Abstrakte Malerei Schweiz 1950-1965 Sion 2009/10

Explosions lyriques

www.annelisezwez.ch        Annelise Zwez in Kunstbulletin Jan./Feb. 2010

„Die abstrakte Malerei in der Schweiz 1950-1965“ ist der anspruchsvolle Untertitel der von Pascal Ruedin kuratierten Ausstellung im Kunstmuseum Sion.

Anders als ihre legendäre Vorgängerin 1957 in Neuenburg ist sie keine üppige Bilderschau. Sie hat ihre Verdienste in der auf Vermittlung hin angelegten Erforschung der Epoche. Von Wegen zur Abstraktion, vom Diskurs zwischen In- und Ausland, von Paris und den USA, von Kuratoren und Galeristen ist die Rede, von Kunstkritik und hitzigen Debatten.

Repräsentativ gezeigt werden (leider) nur gerade Werke von 15 lyrischem Informel verpflichteten Kunstschaffenden: Charles Rollier, Lenz Klotz, Franz Fedier, Wilfried Moser, Charles Dubuis,  Hugo Weber u.a.m. Weitere sind als Beispiele einbezogen.

Das Konzept steht in Wechselwirkung mit den Räumen: Der Hauptteil ist nicht im „Musée d’art“, sondern im alten Gefängnis zu sehen, somit in Zellen, die sich besser für Fotos, Nachlass-Dokumente, Filmbeispiele (hervorragend Fediers „Filmographie“ von 1959) eignen als für Malerei.

Fast ein Manifest ist das Projekt unter dem Stichwort „Peripherie“. Ruedin erinnert an „Amateur“ Marcel Joray, der 1957 in Neuenburg – nicht in Zürich, Basel, Bern – Schweizer Kunstgeschichte schrieb und kopiert auch, was schon Joray angekreidet wurde: Die etwas übermässige Vertretung der Standortregion. Nichtsdestotrotz ist das „randständige“ Mammut-Projekt überaus lehrreich und das „Manifest“ berechtigter Aufruf, im Globalen das Nationale und im Nationalen das Regionale nicht zu übersehen; unbegreiflich darum, dass im gewählten Diskurs Werke von Künstlerinnen nicht existieren.

 Musée d’art und Ancien Pénitencier, Sion, bis 11. 4. 10. Begleitbuch (d/fr) Benteli-Verlag Bern.

 www.musees-valais.ch