 in einem unterschwellig bereits farbigeren, aber im Vergleich mit den Landschaften der Zeit immer noch vereinzelten Fisch seine Fortsetzung, um dann, ebenfalls 1970, in einem erstenHechtkopf (Tafel XX) stilistisch und farblich an die übrigen Werke der Zeit anzudocken. Es ist ein Herantasten, das 1971 im ersten Stillleben mit Taube spürbar werden lässt, was Rolf Spinnler umtreibt. 

Es geht ihm nicht um eine Versöhnung mit dem Tod, sondern um das Angesicht des Todes, um seine Dramatik, um die brutale Kehrseite des Lebens. Es ist, was man auch in den Kadavern Soutines findet, eine Auseinandersetzung mit dem unumkehrbaren Tot-Sein des Körpers. Vor allem in den Tauben und den Kaninchen kommt das zum Ausdruck.

Praktisch gleichzeitig setzt im Stilistischen eine markante Wende ein. Sprechend ist hiezu eine Erinnerung von Ida Spinnler, wonach der Künstler eines Tages damit begonnen habe, mit zwei Pinseln, später Pinsel und Kreide/Farbstift gleichzeitig zu arbeiten. Dabei habe er mit der rechten Hand die Vertikalen, mit der linken die Horizontalen gesetzt. Somit hatte er im Malprozess quasi beide Hirnhälften, die ja übers Kreuz mit der linken und der rechte Hand verbunden sind, zur Verfügung. Es ist nicht anzunehmen, dass Rolf Spinnler dies konzeptuell einsetzte, aber es bestimmt nicht zuletzt durch die unterschiedliche Agilität, mit der rechte und linke Hand „schreiben“, die Bildsprache mit, wenn auch nicht in allen Bildern im selben Mass. 

In einem Bleistift-Stillleben mit Disteln, räumlich gefasst von Pinselzügen mit lavierender Tusche (Tafel XX), geht Rolf Spinnler 1973 noch einen Schritt weiter, indem er Malerei und Zeichnung direkt verbindet. Bisher gingen die beiden Ausdrucksweisen eigenständige Wege, wobei sich in den vorangehenden Jahren der expressive Zug in der Zeichnung stärker manifestierte als in der Malerei. Nun greifen das Lineare und die Malerei auf einmal ineinander. Der Pinselzug der malenden und die Lineaturen der zeichnenden Hand verschränken sich, ohne indes zu verschmelzen. Es ist als wäre das Eine das Versöhnliche, das Naturgegebene, das Seiende und das andere das Nervige, das Umtriebige der Zeit. Es ist die Begegnung des Lebens an sich mit dem Erleben und der persönlichen Auseinandersetzung damit. Es ist das Ruhende und das Hektische, das Romantische und das Leidende, die aufeinander treffen.

So wird die Malerei ab 1972/73 zur Mischtechnik und als solche zu Spinnlers wohl ureigenster Ausdrucksweise. Die Malerei im bisherigen Sinne gibt es nicht mehr und auch das Ölbild verschwindet nun gänzlich. Expressivität und Gegenständlichkeit, die unmittelbare Intervention der Hand auf der Bildfläche und das überlegte Setzen von Farbe entsprechen in ihrer Gleichzeitigkeit der Befindlichkeit Spinnlers in der Zeit. Seine Ängste, sein Ringen mit der Welt, sein Trauern um verlorene Hoffnungen und zugleich sein ungebrochener Wunsch Bilder für diese Welt zu finden, potenzieren sich. Ob es Landschaften, Objekte im Raum oder Blumen-Stillleben sind, spielt eigentlich nur eine untergeordnete Rolle. Spinnler braucht die Gegenständlichkeit als Verbindung zur Welt, als Anker quasi, ohne indes die Motive im Sinne von Abbildern zur Darstellung bringen zu wollen. Sie sind Vorwand auf dem Weg zum Bild, auf dem Weg zum Spiegelbild des eigenen oder des ersehnten Empfindens von Welt. Dem Künstler selbst ist dieses Ich-Moment nur bedingt bewusst. „Was ist von mir drin?“ fragt er sich beim Betrachten einer Landschaft, „diese Helle und Durchsichtigkeit, fast ohne Erdenschwere. Es kommt mir vor wie eine Überkompensation meiner dunklen Seele. Die Schatten ausgemerzt. Ist hier etwas überspielt worden. Oder drückt es eine Sehnsucht aus, die ins Uferlose geht?“

Eine Sonderstellung haben, neben den Hechtköpfen, den toten Tauben und Kaninchen auch die um 1974 vielfach gemalten Kuhschädel ( Tafel XX), in denen das Inhaltliche und das Stilistische ebenfalls eine direkte Verbindung eingehen und gerade darum so eindrücklich sind. Dass Rolf Spinnler bereits 1973 der Solothurner Kunstpreis zugesprochen wird, ist Ausdruck davon, dass die Erneuerung in seinem Werk früh wahrgenommen wird.

Schon 1971 nimmt das Leben von Rolf Spinnler im Privaten eine Wende. Liliane Bürge wird für die folgenden 14 Jahre zu seiner Lebenspartnerin, wobei zur Gemeinschaft bald einmal eine Dalmatinerhündin stösst. Wenn Spinnler daraufhin zum Spaziergänger wird, so hat das mit Zara zu tun. Liliane Bürge ist in den 1970er-Jahren Garantin dafür, dass Rolf Spinnler um sein psychisches Gleichgewicht kämpft, so weit ihm das möglich ist. Er greift auch seine sportliche Ader wieder auf (als Kind war er ein hervorragender Ringer), nimmt oft das Rennvelo, um damit in Rekordzeit um den Bielersee zu fahren Liliane (nie sprach jemand von ihrem Nachnamen) ist es auch, die Rolf Spinnler wieder vermehrt ermöglicht, ins Tessin zu gelangen Er selbst vermochte schon lange kaum mehr mit dem Zug zu fahren – das Eingesperrtsein war ihm unerträglich – und so wird Lilianes Auto und ihre Bereitschaft Chauffeuse zu sein, zu einem Stück Freiheit für ihn. Das Tessin und Oberitalien sind Rolf Spinnler seit seiner Heirat vertraut und sind vermutlich sowohl bezüglich Lebensgefühl wie landschaftlicher Eigenart so etwas wie ein Kontrapunkt zum Jura, zu Biel, zu Solothurn.

Liliane, so erzählt man sich in Biel, habe auch dafür gesorgt, dass Rolf Spinnler an der Arbeit blieb, nicht verzweifelte an seiner eigenen Selbstkritik, sondern Bilder frei gab für Ausstellungen. Er äussert sich in dieser Zeit auch zu seiner künstlerischen Position: Nachdem er sich spielerisch mit der Abstraktion befasste, schreibt er, „ungegenständlich zu arbeiten, an nichts unmittelbar gebunden zu sein, das ist verlockend – es lockt mich auch. Aber: Ich fühle stark, dass ich ein gegenständlicher Maler bin. Dies ist, so scheint mir, eine wichtige Erfahrung. … Ich litt nie darunter ein „Gegenständlicher“ zu sein. Die gegenständliche Malerei hat unendliche Möglichkeiten. Sie ist nie am Ende.“

Die zweite Hälfte der 1970er-Jahre ist die künstlerisch produktivste Zeit im Leben von Rolf Spinnler. Jedes Jahr bestreitet er ein bis drei Einzelausstellungen und der Kreis der Sammler wächst. Auch kulturpolitisch ist er aktiv, kämpft mit Martin Ziegelmüller und anderen Bieler Kunstschaffenden um eine eigene Bieler Sektion der Künstlergesellschaft GSMBA. Er wird 1976 gar deren erster Präsident (mit Schützenhilfe von Ruth Ziegelmüller, die als Sekretärin amtet, und Rolf Greder, der später die Amtsgeschäfte übernimmt).

Trotz Erfolgen bleibt die Wahrnehmung seines künstlerischen Werkes regional beschränkt. Das ist nicht aussergewöhnlich für diese Zeit; das Bewusstsein für eine Kunstszene Schweiz bildet sich in den 1970er-Jahren überhaupt erst heraus. Aber: Die offizielle Seite, die kunstwissenschaftliche, interessiert sich auch in der Folge nicht für sein Werk. Sein Name taucht weder in überregionalen Anthologien noch in entsprechenden Museums-Ausstellungen auf. Und das hat sich bis heute nicht geändert. Im neuen Online-Lexikon des Schweizerischen Instituts für Kunstwissen-schaft (www.sikart.ch), das auch ein Rating mit einschliesst, hat Rolf Spinnler nur gerade einen Stern. 

Der Grund für diese Fehleinschätzung wurzelt zum einen just darin, dass Rolf Spinnler wenig Museumspräsenz aufzuweisen hat, was das Institut als Kriterium wertet. Zum anderem mag der Grund aber auch darin liegen, dass Spinnler wohl immer vorschnell an seinen Motiven gemessen und damit als „traditionell“, und das hiess uninteressant, eingestuft wurde, ohne zu erkennen, dass Rolf Spinnlers Werk weit darüber hinaus geht. Dass das, was andere Künstler in den 1970er-Jahren zu gesellschaftskritischer oder verinnerlichter Kunst führte, in existentieller Form auch in den Werken Spinnlers enthalten ist. Dass all die energetischen Vibrationen in seinen Arbeiten sowohl an der eigenen Existenz wie an den tradierten Werten der materiellen Welt rütteln und sie in einen Zustand der Reflexion transponieren. Dass jede Linie die dünnhäutige Befindlichkeit des Künstlers in sich trägt und Sprache des subjektiven Empfindens ist, analog den zitierten Äusserungen im Tagebuch von 1973. 

Während die Schweiz Rolf Spinnler nicht zur Kenntnis nimmt, spüren die Künstler und Künstlerinnen in der Region seine Ausstrahlung wohl. Seine Erscheinung, seine Sinnlichkeit und sein Charisma lösen indes Erwartungen aus, die er nicht erfüllen kann. Narziss gleich liebt er zwar seine verführerische „Macht“, zugleich ist sie aber auch sein Drama.„Ich bin ständig auf der Suche nach mir selbst. Unaufhörlich versuche ich mich zu finden. Und immer seltener, scheint mir, gelingt es mir zu mir hinzufinden. – Ich suche und suche, – das macht so müde“, schreibt er am 29. Januar 1979. 

Dennoch sind die Ausdruckskraft von Mensch und Werk ein wesentliches Element. „Bei Spinnler habe ich malen gelernt“, sagt Walter Kohler-Chevalier. Roland Adatte zieht von Solothurn nach Biel, um den Malerfreund öfter zu sehen. Markus Furrer, der zeitweise das Atelier in der Bieler Altstadt mit Spinnler teilt, steht in dieser Zeit in seinem Bann. Ruedi Schwyn meint: „Spinnler war für uns eine Referenz.“ Auch Franco Müller sieht ihn als einen seiner „Väter“. Die Liste liesse sich mit Leichtigkeit verlängern. Die erstaunlichste Verbindung ergibt sich jedoch zu der in Solothurn aufgewachsenen Malerin und Zeichnerin Marie-Theres Amici, die, wie sie sagt, in ihrer Seminarzeit keine von Spinnlers Ausstellungen in Solothurn verpasst habe. Wenn sie heute in Bezug auf Zeichnungsserien – zum Beispiel vom Rheinfall in Neuhausen – sagt: „ Mich interessiert nicht der Rheinfall, sondern das, was ich in mir wahrnehme, wenn ich den Rheinfall anschaue“, dann ist das (ohne dass sich die Künstlerin dessen bewusst wäre), ein Satz, der theoretisch von Rolf Spinnler stammen könnte. Ihr Werk ist eigenständig und kontrollierter, aber da ist auch in ihrer Rhythmik des Strichs etwas von jener seismographischen Energie, die Äusseres in Inneres verwandelt.
1977 findet im Schlösschen Vorderbleichenberg in Biberist eine Retrospektive zu Rolf Spinnlers 50ten Geburtstag statt. Im Begleitkatalog beschreibt Martin Ziegelmüller die Arbeitsweise seines Kollegen: „Rolfs Arbeitsweise ist turbulent. Er arbeitet nervös. Kennt keine Arbeitsteilung. Entwirft, malt, zeichnet, strukturiert gleichzeitig. Hat immer das ganze Bild vor Augen. Ist unerbittlich damit beschäftigt, nichts in seinen Bildern zu belassen, was nicht seiner Vision entspricht. Scheitert darum oft. Beginnt nochmals. Mit sagenhafter Beharrlichkeit glaubt er immer wieder, jetzt gleich könnte er eine unverhoffte Lösung finden.“ Und kommt zum Schluss: „Rolfs Bilder sind elementare Zeugen des Aufeinandertreffens von Altem und Neuem. Es sind Erschütterungen. Ihre Eindrücklichkeit beruht darauf, dass wir gewissermassen dem Entstehen einer neuen Ästhetik beiwohnen“.

Zu den einprägsamen Werken der Malerei der 1970er-Jahre gehören ohne Zweifel die Blumenstillleben, meist Mischtechniken auf Papier und oft Pfingstrosen oder Chrysanthemen in Vasen im Raum zeigend. Es verbinden sich darin gewissermassen die Stillleben mit Gefässen, die er meist „Objekte im Raum“ nannte, mit dem Porträt einerseits, der Aura der Natur andererseits. Nicht zufällig wählt Spinnler volle, satte Blütenköpfe. Ihre erotische Ausstrahlung gibt ihm die Möglichkeit, seine eigene Sinnlichkeit ins Bild hineinzutragen und mit ihren Vibrationen den Bildraum aufzuladen. Und so wie Sinnlichkeit immer auch Schönheit impliziert, kann er in den Blumenstillleben auch seiner romantische Sehnsucht nach etwas Universalem nachgehen. Trotz vielfacher Desillusionierung hat sich Rolf Spinnler immer einen Gott gewünscht, der alles umfasst. „Wie oft möchte ich gläubig sein, gläubig wie ein Kind“ (August 1974). 
Die Stillleben sind indes nicht einfach Wunsch-Projektionen, sie sind ihrer höchst differenzierten und im Bildraum vielfach vernetzten Farbigkeit von komplexer malerischer Dichte, welche die Bouquets zuweilen fast zu Bildnissen machen. Sie entsprechen dem, was Spinnler einmal als das Prinzip Hoffnung definierte hat: „Dass wir Schönheit wieder aussprechen dürfen, ohne einen bitteren Geschmack im Mund zu haben.“ Analog anderen Motiven ist verblüffend, wie Spinnler im Setzen von Farben Licht zu reflektieren und Transparenz zu schaffen vermag. Was er zu Morandi schreibt, ist trotz stilistischer Differenz zugleich seine eigene Vision: „… Morandi hat Transparenz nie mit Dummheit verwechselt. … Seine Bilder sind … voll stillen, starken Lebens. Seine Abstraktion ist nicht Flucht aus der Realität, sondern ein Reduzieren auf das Wesentliche.“
Gemessen am Oeuvre als Ganzes spielen die Stillleben mit Gefässen die zahlenmässig bedeutendere Rolle als die Intérieurs mit Blumen. Doch gerade die Vielzahl macht sie etwas zum Stiefkind. Man wird den Verdacht nicht ganz los, dass sie für Spinnler unproblematischer waren, dass er die immer selben Objekte malend etwas vom Ballast der stets drängenden „Unversöhnheit“ wegschieben konnte. Das macht sie malerisch keineswegs minderklassig, aber die Faszination des Werkes von Rolf Spinnler liegt letztlich in der ergreifenden Kombination von existentiell Drängen-dem und malerischem Ausserordentlichem. Darin unterscheiden sich die Werke Rolf Spinnlers auch von den ebenfalls Zeichnung und Malerei kombinierenden Bildern des Baslers Max Kämpf (1912-1982), mit welchem Spinnler – nicht zu seiner Freude – immer wieder verglichen wurde. Doch Kämpfs virtuose Lineaturen dienen der Charakterisierung der figürlichen Motive nicht der subjektiven emotionalen Interferenz zwischen Gegenstand und Maler. 

Rolf Spinnler pflegte stets einen regen Austausch mit seinem Freundeskreis, aber in gemeinsames Tun, in Gruppenausstellungen mit thematischem Hintergrund zum Beispiel, liess er sich kaum je einbinden. Eine Ausnahme: 1971 malte er zusammen mit Martin Ziegelmüller, Erich Müller-Santis und Marc Kuhn im Kunstkeller in Bern an einem sich während Wochen wandelnden Gemeinschaftswerk. Dass Spinnler theoretisch auch ein gesellschaftsbezogenes, erzählerisches Oeuvre hätte schaffen können, zeigt sich nur in Einzelbildern. Erwähnt sei zum Beispiel das frühe Schulphoto von 1957, die Pique-Nique-Bilder von 1970 und 1975, vor allem aber das TryptichonCosi fan tschutti das Spinnler von einer unerwartet humorvollen Seite zeigt. Allein schon der Vergleich von Fussball- und Opernwelt ist köstlich und Spinnler unterteilt das Bild auch in Chef d’orchestre (den Schiedsrichter), Les solistes(die Spieler) und Le choeur (die Fans). Für einmal wird darin auch auf die französische Sprache verwiesen, die Spinnler aufgrund der welschen Herkunft seiner Partnerin Liliane näher war als gemeinhin bekannt. Hintergrund von Cosi fan tschutti ist eine Ausstellung zum Thema Sport in der Sportschule in Magglingen (1980), die der mit Spinnler befreundete Bieler Künstler Rolf Greder kuratierte. Die Stadt Biel kaufte die 92 x 378 Zentimeter grosse „Opera buffa in zwei Akten“ daselbst an und bis heute hängt das dreiteilige Werk im Foyer der Turnhalle des Gymnasiums am Strandboden. 
Ansonsten markiert das Jahr 1980 eher eine Trendwende hin zu den schwierigen 1980er- und 1990er-Jahren. Schon im Laufe der 1970er-Jahre weilt Rolf Spinnler kurzzeitig in der Psychiatrischen Klinik Waldau. Danach scheint ihm sein Leben „harmonischer“ und in den Notizen finden sich gar hoffnungsvolle Anmerkungen wie: „Ich habe das Gefühl: Nun fängst Du an hineinzuwachsen – neue Türen gehen auf. Ich bin nicht mehr zu halten. Wie in einem Rausch habe ich das Bedürfnis weiterzuarbeiten. Nun etwas Neues zu wagen.“ Doch die Situation kippt schon bald wieder, der Künstler klagt in seinen „Aufzeichnungen“ sowohl über physische wie psychische Beschwerden. Im Januar 1980 schreibt er: „Etwas in mir stirbt täglich. Warum dieser Zwang, körperlich zu leiden, den Tod zu ahnen. Mit dem ich ganz und gar unversöhnt bin. Das Gefühl, dass mir fortwährend etwas Schlimmes geschieht. … Es ist mir, als ob ich nicht mehr lebte. Eine verheerende negative Autosuggestion. … Ich stehe unter ständigem Alarm.“
Wie so oft in Künstlerleben bedeutet eine schwierige psychische Situation nicht ein Absinken der künstlerischen Qualität. 1980 entsteht zum Beispiel die herausragende Serie von Porträt-Zeichnungen des Violonisten Hans Heinz Schneeberger. Und während eines Aufenthaltes am Lago Maggiore malt Spinnler lichtvoll leichte Aquarelle. Die Tendenz ist dennoch eindeutig: Das Nervige, Strichbetonte, Wilde, nur noch knapp Kontrollierte dominiert fortan das Malerische. Die Gefühlsmomente übersetzen sich unmittelbar in die Handschrift. Von 1982 datiert zum Beispiel eine nur noch knapp als Landschaft erkennbare, aus Tausenden von Kreidelineaturen und –schraffuren geformte Arbeit auf Papier: Gelb, Rot, Blau, Weiss, Grün vibrieren in höchster Nervosität, verdichten sich entweder oder sind nur noch als winzige Staccato-Notate sichtbar. Die Redewendung „die Nerven liegen blank“ findet darin ihr Bild; erschütternd und unvergesslich zugleich (Tafel XX)
Rolf Spinnlers Werk erstreckt sich über 40 Jahre. Wie gross es eigentlich ist, wie viele Arbeiten es gibt, weiss niemand. Es existiert kein Werkverzeichnis und die Arbeiten befinden sich primär in Privatbesitz, teils in umfangreichen Sammlungen, teils aber auch vereinzelt hier und dort und anderswo. So ist es zuweilen schwierig, die Produktivität einzelner Jahre zu fassen. Was die frühen 1980er-Jahre anbetrifft, so kann einzig die weiterhin stattliche Zahl von Einzelausstellungen – zum Beispiel im Salon Wolfsberg in Zürich, im Kunstkeller in Bern, im Künstlerhaus S11 in Solothurn, in der Galerie Herzog in Büren zum Hof – als Indiz dafür gewertet werden, dass die Produktion insgesamt respektabel gross bleibt.
Das ist sicherlich nicht zuletzt seinem treuen Freundeskreis zu verdanken. Rolf Spinnler hat, wenn er sich am Abgrund fühlte, stets um Hilfe gerufen, Freunden telefoniert, die meist alles stehen und liegen liessen, um in die Bieler Altstadt zu eilen. „Es kam vor“, so Martin Ziegelmüller mit einem etwas angespannten Unterton, „dass wir schliesslich zu dritt oder zu viert da standen…“. Es ist eine Krux psychisch Kranker, dass sie sich – nicht zuletzt aufgefordert von ihren Psychiatern – immer um die eigene Achse drehen. „Habe schon wieder von meinen Problemen erzählt“, schreibt Rolf Spinnler einmal mit Schuldgefühlen in seinen Aufzeichnungen. Fakt ist, dass die Partnerschaft mit Liliane Bürge darunter leidet. Als sie einmal nach einer Zeit der Abwesenheit zurückkehrt, schreibt Rolf Spinnler: „Ich bin erschüttert von ihrem Leid, von ihrer Zerbrochenheit. Von ihrer Ehrlichkeit. Auch von ihrer Opferbereitschaft, allem und allen gegenüber. Sie sieht so abgekämpft aus, so hilflos. Aber voller Zartheit.“ 
Im Winter 1983/84 nehmen die beiden noch einmal einen Anlauf und verbringen mehrere Monate im Tessin, wo unter anderem eine Reihe von Landschaften entstehen, die Malerisches und Zeichnerisches, Atmosphärisches und Persönliches, Geschautes und Erfühltes in eindrücklicher Art verbinden. Doch im Frühjahr 1985 bricht die Beziehung endgültig auseinander, Liliane Bürge zieht sich zurück. Alle haben Verständnis, aber für Rolf Spinnler ist es der Abgrund. Alkohol und Depression ziehen ihn nun ganz in seinen Bann bis der Arzt Rolf Spinnler schliesslich ins Pflegeheim Worben einweist. Nach seiner Rückkehr nach Biel bemüht er sich um einen Wiedereinstieg; es entsteht eine etwas singulär im Werk stehende Serie meist kleinformatiger Mischtechnik-Collagen, die vielleicht indirekt eine Antwort sind auf die Klage „es will sich nichts zum Ganzen fügen“. Doch der Künstler kann sich nach wie vor aufbäumen. 1986 schafft er die politischsten Arbeiten in seinem Werk. Nach dem Chemie-Unfall in Schweizerhalle bei Basel malt, zeichnet er unter anderem ein 76 x 100 cm grosses Bild, in dem eine mit einem weissen Todeskreuz markierte Schmetterling-Rakete mit Wucht auf ein Stück Rasen zusteuert. Bedürfte es eines Beweises, dass Rolf Spinnlers Schaffen immer auch Reaktion auf beunruhigende Ereignisse in der Aussenwelt ist, so könnte diese Arbeit dafür stehen. Im konkreten Fall ist sie indes auch Spiegel der Befindlichkeit des Künstlers, dessen psychische Stabilität für eine tragende Reintegration ins soziale Leben nicht ausreicht. Seine neue Lebenspartnerin Ursula Jenni ist ihm zwar anfänglich eine Stütze, doch mehr und mehr werden die beiden „wie zwei Ertrinkende, die sich aneinander klammern“ (Katrin Spinnler). Es kommt zu den ersten stationären Aufenthalten in der psychiatrischen Klinik in Bellelay (1989-1993). Der längeren Rückkehr nach Biel folgt 1997 schliesslich die definitive Einweisung in die Klinik, nurmehr unterbrochen von einem längeren Aufenthalt in einer betreuten Wohngemeinschaft in Reconvilier.
Während er in Worben keine Möglichkeit findet, bildnerisch tätig zu sein, bemüht man sich in Bellelay, Rolf Spinnler eine Art Atelier zur Verfügung zu stellen und ihn zu animieren, sein künstlerisches Werk fortzusetzen. Um 1989 entsteht eine herausragende Serie von Landschaften – offenbar ist ihm die Landschaft das offenste Gefäss innerhalb seiner Motive. Die Jurahöhen tragen zugleich die Erfahrung des Malers in sich wie sie auch darüber hinaus gehen und zu komplexen energetischen Feldern werden. Beeindruckend ist, wie die zum Chaos hin tendierenden Lineaturen, die von wenigen formgebenden Elementen getragen sind, bezüglich Farbigkeit nicht etwa nivelliert erscheinen, sondern parallel zur Nervosität an Reichtum gewinnen. 
Landschaftsmalerei gibt es in der öffentlich diskutierten Schweizer Kunst dieser Zeit kaum. Gian Pedretti (geb. 1926) wäre zu erwähnen, doch wird er von offizieller Seite genauso ungenügend beachtet wie Rolf Spinnler. Ansonsten malt kaum jemand wichtige Landschaften in den 1980er-Jahren; Jean-Frédéric Schnyders (1945) expressive Berner Öl-Veduten der Zeit haben einen so anderen Hintergrund, dass man sie nicht mit Spinnler vergleichen kann. Die expressive Malerei der Zeit ist primär eine erzählerische nicht eine „abstrakte“, was erstaunlicherweise sagt, dass nun Spinnler der Abstrakte ist, im Gegensatz zu den figürlichen „Wilden“. Sucht man nach Vergleichbarem, kommt einem viel eher Cy Twombly (geb. 1928) in den Sinn , welcher sich – wie Spinnler – dem Linearen anvertraute und Befindlichkeit notierte. Twombly ist freilich stets lyrischer (literarischer auch). Oder es tauchen die Lineaturen des Zugers Josef Herzog (1939 – 1998), die ebenfalls ganz auf die Regungen des (inneren) Momentes hören, in der Erinnerung auf, auch wenn sie sehr viel bewusster gesetzt sind als Spinnlers nervöse Vibrationen. Spinnler selbst machte in dieser Zeit wohl keine Vergleiche mehr, für ihn sind die Juralandschaften – und das braucht keiner gesonderten Beweisführung -– Fortentwicklungen seines bisherigen Schaffens. Vielleicht ist es ein Glück, dass er nun nicht mehr jedes Blatt wieder und wieder bearbeiten konnte „bis es in der Farbe versoff“, wie er einmal notierte, sondern immer neu beginnt.

1987 findet im Kunstmuseum Solothurn die erste grössere Museumsausstellung Rolf Spinnlers statt. Es handelt sich um eine Doppelpräsentation zusammen mit Rosa Wiggli. Dazu erscheint nur gerade ein kleiner Katalog. Vielleicht ist es auch nicht der richtige Zeitpunkt. Man hat auch im Text von Andreas Meier, der 1991 für das Buch Begegnungen im Atelier entstand, den Eindruck, Rolf Spinnler sei für Aussenstehende zum „Unantastbaren“ geworden: „Ich habe lange gezögert“, beginnt er, „mich mit Rolf Spinnler zu treffen. Angst vor der eigenen Ungeschicklichkeit, auf den Kranken und oft nicht Ansprechbaren zu reagieren, ohne zum Fordernden zu werden, blockierte mich.“ 

In den 1990er-Jahren entstehen erstaunlicherweise noch einmal eine stattliche Zahl von Objekten im Raum. Sie stehen im Mittelpunkt der Ausstellung im Palais Besenval in Solothurn, 1997. Die Qualität dieser Arbeiten deutet bedauerlicherweise darauf hin, dass Rolf Spinnler in dieser Zeit nicht mehr auf dem Zenith seiner Fähigkeiten ist. Dass er die Motive „nicht gesehen hat“, wie er es 1963 formulierte. In der teilweise retrospektiv und breit angelegten Ausstellung in der Abbatiale von Bellelay von 1998 kommt die Kraft des Künstlers hingegen wieder zum Tragen, auch wenn die Inszenierung der Ausstellung nicht restlos überzeugt. Zu sehen sind hier auch die wohl letzten Arbeiten des Künstlers, Jurasichten in Mischtechnik, in denen sich das Nervöse, „Chriblige“ etwas gelegt hat zugunsten einer stärkeren Modellierung der Landschaft, die dadurch noch einmal zur Malerei hin tendiert und trotz ihrer Fahrigkeit eine glühende Farbigkeit entwickelt, die beinahe den Bogen schliesst zu den expressiven Bündner Landschaften der 1950er-Jahre.

Im Laufe der Jahre erschienen einige kleinere Publikationen zu Rolf Spinnler. Zu Bellelay legt nun ein privates Komitee mit Theo Schüle aus Plagne als Initianten erstmals eine grössere Publikation vor. Leider wird die Gelegenheit zu einer vertieften, kunsthistorischen Auseinandersetzung mit dem Werk aber verpasst. Immerhin legen aber die zahlreichen Abbildungen die Basis zur weiteren Beschäftigung mit dem Werk Rolf Spinnlers. Auch Biel besinnt sich quasi in letzter Minute auf die Bedeutung von Rolf Spinnler für das Kunst- und Kulturleben in der Stadt und verleiht ihm 1999 den Kulturpreis der Stadt Biel. 
Sechs Jahre nach dem Tod des Künstlers im Jahre 2000 kann das Werk nun erstmals im Überblick betrachtet, gewertet und gewichtet werden.