Mein Text zu Karl Hänny (1879 – 1972) für Renate Treydel, Redaktorin Saur-Lexikon Leipzig, Oktober 2010

Künstlername: Karl Hänny

Sortiernahme: Karl Hänny

And. N-Komb.:

Cf-Künstler: Ernst Hänny, Architekt (Bruder)

Geschlecht: m

Bildkünstl. Beruf: Bildhauer, Graphiker, Maler

Staat (aktuell): Schweiz

GEO-Nachweis: Schweiz

Geburtsdatum: 13.6.1879

Todesdatum: 12.4.1972 (Ligerz)

Geburtsort: Twann

Letzte Erw.: 1972

Tätigkeitsort: Ulm, München, Karlsruhe, Bern, Ligerz

Karl Hänny, Schweizer Bildhauer,  Graphiker, Maler. * 13.6.1879 in Twann/BE. Wächst mit sechs Geschwistern in einer bildungsbewussten Familie auf. Die drei Söhne werden Pfarrer, Architekt, Künstler, die vier Töchter Lehrerinnen. Vater Vinzenz ist Sekundarlehrer, Mutter Emma Lienhard wird als „belesen und von seltener geistiger Beweglichkeit“ (W.E. Aeberhardt) beschrieben.1895-1898 Besuch der kunstgewerblichen Abteilung des Technikums Biel. Arbeit als Stahlgraveur in Ulm (1899), als Ziseleur u. Stempelschneider in München und Wien. Zurück in Bern (um 1901), Besuch der Kunstgewerbeschule. Ausführung von keramischen Kleinplastiken. 1903 Lehrer am Technikum Biel (Stellvertretung). Winter 1903/04 Aufenthalt in Paris. Besucht sein Künstler-Vorbild, August Rodin. Heiratet die Keramik-Malerin Hedwig Schwarzenbach. 1905 Geburt von Kurt.  Aufnahme in die GSMB. Annahme von 2 Plastiken (Ton/Holz) und 1 Aquarell in die Nat. Kunstausstellung 1904. Fortan regelmässig vertreten (bis 1936). Ebenso Teilnahme an den Secessionen Berlin (ab 1907)  und München (ab 1908). 1905/06 Geselle bei Bildhauer K. Saurer in Karlsruhe, selbständiges Ausführen von Bauplastiken. Ab 1907 freischaffender Bildhauer, Graphiker und Maler in Bern. 1911 Eidgenössisches Kunststipendium. Reisen in die Provence und nach Sardinien. Sieht seine Berufung im „Vollmenschen“ nach J. Burckhardt „Die Kultur der Renaissance“.  Es entstehen auf die Menschheit Bezug nehmende, metaphorische Skulpturen (Ton/Gips/Kunststein/Bronze) wie „Prometheus“, „Mutter Erde weint um ihre Kinder“, „Ugolino“ (Ankauf Kunstmuseum Bern) in der Tradition von Rodin, aber auch Adolf von Hildebrand. In den weiblichen Figuren ist seine Frau Hedwig zu erkennen. Zahlreiche Tierplastiken.  Wird als als ruhiger, eher wortkarger, hingebungsvoller Künstler geschildert. Parallel zum plastischen Schaffen  entsteht ein reiches, teils freikünstlerisches, teils auftragsbezogenes druckgraphisches Werk, insbesondere Holzschnitte („Danteske Vision“, „Friedenssehnsucht“, „Der verlorene Sohn“, Porträts), die stilistisch zwischen Jugendstil und Expressionismus angelegt sind. Jugendstilsymbolik prägt auch die zahlreichen Bielersee-Landschaften auf Leinwand.  Plastische, graphische und malerische Selbstbildnisse zeugen von der  lebenslangen Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbst. Mitglied des deutschen Künstlerbundes. 1915 Auftrag für die Monumental-skulpturen „Europa“ und „Neptun“ für den „Rosengarten“ in Bern.  1919 gründet Karl Hänny die Volkshochschule Bern und unterrichtet daselbst. Empfängt auch, ebenso wie seine Frau, im Atelier-Haus an der Lerberstrasse zahlreiche Schüler und Schülerinnen. Die Verbindung von Kunst und Leben ist ihm ein wichtiges Anliegen. Um 1920 Auftrag für  Soldaten-Denkmal (Brunnenplastik) in Walenstadt. Schafft unzählige Bau- und Brunnenplastiken weit über die Region Bern hinaus, sowohl für private wie öffentliche Gebäude und Plätze, u.a. „Haus zum Rösslitor“ ,St. Gallen, Bernische Kraftwerke AG, Bern, Katholische Kirche Biel. Breiten Raum nimmt das Schaffen von Büsten (meist Bronze) ein, so u.a. für Prof. Arnold (Techn. Hochschule Karlsruhe)  Theodor Kocher (Inselspital Bern), Eugen Huber (Bundesgericht Lausanne), Karl Neuhaus, Friedrich von Bülach  (Universität Bern). Neben Grabplastiken, schuf Hänny auch mehr als 400 Bronzeplaketten, darunter für Hans Thoma, Albert Welti, Hermann Hesse.

Seine die Landesgrenzen immer wieder sprengende Blütezeit erlebt Karl Hänny in den 1910er- und -20er-Jahren. Bereits in den 1930er-Jahren flaut das Interesse ab. Die Retrospektive mit Festschrift in der Kunsthalle Bern zum 60sten Geburtstag (1939) bildet gleichsam einen frühen Abschluss der öffentlichen Anerkennung. Nach dem 2. Weltkrieg entstehen kaum mehr plastische Arbeiten. Seine Tätigkeit konzentriert sich fortan auf graphische Arbeiten, Medaillen, Wappenscheiben, aber auch Zeichnung und Malerei. 1950 Preis für Malerei der Stadt Bern. 1953 zieht er in das seit 1917 jeweils im Sommer bewohnte Fischerhaus in Bipschal  am Bielersee, wo er bis zu seinem Tod im Alter von 93 Jahren einen geruhsamen Lebensabend verbringt.

Werke des Künstlers mit Standortnamen: AARAU Kunsthaus.  BERN  Sammlungen Stadt, Kanton,  Kunstmuseum, Eidgenossenschaft;  Frauenspital; Laubeggschulhaus; Breitenrainplatz; Thunplatz; Schwarztorplatz. GENF Deutsches Kirchgemeindehaus. KARLSRUHE Städt. Sammlung MÜNCHEN Deutsches Museum. OLTEN: Kunstmuseum. OTHMARSINGEN Kirche. PRUNTRUT Seminar. SARGANS Kirche. SCHAFFHAUSEN Waldfriedhof. THUN Seminar. TWANN Rathausbrunnen. WILDHAUS Zwinglidenkmal.

Ausstellungen

E:  1903 Biel. 1939 Bern Kunsthalle 1969 Grenchen Galerie Brechbühl. 1990 Lyss Messerli Antiquitäten. G: 1904 Schweiz. Nat. Kunstausstellung (auch 1910, 1912, 1914, 1917, 1919, 1925, 1931 1936. 1909 Zürich Kunsthaus (auch 1912, 1913, 1914, 1916, 1917, 1918, 1919, 1924, 1932, 1933. 1914 Leipzig .1929 Paris Pavillon Marsan; Bernheim Jeune. 1943 Bern (aus bernischem Staatsbesitz); 1947 Sammlung Stadt Bern; 1956/57, 1957/58 Kunsthalle. 1949 Zürich Helmhaus. 1956/57, 1958/59 Basel Knabensaal St. Peter. 1959 Wien Ob. Belvedere.

Bibliographie:

Lexika: Th.-B.XV (1922). – Schweizer Künstler Lexikon (1932)*. – Vollmer II (1955). – Lexikon der Schweizer Kunst (1959). – Biografisches Lexikon der Schweizer Kunst (1989).

Veröffentlichungen:

Die Schweiz, 1910 p. 517; 1914 p. 132; 1915 p. 308; 1919 p.16 ff u. p. 175; 1920 p. 178 u. p. 596; 1921 p. 589 ff.  Schweiz Bauzeitung, 1912 p. 64; 1915 p. 132. Schweiz. Baukunst 1915 p. 78 ff. Werk 1916 p. 176 ff; 1923 p. 13. Revue Modern (Paris), 1917 No. 21.  Jahrbuch für Kunst und Kunstpflege in der Schweiz, 1921/24 p. 68. – Heimatschutz, 1921, p.11. Berner Woche, 1921 p. 137 ff. Revue du Vrai et du Beau (Paris), 1930 (Jan.). Schweizer Kunst 1934 Nr. 10.  W.E. Aeberhardt in „Der Bund“, 13. Juni 1939. Beat Christoph Bäschlin in „Der Bund“ 13.6.1969, 4.Mai 1972.

                                                                                                                                  Annelise Zwez