Daniela da Maddalena Bieler Künstlerin 2010

Sucht den Dialog mit der Welt

www.annelisezwez.ch    Annelise Zwez in Bieler Tagblatt  vom 24. Dezember 2010

Sich engagieren ist für Daniela de Maddalena ein Lebenselixier. Man spürt es in ihrer Haltung, ihrer Kunst, ihrem Enthusiasmus Dinge zu bewegen. Ein Porträt der Gestalterin des BT-Weihnachtsbildes 2010.

Wer mit der Bieler Künstlerin Daniela de Maddalena auf einer Reise unterwegs ist, hat eine unablässig Fotografierende neben sich. Nichts, das sie nicht interessiert und vor allem nichts, das sie nicht sehen würde. Überall „sprechen“ die Dinge, zeigen ihr was ist und was dahinter an Symbolik, an gesellschaftlichen Bedingungen, an Freude und kreativem Ausdruck steckt.

Und wenn sie nicht fotografiert, hat sie vielleicht schon den Kontakt zu den Menschen vor Ort gefunden, spricht und lacht mit ihnen „mit Händen und Füssen“, integriert sie vielleicht sogar in einer spontane Kunstaktion.

Dieser Charakterzug prägt sie nicht nur als Menschen, sondern zieht auch wie ein roter Faden durch ihre Malerei, ihre Performances, ihr kulturpolitisches Engagement in der Bieler Kunstszene und last but not least ihre Tätigkeit als Kunstvermittlerin im Centre Pasquart. Persönliche Erfahrungen spielen dabei eine wichtige Rolle; primär geht es aber um Dialoge, um das Erspüren der Wechselwirkungen zwischen Eigenem und Anderem, zwischen sich und den Menschen dieser Welt.

Angelegt war das schon in ihrer Kindheit als Daniela Gränicher in Aarau. Dem Vater zuschauen wie er Büro- und andere Szenen zeichnete, ist ihr in bleibender Erinnerung und fotografieren gehörte für sie schon als Jugendliche zum Alltag. Kameradinnen hätten sie zuweilen belächelt, wenn sie sich in alle möglichen Stellungen gebracht habe, um die Dinge von unten, von oben oder hinten abzulichten. Und das Zoom sei sowieso ihre liebste Funktion gewesen, sagt sie.  Wenn man aktuell durch die Weihnachtsausstellung im Pasquart geht und de Maddalenas Video anschaut, dass die Tätigkeit einer Kassiererin von oben zeigt wie sie die Dinge von Hand über den Scanner führt, so ist es offensichtlich, dass die Lust des „anderen Blicks“ nie versiegte. 


Dennoch wurde Daniela Gränicher nicht auf linearem Weg Fotografin oder Malerin, sondern Primarlehrerin. Die Eltern wollten es so und sie mochte dem nicht entgegenstehen. Aber das Bildnerische blieb ihr nichtsdestotrotz nahe und reicherte sich über unzählige Kurse und Weiterbildungen an. Kunst machen war ihr gleichbedeutend mit Leben, aber gleichzeitig nahm sie sich nicht als Künstlerin wahr, stellte erst ab den späten 1980er-Jahren in kleinstem Rahmen aus. „Ich war viel zu lange naiv und blauäugig gegenüber erweiterten Kunstbegriffen“, sagt sie. Und dann waren respektive sind da ja auch noch die Verpflichtungen gegenüber der Familie. Seit 1986 ist sie mit dem Maschinenbau-Ingenieur Hanspeter de Maddalena verheiratet und 1986, 88 und 90 kamen ihre Töchter und ihr Sohn zur Welt. Da hiess und heisst es einteilen.

Vielleicht rückte gerade darum für lange Jahre die Malerei in den Vordergrund, die in einem begrenzten Raum Form und Farbe wird. Malerei allerdings, die stets auf der Basis von Fotografie entstand. Anfänglich waren es unzählige Porträts –„ im Gesicht eines Menschen zu lesen ist unglaublich spannend“ kommentiert sie das Motiv, das auch soziale Momente mit ein schliesst. Bald kamen Menschen unterwegs als Sujets dazu – Frauen, Männer, Kinder, Familien, auf der Strasse, im Strandbad, auf dem Schiff, an der Chilbi. Der Wunsch zu erzählen geht dabei einher mit einer von der Fotografie geprägten, mit Pop Art und Hyperrealismus verwandten Malweise. Und immer bleibt der Wunsch der Künstlerin spürbar, den Menschen auf ihren Bildern nicht nur eine optische, sondern  auch eine ihr Dasein in der Welt ausstrahlende Präsenz zu geben. Nicht in expressivem Gestus, sondern durch ihr Stehen, ihr Schauen, ihr Lachen, ihre Freude oder auch ihre Einsamkeit in einer städtischen oder landschaftlichen Umgebung.

Im Laufe der letzten 15 Jahre – die Künstlerin lebt mit ihrer Familie seit 1990 in Biel – wurde Daniela de Maddalena immer mehr zum Begriff in der Bieler Kunstzene. Immer mehr traute sie sich, auch ihre kritische Haltung zu Umweltthemen, ihre Position zu politischen Machtspielen, zu lokalen wie globalen Problemen mit in den Fokus ihrer Kunst zu stellen; mit Fotografien, mit Objekten, mit Installationen. Dabei war ihr nicht nur Erfolg beschieden – sich aussetzen, Haltung illustrieren ohne ins Anekdotische zu gleiten, ist äusserst schwierig. Und markige Präsenz ruft schnell einmal Gegenkräfte auf den Plan. Aber Daniela de Maddalena hält durch, verwirklicht Ideen – man denke zum Beispiel an den Erfolg der Aktion „Asupi“, einem Kunstspiel analog zur Fussball-Bildchen-Euphorie, im Kontext des „Joli mois de mai“. Oder man erinnere sich der Gruppenausstellungen A-Art, die in leerstehenden Ladenlokalen im Stadtgebiet stattfanden.

In ihrer eigenen Kunst vollzog de Maddalena vor einiger Zeit einen Wandel. Sie geht unter anderem von Weltformat-Plakaten aus, die sie auf Dibond-Platten klebt und als Malerin „interpretiert“; mal heiter und provokativ, zuweilen aber auch nachdenklich hinterfragend. So zum Beispiel beim Plakat zu einer Ausstellung des Emmentaler Fotografen Theo Frey (1908-1997). Sie gibt der Familie auf der Schwarz- Weiss-Abbildung die Farbe zurück, geht dem Ausdruck der Menschen nach, reduziert die Umgebung, lässt aber Elemente des Palakates sichtbar – zum Beispiel die „Tröte“ des Knaben. Um die Ernsthaftigkeit zu brechen integriert sie indes auch eine Ketchup-Flasche; typisch de Maddalena ist man versucht zu schreiben.

Parallel zum wachsenden Selbstvertrauen, gelang es der Künstlerin auch, sich über die Region hinaus bemerkbar zu machen; im Zeitalter des Internet vernetzt sich die Kunstgemeinde digital und international. Speziell die Kontakte zu Oldenburg in Deutschland, wo sie in den letzten Jahren mehrfach ausstellte, sind ihr wichtig. „Biel ist eine tolle Stadt, aber man muss den Horizont öffnen, um weiter zu kommen“, meint sie dazu und verweist auch auf die Erfahrungen anlässlich der Kunst-Symposien in Korea und China 2009 und 2010, an denen sie teilnahm.