Die Kunsthalle Bern zeigt ihre eigenen Kunst – Mittelland Zeitung  23. März 2007

Was die Sitftung Kunsthalle Bern in 20 Jahren angekauft hat, ist ein Stück Geschichte der Gegenwart. Als „work in progress“ werden jetzt die Werke von Kim Sooja bis Chloe Piene erstmals öffentlich gezeigt.
In den 1980er-Jahren ging ein Ruck durch die Berner Kunstszene. Die Hauptstadt müsse endlich ein Museum für Gegenwartskunst eröffnen. Während auf der Politbühne seither verschiedenste Projekte auf- und abtauchen, wurde im Hintergrund für das Museum der Zukunft gesammelt. Von der „Stiftung Kunst heute“ mit Donald Hess als Financier einerseits, von der Stiftung Kunsthalle Bern mit Männern wie Hahnloser, Jolles und Jordi andererseits. Das Konvolut von „Kunst heute“ gehört inzwischen dem Kunstmuseum. Die Stiftung Kunsthalle, die immer auch als kulturpolitischer Motor auftritt, will hingegen das Heft ihrer Sammlung nicht aus den Händen geben.

Mehr als zwei Millionen Franken hat die aktuell von Jobst Wagner präsidierte und von gut 60 Gönnern alimentierte Stiftung in den letzten 20 Jahren für Kunst der Gegenwart im Spiegel der Aktivitäten der Kunsthalle eingesetzt. Die 82 Objekte, Bilder, Foto- und Videoarbeiten der Sammlung waren alle in der Zeit von 1987 bis heute im Rahmen von Einzel- und Gruppenausstellungen in der Kunsthalle zu sehen. Zum Ankauf vorgeschlagen wurden sie von den jeweiligen Direktoren, das heisst von Ulrich Loock (1985-1997), Bernhard Fibicher (1998-2004) und Philippe Pirotte (seit 2005).

Regelmässige Besucher der Kunsthalle Bern werden somit in den vier sich bis 20. Mai 14-täglich wandelnden Sammlungspräsentationen Momente ihrer eigenen Erinnerungen wieder finden; Kim Soojas vier-teilige Videoprojektion „Needle woman“ zum Beispiel, Luc Tuymans Tryptichon „Ice“, Franz Wests „Passstücke“, Anne Katrine Dolvens Zigarette rauchendes Porträt. Oder Cristina Iglesias Raum-Skulpturen, Christian Marclays „White Noise“ und Chloe Pienes „Blackmouth“-Video.

Die jeweils aktuelle Ausstellung in Kombination mit dem kontinuierlich à jour geführten Sammlungskatalog, der Info-Lounge mit den Ausstellungskatalogen sowie der neu aufgeschalteten Website (www.kunsthalle-bern.ch) erlauben jederzeit einen Blick aufs Ganze. So kann man bereits jetzt festhalten, dass die Stiftung Kunsthalle Bern ihr Anlagevermögen mit gutem Gespür eingesetzt hat, künstlerisch und angesichts eines boomenden Kunstmarktes finanziell obendrein. Man denke etwa an die gestiegenen Preise für Werke von Bethan Huws, Harald Klingelhöller, Julian Opie, Maria Lassnig, Rémy Zaugg und anderen. Heutzutage müsse man mit Risiko kaufen, meinte Philippe Pirotte an der Pressekonferenz, nicht zuletzt weil nur „eine Sammlung mit Herz“, wie sie jene der Stiftung charakterisiere, Sinn mache.
Aktuell, das heisst bis 1. April, sind sechs grosszügig präsentierte Video- und Film-Arbeiten zu sehen. Seit der Ära Fibicher hat die Stiftung zahlreiche „bewegte Bilder“ angekauft, darunter die präsentierten von Corey Mc Corkle (USA), Chloe Piene (USA), Stéphanie Smith/Edward Stewart (GB), Tracey Rose (SA), Michel François (B) und Mark Lewis (USA). Was die Arbeiten miteinander verbindet, sind einerseits Versuche von „Selbstentgrenzungen“ – von der Nachtfahrt bei Smith/Stewart bis zum Abstieg in den kulturlosen Raum (Chloe Piene) – andererseits Beobachtungen zum Geschäft mit dem Körper als verfügbare Ware (Mc Corkle, Mark Lewis); eine durchaus spannende Kombination.

Es gehe nicht um eine museale Präsentation, betonen Philippe Pirotte und seine Assistentin Elfriede Schalitz, sondern, darum, die Werke der Sammlung in neuen Kombinationen zu diskutieren. Der zweite Teil werde eher reduziert ausfallen, der dritte Raum und Architektur betonen und der vierte Konzeptuelles in den Mittelpunkt stellen, sagen sie und betonen die Bedeutung des Rahmenprogramms mit zahlreichen Gesprächen (u.a. mit den ehemaligen Direktoren), aber auch einem Festival Neue Musik.