Thomas Batschelet Film-Ingenieur Biel 2011

Aufträge machen erfinderisch

 www.annelisezwez.ch     Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 26. Januar 2011

Am 27. Januar erscheint  die DVD mit Film und Dokumentation zu „vocis terra“, dem Klangexperiment, das 2010 das Seeland bei Nacht verzückt hat. Der Autor des Films ist Thomas Batschelet.


Ob die Dokumentation zu „Viniterra“, ob der Film „biel-bienne 01-02.ch“, ob das Porträt „Heini Stucki“,  die „falling camera“ im Bahnhofparking oder die neue DVD zu „vocis terra“ – immer findet sich im Abspann derselbe Name: Thomas Batschelet. Die Ehre für die genannten Projekte fallen gängigerweise dem Künstler Ueli Studer, dem Kameramann Pio Corradi, dem Filmemacher Beat Borter und der Künstlerin susanne muller zu, doch keines wäre so wie es ist, wenn nicht der Vingelzer Maschinenbau-Ingenieur, Informatiker und Kameramann Thomas Batschelet sein Know-How, seinen Erfindungsgeist, seine Zeit mit investiert hätte.


Der Film für die DVD „Vocis terra“ war die bisher anspruchsvollste Aufgabe für den seit zehn Jahren mehr und mehr im Kulturbereich Tätigen. Denn wie soll man nächtlichen „Klang in der Landschaft“ sichtbar machen? Man hätte spröd die Akteure interviewen, die Nacht mit Licht erhellen können, doch wo wäre da die Vision des Künstlers geblieben? Schliesslich überliess er die Worte zum Thema den auf die DVD integrierten 18 Kurz-Sendungen, welche Tele Bilingue zu Vocis terra produzierte und konzentrierte sich ganz auf die Landschaft und die Klänge der  Singenden, Blasenden, Feuer speienden, Gläser reibenden. Und auf die Menschen, die horchten und gingen.


Trotz der Konzentration auf die Spiegelung des künstlerischen Projektes sind auch in seinem 25-Minuten-Film die Realität des Landschaftsraums inklusive Verkehr und die Tage der Probenarbeit so wichtig wie die Vocis terra-Nacht selbst, denn als Filmemacher muss er sichtbar machen. Eine besondere Herausforderung war der Zusammenklang der Töne im Landschaftsraum. Hier musste Batschelet quasi als Komponist agieren, Original-Tonspuren bis 7-fach übereinanderlegen, um die Fülle hörbar werden zu lassen. Und noch etwas trieb ihn um. Wie konnte er dramaturgisch den Raum von der Achere bis zur Ligerzer Kirche erfahrbar machen?


Der 1961 Geborene ist ursprünglich Maschinenbauingenieur; seinen ersten Erfolg feierte der Jean Tinguely-Fan als 12-Jähriger mit „absurden“ Lego-Maschinen. Etwas vom Erfindungsgeist von damals lebt noch heute in ihm; so konstruierte er ein „Stativ“, das über Massenverteilung auch dann stabil bleibt, wenn man es samt Kamera mit dem Velo mitführt. So ist der Film zu Vocis terra nun eingebettet in eine geradezu schwindelerregende Fahrt durch den Rebberg.  Die Aufnahmen seien nicht zuletzt Verdienst seiner neuen Kamera, erzählt Batschelet mit der sichtlichen Freude des Technik-Freaks, eine Spiegelreflex-Fotokamera, die mit einem viel weitwinkligeren Objektiv filmen kann als jede Video-Kamera auf dem Markt. Die Sequenzen zeigen auf, dass Batschelet hier nicht nur als Kameramann und als Cutter zeichnet, sondern als Filmemacher, als Interpret im Dialog mit dem Künstler Ueli Studer. Der Film sei „eine tolle Sache“, freut sich dieser. Es sei gelungen, die Klangfarben zu verdichten und die Perspektiven von Mitwirkenden und Besuchern zu verbinden.


Eigentlich ist Thomas Batschelet seine heutige Tätigkeit in die Wiege gelegt. Sein Grossvater und sein Vater waren engagierte Hobby-Filmer, jeder mit der Technik seiner Zeit. Und so war es fast logisch, dass auch er als Gymnasiast filmte, doch dann fand er, die Super-8-Technik sei noch nicht ausgereift und wandte sich der Informatik zu. Mit Erfolg; sein Maschinenbau-Studium an der ETH verdiente er sich mit Provisionen aus der Entwicklung einer Datenbank-Software. Er war zur richtigen Zeit mit dem richtigen Know-How am richtigen Ort. Nach Abschluss des Studiums gründete er die „Batschelet EDV-Beratung“ und entwickelte komplexe Programme, insbesondere für die aktive Verwaltung von  Daten.


Doch um 1999/2000 schaute er sein Leben an und beschloss, sich im Quartier zu engagieren; er wurde Vingelz-Leist. Auch befand er die Produktionsmöglichkeiten im Film nun als ausgereift und richtete sich einen Video-Schnitt-Platz ein. Dann hörte er vom Land Art-Projekt „Viniterra“, fragte nach den Plänen für die Dokumentation und fand sich wenig später mit dem Film-Material von Pio Corradi an seinem Schneidepult. „Ein steiler Einstieg“, meint er rückblickend. Als Experten rief er Beat Borter zur Visionierung; dieser engagierte ihn gleich als Kameramann für „biel-bienne01-02.ch“ und plötzlich drehte sich das Karussell – Kommerzielles und Kulturelles musste neu definiert werden und sucht bis heute das Gleichgewicht.


Die DVD wird am 27. Januar mit den mehreren hundert Beteiligten getauft. Erworben werden kann sie danach im Propfhüsli und im Haus des Bielerseeweins in Twann oder über  www.vocisterra.ch, zum Preis von 30 Franken (ev. zuzüglich Portokosten).

 


Vocis terra

In der Nacht vom 21. auf den 22. August 2010 wird das logistisch aufwendige Projekt „vocis terra“ von Tausenden von Besuchern mitverfolgt.

Während der Probenarbeit und am Tag des „Klang-Experiments“ unentwegt mit dabei: Der Kameramann und Sound-Kollektor Thomas Batschelet, oft begleitet von Sohn Lukas.

Filmend fängt er die Stimmen auf der Achere ein, verfolgt den Aufbau der Feuerorgeln, dokumentiert den Lärm der Eisenbahn und der Autostrasse, schaut mit der Kamera gross und klein beim Glasharfen-Spiel zu und beobachtet die Bläser im Rebberg.

In der Nacht der Nächte ist jede Minute mit Rest-Tageslicht kostbar.

Für die Solostimmen trickst er mit etwas zusätzlichem Licht.

Auch nach dem Event ist Batschelet auf der Piste: „Die schönste Landschaftsaufnahme machte ich morgens um 3 Uhr“.                                                                        (azw)