Suzanne Castelberg Espace libre Biel_Bienne 2007

Abschied Klöti_Weilenmann

www.annelisezwez.ch                            Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 8. Februar 2007

Im Espace libre lässt Suzanne Castelberg ein Meer aus Kartonschnipseln in Wind- und Wasser-Tönen wogen. Es ist die letzte Ausstellung de Kuratorenduos Klöti/Weilenmann.

Zwei Jahre  haben die Berner Kunsthistorikerin Katrin Weilenmann und der Bieler Architekt Hans Klöti den Espace libre der Bieler Künstlergesellschaft „visarte“ kuratiert. Jetzt haben sie bereits genug. In einem floskelhaften Communiqué schreiben sie: „Wir sind überzeugt, dass der Kunstraum als Gegenpol zu einem Museum oder einer Galerie von frischen Impulsen….lebt. Mit dem Wechsel wollen wir der Wandlung und Erneuerung Platz bieten.“ Fakt ist, dass die beiden zwar mehrheitlich sehr gute Künstler und Künstlerinnen für eine ortsspezifische Installation in Biel gewinnen konnten – erinnert sei an die „Farbwalze“ von Thomas Heimann oder die „Killerbienen“ von Anna Roldan – dass jedoch die Leistung, die sie im Bereich der Vermittlung erbrachten, bescheiden war; es gab kein spürbares Feuer und damit auch keine Flammen.

Es ist darum nicht nur ein Verlust, wenn die beiden nun zurücktreten. Vielleicht wird der Wechsel gar zum Glücksfall, denn drei erfahrene Bieler Kunstschaffende haben sich bereit erklärt, die Leitung zu übernehmen: Pat Noser, Lorenzo le kou Meyr und Monika Loeffel. „Wir wollen die Geschicke des Espace wieder näher an die visarte anbinden“, sagt Vorstandsmitglied Pat Noser, „und das ursprüngliche Konzept des Espace als Ort des Austauschs mit Kunstschaffenden aus anderen Regionen der Schweiz erneuern.“ Bis das läuft wird es allerdings 2008 werden, denn das Jahresprogramm 2007 steht bereits. Es wird unter anderem Installationen von Urs Cavelti, Bettina Wachter und Michael Medici bringen.

Im Schaffen der Bieler Künstlerin  Suzanne Castelberg (geb. 1963) geht es immer wieder ums bewusst machen von Leben als interaktivem Feld, in dem, wie sie sagt, das eine stets auf das andere wirke: „Die Zeit auf den Klang auf den Raum auf den Körper auf den Geist auf die Seele auf die Zeit“. Das Material hiefür war ihr in den letzten Jahren vor allem Karton. Indem sie damit Höhlen baute oder Dinge bis hin Räumen einkleidete, versuchte sie Da-Sein in grösseren Zusammenhängen sichtbar zu machen.

Erinnert sei an die Installation „My home is my castle“ in der Galerie 25 in Siselen (2003) oder an die Verkleidungen im Rahmen der „Zehn Gebote“ in der Stadtkirche (2002).

Der Titel ihrer Installation im Espace libre, „Unendlich endlich“, tönt an, dass es auch hier um diese Thematik geht. Kein anderes Material werde so konsequent recycliert wie Karton, sagt die Künstlerin, immer und immer werde wird aus altem Karton neuer Karton, würden Schachteln wieder zu Schachteln und mit jedem „Neu“ setze sich eine alte Geschichte fort.

Umgesetzt hat Suzanne Castelberg diesen Gedanken indem sie beim Stanzen oder Bedrucken anfallende Schnipsel, die in den einschlägigen Unternehmen in Kuben gepresst werden, auseinandergezogen und auf dem Boden des Espace respektive dem Aussenraum davor ausbreitete, „als wäre es ein Meer, in dem man waten kann“. Ist es draussen brauner Wellkarton, nutzte sie im Inneren den helleren Graukarton als Basis und bedruckte Schnipsel als Oberfläche. Das gibt dem Innenraum eine malerische Note, rot, blau, gold, silber leuchten im Licht auf.

Damit das Ganze nicht romantisch wird, sondern Ecken und Kanten behält wie das zu Suzanne Castelberg gehört, wird der Raum kontinuierlich von digitalisierten Stimmen, Geigentönen und Wassertropfen „zerschnitten“.  Castelberg tritt auch als zeitgenössische Musikerin auf. Für den Espace hat sie zusammen mit der Violinistin Ursula Grossenbacher ein einstündiges Programm aufgenommen, das zwischendurch etwas Ruhe erlaubt, dann aber wieder schrill und scharf auf die nicht nur weiche Seite des Lebens und seiner Dynamik hinweist.

Castelbergs Installation ist durchdacht, das ist ihre Stärke. Die Frage, ob sie emotional genügend packt, um bei den Besuchenden unmittelbar Lust am Mitdenken auszulösen, ist eine andere. Irgendwie bleibt die Arbeit trocken und so bleibt auch eine gewisse Unsicherheit, ob denn das Angedachte, das Konzeptuelle auch wirklich in der Installation selbst enthalten sei, ob eventuell nur der Kopf angesprochen sei und nicht, wie von der Künstlerin erhofft, der ganze Körper; ein entscheidendes Moment in der Kunst.

Info: „unendlich endlich“ dauert bis 4. März 2007 (Finissage mit Live-Auftritt Castelberg/Grossenbacher). Di-Fr 14-18,Sa/So 11-18 Uhr.

 

Box

Low Budget

Der Espace libre ist ein Low Budget-Kunstraum.

Die Kuratoren und die Kunstschaffenden arbeiten gratis.

Von der Stadt Biel erhält der Espace eine Subvention von 10 000 Franken an die laufenden Unkosten.

Obwohl unverkäufliche Installationen erwartet werden, muss jeder Ausstellende einen Beitrag von 400 Franken an die Kosten von Einladungskarten, Versand, Vernissage etc. entrichten.

Mit etwas Glück und Hartnäckigkeit findet er oder sie hiefür eventuell einen Sponsoren.