„Helio“ (Heligravur) Photoforum PasquArt Biel 2008
Die erweitere Dimension der Fotografie
www.annelisezwez.ch Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 11. September 2008
Die Heliogravur ist eine Tiefdruck-Technik, die der Fotografie experimentelle Dimensionen öffnet. Eines der schweizweit bekanntesten Ateliers hiefür ist in Moutier und ab heute Gast im Photoforum PasquArt.
Auch nach einem Kurzlehrgang mit Michèle Dillier und Arno Hassler im Atelier de Gravure de lAJAC in einer ausgedienten Fabrik-Liegenschaft in Moutier, ist die Technik der Heliogravur immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Licht, Papier, Pigmente, Chemikalien, Wasser, UV-Strahlen, Kolophonium, Kupfer, Tusche, Tücher….es ist ein langer, kaum fassbarer Vorgang, bis aus einer Fotografie oder direkt belichteten Gegenständen schliesslich eine Heliogravur auf dem Drucktisch liegt.
Gerade die vielen Schritte machen indes Experimente möglich, welche die Heliogravur zu mehr machen als einer Reproduktionstechnik. Und das ist einer der Gründe, warum sich seit den späten 1980er-Jahren wieder mehr und mehr Kunstschaffende für diese alte Technik interessieren; Fotografen vor allem aber auch aus anderen Sparten.
Die Ausstellung Helio im Photoforum PasquArt zeigt anhand von dreizehn in Moutier gedruckten Werkzyklen darunter solche von Jacques Bélat, Jean-René Moeschler, Markus Raetz, Hyromi Miyamoto und Studer/Van den Berg das Spektrum der Möglichkeiten. Einen inhaltlichen roten Faden gibt es nicht; dennoch ist das Moment der Natur, vom gebrochen Zweig über die Landschaft, das Meer, die Berge und den Wald bis zum Mann auf dem Mond, erstaunlich dominant.
Zu unterscheiden gilt es insbesondere den Bildprozess bis zur Relief-Ätzung der Kupferplatte, denn von da an ist die Heliogravur eine ganz normale Aquatina. Vorher jedoch bringt der eine Künstler zum Beispiel der bekannte Bündner Fotograf Guido Baselgia auf transparente Folie übertragene Fotografien ins Labor, während der andere mit nichts im Moutier eintrifft und direkt auf dem mit einer Gelatineschicht bestrichenen und in einem chemischen Bad lichtempfindlich gemachten Pigmentpapier das Bild inszeniert. Cécile Wick zum Beispiel arbeitet mit Blumen und Zweigen, die sie so arrangiert, dass die Naturzeichen und ihre Schatten in einen der Physik quasi entzogenen Dialog treten.
Was die einzelnen Kunstschaffenden fasziniert, ist sehr unterschiedlich. Für den Perfektionisten Baselgia ist die samtene Halbton-Oberfläche der Heliogravur ein Mittel, um Nah- und Fernaufnahmen in verlassenen Weltgegenden zu einer
Einheit zu führen. Der Aargauer Konzeptkünstler Max Matter hingegen sucht in der direkten Arbeit mit dem Licht eine spielerische Erweiterung der Phänomenologie der Welt. Er tränkt gefaltete Seidenpapiere mit dem Wort hell (im Englischen Hölle, im Finnischen Glück), belichtet sie auseinandergefaltet in unterschiedlichem Mass, sodass auf dem Fotopapier halb gezielt, halb zufällig eine Mischung aus Ornamentik, Schärfe und Unschärfe entsteht und so Aesthetik und Symbolik verbindet.
Im Atelier in Moutier, weitab vom Mittelland-Alltag, herrscht eine Atmosphäre, die neue Ideen Raum gibt, sagt Max Matter im Film von Gabriel Studerus, der die Ausstellung im Photoforum hervorragend ergänzt. Der junge Filmer lässt die beiden das Atelier Betreibenden zu Wort kommen, zeigt sie bei der Arbeit, macht aus dem Dokumentarfilm aber dennoch keinen didaktischen Lehrgang.
Michèle Dillier (Biel) und Arno Hassler (Zürich, früher Moutier), die beide auch als Kunstschaffende in Erscheinung treten, führen das vom Kanton Jura und dem Kanton Bern subventionierte Druck-Atelier der AJAC (Association Jurassienne de lAnimation culturelle) seit den 1990er-Jahren. Sie bieten Interessierten aus der Region und darüber hinaus, aber auch Editionen wie dem Verein für Originalgrafik die Möglichkeit in enger oder offener Betreuung und mit unterschiedlichen Finanzierungsstrukturen kleine oder grössere Grafik-Zyklen zu drucken. Seit rund 10 Jahren hat dabei die Heliogravur eine besondere Stellung. Ein Industrie-Drucker lehrte uns damals die Grundprinzipien, erzählen sie, den Rest hätten sie sich durch learning by doing angeeignet. Dabei sei ihnen der Spielraum des Experimentellen besonders wichtig.
Zu diesem Bereich gehört auch der Umgang mit Farbe, denn hier kann, zum Beispiel durch zwei Platten, Fotografie und Druckfarbe so kombiniert werden, wie dies kein anderes Verfahren möglich machen würde. Sehr schön ist das zum Beispiel in den in nächtliches Blau getauchten Waldszenerien von Claudio Moser zu sehen oder auch in der durch das Überdrucken der Komplementärfarben Orange und Blau erreichten Künstlichkeit in den Landschaften von Cécile Wick.
Info:
Mit Heliogravuren vertreten sind: Guido Baselgia, Jacques Bélat, Charles-François Duplain, Wolfang Laib, Max Matter, Jean-René Moeschler, Claudio Moser, Hiromi Miyamoto, Markus Raetz, Reto Rigassi, Studer/Van den Berg, Hans Ruedi Wehren, Cécile Wick.
Dauer der Austellung: Bis 30. November
Öffnungszeiten: Mi-Fr 14-18, Sa/So 11-18 Uhr