Im Archiv gefunden:

Museumsdirektor/-innen: Kommen und Gehen vor 15/20 Jahren

Schweizer Kunstlandschaft wurde ums Jahr 2000 neu aufbereitet

Je mehr Museen und Kunsthallen es gibt, desto häufiger die Rochaden an deren Spitzen. Oft zieht die eine die andere nach sich. Karrieresprünge und resignierte Abgänge im Überblick.

Katharina Schmidt, seit 1992 organisationsstarke Direktorin des Kunstmuseums Basel, ist per Ende 2000 in den Ruhestand getreten. Wie bekannt, übernimmt Bernhard Bürgi nach einer turbulenten Wahl mit Misstönen, die Leitung des historisch bedeutendensten Schweizer Museums. Somit ist sein Posten als Leiter der Kunsthalle Zürich, den er seit deren Gründung in den 80er Jahren innehatte, frei. In diesen Tagen meldeten die Agenturen, dass die Direktorin des Kunsthaus Glarus, die aus Deutschland stammende Beatrix Ruf, das Rennen gemacht hat. Somit ist das von Ruf zu einer international ausstrahlenden Zelle zeitgenössischer Kunst entwickelte „Berg-Haus“ im Glarnerland wieder zu haben. Eine Sprungbrett-Chance. Doch Bernhard Bürgi hat nicht nur einen Posten freigesetzt. Durch seine Wahl wurde – unfreiwillig – auch das dem Kunstmuseum Basel angegliederte Museum für Gegenwartskunst verwaist. Ob Theodora Vischer, die das Haus seit 1993 still und kompetent leitete, im In- oder im Ausland wieder auftauchen wird, steht auch für sie selbst noch in den Sternen. Und ebenso wen Bürgi nach Basel holen wird – Beziehungen bringt er ja in Hülle und Fülle mit.

Das Beispiel Schmidt-Bürgi-Vischer-Ruf und Unbekannte zeigt, wie das Billardspiel funktioniert. Auch, dass es zuweilen mehr als einen Absprung braucht. Per Anfang 1998 wechselte Ulrich Look von der Kunsthalle Bern ans Kunstmuseum Luzern, um daselbst den nicht ganz freiwillig zurückgetretenen Martin Schwander (Ehemann von Theodora Vischer) zu ersetzen. Bei der Nachfolge-Regelung in Bern waren 1997 drei Anwärter im Final: Bernhard Fibicher, Beatrix Ruf und Marc Olivier Wahler. Fibicher wurde bekanntlich gewählt und machte seinerseits den Weg frei für Tobias Bezzola (Sohn des bekannten Berner Fotografen Leonardo Bezzola) als Konservator am Kunsthaus Zürich. Beatrix Ruf war enttäuscht, startete durch, wurde Nachfolgerin von Annette Schindler in Glarus und nun nach Zürich gewählt. Marc Olivier Wahler, ebenfalls enttäuscht, konzentrierte sich zunächst wieder aufs Centre d’art contemporain in Neuenburg, wurde dann Leiter der 10. Schweizer Plastikausstellung in Biel und sprang vor kurzem ans Swiss Insitute in New York, wo er Annette Schindler (s.o.) ablöste, die als Aufbau-Leiterin des Medienforums Basel bereits wieder in der Schweiz zurück ist.

Weitere Rochaden sind von Schaffhausen über Zürich, Olten und Biel bis Lausanne angesagt. Jörg Zutter (Vorgänger von Theodora Vischer am MGK in Basel) hat Lausanne ziemlich kurzfristig verlassen, um die Leitung der Nationalgalerie Australiens in Canberra zu übernehmen. Die Regelung der Nachfolge wurde mitten im Auswahlverfahren gestoppt. Das politische Lausanne respektive die Waadt muss sich zuerst entscheiden, ob ein Museums-Neubau und damit ein Akzent „Kunst“ realisiert werden soll oder nicht . Denn Ersteres würde einen renommierten Leiter voraussetzen; zweiteres eine eher bescheidene Wahl bedingen. Ambitiöse Projekte sind vorhanden, doch auch der politische Wille? Wie weit Jörg Zutters Abgang als Frustration angesichts der Zweitklass-Behandlung der bildenden Kunst in der Waadt beinhaltet, wurde nicht öffentlich diskutiert. Deutlich formulierte es jedoch die längjährige Konservatorin der Kunstabteilung des Museums zu Allerheiligen, die Solothurnerin Tina Grütter. Sie will die von Direktorin Elisabeth Dalucas vorangetriebene Profilierung des Hauses als Mehrsparten-Museum nicht mittragen und geht. Sie fürchtet, dass die reduzierten (Finanz)-Mittel das von ihr in den letzten 15 Jahren aufgebaute Renommée der Kunstabteilung als Ort bedeutender historischer wie zeitgenössischer Ausstellungen schmälern werden. Wer ihr nachfolgen wird, ist noch nicht bestimmt. Offen ist die auch die unmittelbare Zukunft des städtischen Museums im Helmhaus in Zürich. Marie-Louise Lienhard, die das Haus seit 15 Jahren als engagiertes Zentrum für Schweizer Kunst führte, tritt in den (aktiven) Ruhestand. Möglicherweise werden die Räumlichkeiten als Dépendance des Zürcher Kunsthauses während dessen (politisch beschlossenem) Umbau genutzt und ein Neu-Start damit hinausgeschoben.

Demnächst ausgeschrieben wird die Stelle des Direktors des Kunstmuseums Olten. Peter Killer, der Olten in der zweiten Hälfte der 80er Jahre mit überdurchschnittlichem Engagement in ein vibrierendes Kunstzentrum verwandelte, mochte in den letzten Jahren nicht mehr zu Neuem durchzustarten, was ihm den Ruf eines Reaktionärs eintrug. Positiv formuliert könnte man allerdings auch sagen, er sei der letzte Museums­mann gewesen, dem Tradition ein Anliegen war. Was Olten indes beispielhaft zeigt: Politische Behörden, die glauben, ein Museumsdirektor könne mit einem halben Pensum über­egionales Echo auslösen, täuschen sich langfristig immer. Nichtsdesto­trotz wird Olten neuer Wind gut tun.

In Biel wird wird im laufenden Jahr über die Neubesetzung der Direktion des Centre PasquArt zu berichten sein. Hoffentlich ist man hierzulande diplomatischer als in Basel und stimmt die Neuwahl auf die bleibende Co-Leiterin Helène Cagnard ab. Engagierte Ausstellungsamacher/-innen verschiedener Ausrichtung werden demnächst auch für das Klee-Museum in Bern (nach dem überstürzten Abgang von Josef Helfenstein als Leiter der Klee-Stiftung), für das 2002 seine Tore öffnende Gertsch-Museum in Burgdorf und das Museum Rosengart in Luzern gesucht. Der Kreisel gerät nicht aus dem Schwung.