Kunstschaffende aus Korea im Centre PasquArt in Biel 2006

Die Natur als Quelle für die Kunst Koreas

www.annelisezwez.ch     Annelise Zwez in Bieler Tagblatt Juni 2006

«Simply Beautiful» ist der Titel der Austellung mit zwölf Kunstschaffenden aus SüdKorea im CentrePasquArt in Biel.

Man muss sich in Acht nehmen, dass man nicht entschwebt, denn was die elf Koreanischen Künstler und ihre einzige Kollegin in sämtlichen Räumen des CentrePasquArt in grosszügiger Inszenierung zeigen, ist «simply beautiful». Die Schönheit der Natur, wie sie sich in buddhistischer Einfachheit in den malerischen, zeichnerischen, fotografischen und installativen Werken zeigt, peilt die Seele unmittelbar an und scheint ihr zu geben, wonach sie sich sehnt: Gefühle von Ruhe, Harmonie und kosmischer Ordnung.

Spätestens seit den späten 1960er-Jahren ist fernöstliche Spiritualität für den Westen zur Sehnsuchts-Projektion geworden. In vielen wichtigen Kunstwerken von John Cage über Wolfgang Laib bis Franz Gertsch spiegeln sich asiatische Einflüsse.

Man kann sich darum fragen, ob die der Universalität der Natur zugewandten Werke der Koreanischen Kunstschaffenden, die nun im PasquArt zu sehen sind, quasi die Originale dazu seien. Vielleicht ein Stück weit ja, indem die Kunstschaffenden ihre Inspiration direkt der über Jahrhunderte gewachsenen Tradition entnehmen. Gleichzeitig stehen die Werke mit ihrem bewussten Bekenntnis zur Natur als Quelle allen Lebens aber genauso in Kontrast zu einem von Hektik und Elektronik erfüllten Grossstadt-Alltag wie bei uns. Aber für Koreanisches Empfinden schliesst die Liebe zu den Urkräften der Natur ein Leben mitdigitaler Dauerberieselung offenbar nicht aus. Darum ist ihr künstlerischer Ansatz nicht ein demonstrativ kritischer (wie im Westen), sondern ein bejahender und als solcher Ausdruck einer Quelle der Kraft.

«Je mehr ich anfüge, desto leerer wird die Skulptur», sagt Cheong, Kwang-Ho. Seine gross-formatigen Blätter und Blumen sind aus feinstem Kupferdraht geformt und zeigen nur die Blatt-rispen, sodass der Leerraum im Innern immer grösser wird, je mehr er anfügt. Dass er mit Leerraum geistigen Raum meint, mit Leere Öffnung zum Universum hin, wird im Dialog mit den Arbeiten spürbar. Nicht unwichtig ist dabei die Verwendung von Energie leitendem Kupferdraht.

Was diese Arbeiten mit allen anderen verbindet, ist der Faktor Zeit. So wie die Natur Zeit braucht, um sich zu entfalten, setzen alle Künstler Techniken ein, die enorm zeitaufwändig sind. Mehr noch, sie empfinden die eingesetzte Zeit als unabdingbar für die Intensität der vielfach grossformatigen Werke. So setzt sich der figürliche Schatten auf einem von oben gesehenen Landschaftsrelief aus Tausenden von Nägeln zusammen, ohne dass dies auf Distanz sichtbar wäre, vielmehr ergibt sich der Eindruck eines riesigen Waldes, der zugleich Mensch ist (Won, In-Jong). Zeit braucht aber nicht zwingend Handwerk zu bedeuten. Die Pastelle «In Praise of Slowness» von Choi, Insu zeigen subtile Farbakkorde, die der Künstler in wochenlangem Dialog mit einem Entwurf herausdestilliert, schliesslich aufs Blatt überträgt und dann mit einer einzigen, schnellen Linie für abgeschlossen erklärt.

Aus der Tradition schöpfen heisst nicht in althergebrachten Medien arbeiten. Im Gegenteil, zu den herausragenden Werken gehören die Fotografien von Bae, Bien-U. Seine C-Prints – zu nennen ist die Serie der Pine Trees – schöpfen die Farben zwischen Schwarz und Weiss aus, als wäre die Fotografie Malerei. Interessant ist der mehrfache Einsatz von lackierender Firnis, wie sie in asiatischem Kunsthandwerk Tradition hat. Toh, Yun-Hee zum Beispiel nutzt die glänzende Firnis, um ihren mikrokosmischen Zell-Teilungen Fenster-Charakter zu geben. Und auch Moon, Beom nutzt die Firnis, um seine scheinbar aus alten asiatischen Darstellungen wachsenden, feurig-rotgelben und violett-weissen Landschaften in spiegelnde Objekte zu verwandeln.

Die Ausstellung «Simply Beautiful» kam durch die Zusammenarbeit mit der Freilichtausstellung Art Canal, die ebenfalls Werke einer Reihe Koreanischer Kunstschaffender zeigt, zustande. Hier wie dort ist die in Seoul tätige Laurencina Farrant-Lee Initiantin und Vermittlerin. Die Koreanerin hat sich mit ihrer Firma «Geoffrey’s LTD» zum Ziel gesetzt, in Korea lebende Kunstschaffende international zu positionieren. Via Schweizer Botschaft kam es zu den entsprechenden Kontakten.

Ihre Auswahl zeigt einen wichtigen Aspekt Koreanischer Kunst: jenen, der mit der Natur in Dialog steht. Selbstverständlich ist die zeitgenössische Kunst in SüdKorea als Ganzes stilistisch breiter gefasst, doch die Qualität der in Biel gezeigten Arbeiten macht deutlich, dass der Naturaspekt von grosser Bedeutung sein muss. Dafür spricht nicht zuletzt der Generationenmix, der Künstler zwischen 40 und 65 Jahren zeigt. Dass die Präsenz von Künstlerinnen in SüdKorea ähnlich klein ist wie in anderen asiatischen Ländern, zeigt das Verhältnis von 1 : 11.

Angereist: Sieben der zwölf Kunstschaffenden aus Korea weilen zurzeit in Biel. Es sind dies: Toh Yun Hee, Lee Jae-Sam, Won In-Jong, Kim Taek-Sang, Kim Jongku, Choi Insu und Lee Jae Hyo, in dessen eindrücklicher Installation sich die Kunstschaffenden präsentieren.