Franz Wanner in der Galerie Silvia Steiner in Biel 2008

Schafft mit Farbe im Raum Natur

www.annelisezwez.ch  Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 18. November 2008

Franz Wanner ist eine schillernde Figur, Maler und Theoretiker, radikal in seiner Haltung und dennoch als Künstler überzeugend. Und: Er stellt fast nur in Biel aus, bei Silvia Steiner.

azw. Nach Malewitsch, Mondrian, Barnett Newman und Ad Reinhardt sei die Malerei abgeschlossen, sagt der Schweizer Maler Franz Wanner (geb. 1956 in Luzern). Das einzige, was er heute noch beitragen könne, sei an die Malerei zu erinnern indem er an die Wurzeln zurückgehe.
Das tut der bewusst abseits urbanen Lebens in Walenstadtberg wohnhafte Künstler, indem er mit trockenen Baustoffen, wie zum Beispiel Ziegelschrot, und Pigmenten auf ungrundierte Jute oder Leinwand malt. Die krustige Beschaffenheit der Bilder erinnert dabei an das Vorkommen der Malmaterialien in der Natur.

„Der Maler kann nichts erfinden“, sagt Wanner, „er kann nur finden“. Das heisst in seinem Fall, die Grenze zwischen amorpher Fleckenlandschaft und gespeichertem Naturbild ausloten. So, dass sich unverhofft der Eindruck eines Wasserfalls, eines Bergsees oder einer Tanne am Berghang zeigt. „Mich interessiert nicht das Naturbild“, präzisiert der Künstler, „ich will nur das aufgespannte Leinwand-Rechteck bearbeiten“. Und weiter: „Kunst ist eine rein formale Angelegenheit, Gefühle haben da nichts zu suchen und Soziales schon  gar nicht.“

Franz Wanner, der jede Woche einmal nach München reist, um daselbst an der Akademie „Malerei“ zu lehren, vertritt eine ausgesprochen radikale Haltung. Er spricht lieber von Michelangelo als von Joseph Beuys, den er als „Missver-ständnis“ bezeichnet. Thesen können kontraproduktiv sein, dann, wenn die Qualität der Kunst nicht den Worten entspricht. Das aber ist bei Franz Wanner, der in den 1980er-Jahren als junger Hoffnungsträger galt und dann weitgehend von der Bildfläche verschwand, nicht der Fall. Seine Malerei hat gerade durch ihre Ambivalenz zwischen Gegenständlichkeit (Landschaft) und Informel eine ganz eigene Faszination.

Barnet Newman, so  Franz Wanner, habe stets gesagt, der richtige Abstand des Betrachters zum Bild betrage 1.20 Meter. Prüft man diese These an Wanners Malerei, staunt man (zumindest bezüglich der Grossformate), denn diese Distanz ist exakt der Punkt, wo die Farbflecken und Pinselzüge in die  Erkennbarkeit des Motivs kippen, wo – als Beispiel –  die blauen Senkrechten zu fallendem Wasser werden. Das ist nicht nur optisch spannend, sondern beinhaltet auch eine Fülle von Fragen zum Thema der Bildwahrnehmung, der Verbindung von Auge und Gehirn respektive Bildgedächtnis.

Vielleicht verbirgt sich darin auch die Erklärung auf die Frage an den Künstler, wann er denn ein Bild als fertig betrachte. Da sagt Wanner nämlich lapidar: „Wenn es mich anschaut“.  Vorher befrage er das Rechteck, das er bearbeite, dann, wenn es fertig sei, gebe es Antwort.

Obwohl Wanners Malerei zweifellos eine eigenständige Position vertritt, ist der Künstler nurmehr Insidern bekannt. Vor vier Jahren stellte er zusammen mit Kurt Sigrist in Biel aus – seither einmal Varese, aber sonst kaum. Er male ja auch nur etwa 15 Bilder pro Jahr, sagt er. Und: „Was heute im Kunstbetrieb läuft, interessiert mich nicht, ich habe schon 20 Jahre keine Kunstzeitschrift mehr angeschaut“. Das glaubt man ihm zwar nicht, aber er betont damit seine Abseits-Haltung, wobei er mit einer solchen auch ein wenig kokettiert. Silvia Steiner hat nicht losgelassen und den Künstler überzeugt; mit der Folge, dass sie ihn als Galerie nun praktisch exklusiv vertritt.

Info: Franz Wanner, Galerie Silvia Steiner, Seevorstadt 57, 2502 Biel-Bienne. Bis 13. Dez. Mi, Do, Fr 14-18 Uhr, Sa 14-17 Uhr. Apéro: So 30. Nov. 11-13 Uhr.