Mirjam Gottier, Li Duenner, Alte Krone Biel

Junge Bieler Künstlerinnen

Annelise Zwez, Bieler Tagblatt, 03. Februar 2008

In Städten ohne Kunsthochschulen sind junge Kunstschaffende vielfach rar. Umso erfreulicher ist der Auftritt von Li Duenner (32) und Mirjam Gottier (25) in der Alten Krone im Ring.



Obwohl Li Duenner und Mirjam Gottier ein gemeinsames Atelier haben, sind es zwei Einzelausstellungen, die bis zum 23. Februar in den Parterre-Räumlichkeiten der Alten Krone in der Bieler Altstadt zu sehen sind. Denn die saftige Sinnlichkeit im Video und in den Fotografien von Li Duenner und die geheimnisvollen Geschichten in der Installation und den Bildern von Mirjam Gottier zu verknüpfen, wäre eine Konstruktion.

Magische Momente
Mirjam Gottier fiel in Biel erstmals 2004 auf, als ihre «barocken» Figuren aus Gips mit einem Förderpreis des Aeschlimann-Corti-Stipendiums ausgezeichnet wurden. Damals war sie noch Studentin an der Hochschule der Künste in Bern. In Gruppenausstellungen im CentrePasquArt zeigte sich dann, dass die junge Künstlerin tatsächlich das Potenzial hat, Figürliches und Interieurhaftes zu «magischen» Momenten zu verdichten. Auch jetzt in der Alten Krone steht eine emotional aufgeladen, skulpturale Inszenierung im Zentrum.

Geschichte ohne Worte
Zu sehen ist ein mehrfach geschwungenes Tischblatt auf drei Säulen. Auf der vierten, die dem Tisch Halt gäbe, hier aber frei steht, ist eine Marienfigur und ein wächserner Arm mit einem Auge platziert. Am Tisch sitzen, stehen zwei Frauenfiguren, deren Gesichter verdeckt sind. Auf und unter dem Tisch liegen kleine «Wirbelstücke» sowie, auf einer Art Kissen, einkleines (totes?) Tier. Gottier entwarf die Szene ursprünglich für eine Gruppenausstellung in «Heiligkreuz». Doch auch ohne Ortsbezug evoziert die Szene ein Geschehen, das wortlos von Dingen erzählt, bei denen die Ratio nicht zu suchen hat; dicht und packend und sehr wohl in einen Zeitkontext passend, in dem die Kunst die Erzählung neu entdeckt und ebenso die Skulptur.
Die Wand-Bilder Gottiers entstanden zunächst als Tiefdruck- Miniaturen und sind jetzt quasi gewachsen und siedeln sich zwischen Zeichnung und Malerei an. Sie verraten ohne Bruch zum Bisherigen, dass Gottier 2006 in Indien weilte, wo in der Kunst Erzählerisches – man sah es in der Ausstellung im Kunstmuseum Bern – eine wichtige Rolle spielt. Genau definierbar ist der Hintergrund jedoch nicht. Gottier verleibt sich Asiatisches in einem weitgefassten Sinn einfach ein und erzählt damit ihre eigenen Fantasien. Die Eigenständigkeit ist bemerkenswert, auch wenn die Präsentationsform noch nicht ganz professionell ist.

Frühling ohne Schwalben
«Il faut s’habituer à des printemps sans hirondelles» steht am Durchgang zum Ausstellungsraum von Li Duenner. Sie formuliert damit, dass ihre Werke eine Art Ersatzfunktion haben, dass sie mit Künstlichkeit verführen, dass der rote Saft aus dem Drucker stammt und Lebendigkeit nur vorgaukelt. Sie sagt damit auch, dass ihr «Paradies» keineswegs nur eine fantastische Vision ist und darum ebenso schön wie ambivalent.
Ausgangspunkt des gezeigten Videos und der eng dazugehörenden Fotografien ist ein aufwändiger « Kosmos», den die Künstlerin 2005 für das Diplom an der Hochschule in Luzern als eigentliche Raum-Installation mit künstlichen und natürlichen Materialien, mit Plastikblumen und fleischfressenden Pflanzen, bemalten Skulpturen und Kleingetier realisiert hat. Wie ein Insekt «flog» die Künstlerin mit der Videokamera durch die konstruierte Natur. Und ebenso gezielt fotografierte sie darin.

In der Schwebe
Die Botschaft der Künstlerin ist einsichtig. Dennoch will sich nicht so recht emotionale Betroffenheit einstellen. Der Kompromiss, das Video nicht in einer Black Box, sondern lediglich im Dämmerlicht, dafür in direkter Zwiesprache mit den Fotografien zu zeigen, nimmt ihm von seiner Täuschungskraft.
Die reihum gehängten Fotografien sind alle leicht unscharf – bewusst. Die Unschärfe rührt zum einen daher, dass Li Duenner am PC faszinierende kleine Details ausgeschnitten und aufgeblasen hat, zum andern trägt der Ausdruck auf Leinwand zu diesem «malerischen» Effekt bei. Neben einem verführerischen Bildeffekt visiert die Künstlerin damit vor allem auch das Schweben zwischen Natürlichkeit und Künstlichkeit an.
Die Problematik, die das Werk begleitet, ist, dass die Thematik von Natürlichkeit und Künstlichkeit keineswegs neu ist, sondern von zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern in den letzten Jahren erprobt wurde und auch die Medien Video und manipulierte Fotografie im Moment etwas ausgereizt sind.

Auch Performerin
Li Duenner arbeitet indes nicht nur mit Video und Fotografie; an der Weihnachtsausstellung zeigt sie Fotografie und Stickerei kombiniert und als Mitglied der Künstlerinnengruppe «an_lili» tritt sie als Performerin auf.

INFO: Die Ausstellung ist Mi bis Fr 16 bis 20, Sa 9 bis 17 und So 14 bis 17 Uhr geöffnet.
Mirjam Gottier: schafft skulpturale Environnements für packende Geschichten ohne Worte.

Die Künstlerinnen
Li Duenner wurde 1976 im Raum Biel geboren
1998 Abschluss des Lehrerseminars in Biel
2000/2001 Vorkurs an der Schule für Gestaltung in Biel
2005 Diplom in ästhetischer Erziehung an der HGK in Luzern
Li Duenner lebt mit Partner und drei Monate alter Tochter in Biel
Mirjam Gottier wurde 1983 im Raum Biel geboren
1999/2000 Vorkurs an der Schule für Gestaltung in Biel
2004 Diplom Freie Kunst an der Hochschule der Künste in Bern
Mirjam Gottier lebt nach einiger Zeit in Reconvilier jetzt in Biel

Gottier Duenner Alte Krone Biel 208 [0.13 MB]