Irene Naef_Co Gründler Galerie Elisabeth Staffelbach 1999
Neue Medien öffnen Wege in virtuelle Welten
Während im Aargauer Kunsthaus die Neuen Medien nur zögerlich Einzug halten, wagen wichtige Aargauer Galerien den Schritt in die veränderten Kunst-Bildwelten der 90er Jahre. Eine überzeugendes Beispiel: Die Ausstellung von Irene Naef (geb. 1961) und Co Gründler (geb. 1967) in der Galerie Elisabeth Staffelbach in Lenzburg.
Zu sehen sind zum einen grossformatige Bildmontagen als Inkjet-Prints auf leinwandähnlichem Gewebe. Zum anderen eine wandfüllende, vertonte Video-Projektion sowie eine Wind-Klang-Installation auf bemaltem Teppich. Was die beiden, thematisch sehr unterschiedlichen Werke verbindet, ist der Einsatz der Neuen Medien als Wege in eine virtuelle Welt.
Virtuell ist ein eher negativ besetztes Schlagwort; zu Unrecht, denn ersetzt man den Begriff durch „Traum“ oder „Vision“ wird sein Inhalt altvertraut. Die Kunst – insbesondere die Malerei und die Zeichnung – haben schon immer „virtuelle“ Welten evoziert. Das Neue und darum anders Wirkende ist indes, dass die Basis für die Neuen Bilder das uns vertraute Abbild der Welt ist. Dieses wird, im Zustand digitaler Codierung, so verändert, dass die Realität in einen Schwebezustand gerät, der uns den Boden unter den Füssen zu entziehen droht.
Im Fall des Zyklus „Sie standen da, als wollten sie gehen“ der Luzernerin Irene Naef sieht das wie folgt aus: Fasziniert von der Welt des Theaters, kombiniert die Künstlerin bühnenbildähnliche Situationen und Kostüme aus verschiedenen Zeitepochen. Das könnte banal sein, wandelt sich indes durch die Präzision der Wahl. Die „Bühnenbilder“ beruhen auf eigenen oder gefundenen Fotografien; oft sind es Orte, die etwas mit „Umkleiden“ zu tun haben – eine Garderobe, eine Badeanstalt, ein Waschsalon. Der Kleiderwechsel ist somit zum Vornherein im Bild drin.
Die weiblichen Roben, die Irene Naef via Fotoshop hineinstellt, stammen nicht aus dem Kostümverleih, sondern aus der Kunstgeschichte. Irene Naef löscht am Bildschirm die Körperpartien, „hängt“ die Kleider an Bügel und diese wiederum an Haken oder Leinen, die im „Bühnenbild“ vorhanden sind. Damit wird die Logik der Zeit aufgehoben, gleichzeitig aber die „Virtutalität“ der Malerei (von Ingres, Monet, Bronzino etc.) in eine scheinbare Realität zurückgeführt, die durch die „Pixel-Malerei“ allerdings als mediales Bild gekenntzeichnet ist.
Dass der Ansatz nicht ein primär konzeptueller ist, sondern sehr viel mit der Mode-Lust der 90er Jahr-Künstlerin zu tun hat, lässt sich daran ablesen, dass sie auch eine Installation zeigt, in der ein (ihr) schwarzes Kleid im (Ventilator)-Wind weht und dies über einem Teppich, den die Künstlerin durch Uebermalen in Malerei verwandelt hat. Damit schafft sie zusätzlich Querverbindungen zu anderen Werkgruppen, die das Wandeln von Realität und Malerei, von Zeit, von Reallife und Rollenspiel in immer neuen Formen thematisieren.
Die in Zürich lebende Ostschweizerin Co Gründler fiel letzten Sommer durch eine geradezu betörende Videoinstallation auf, mit welcher sie das Atrium des Hotels Blume in Baden in eine Volière verwandelte. Das Träumerische, Schöne, Romantische verbunden mit ebensolchen Klängen bestimmt das noch junge Schaffen von Co Gründler, das stimmungsmässig zuweilen an Pipilotti Rist erinnert. War Rist einst eine „Reine Prochaine“, spielte Co Gründler mehrere Jahre bei den „Acapickels“; die Musikalität der Bildfolgen hier und dort wurzelt in diesem ähnlichen Werdegang.
In der Videoarbeit „Heavenly“ zeigt Gründler eine farbintensivierte Wolken-Landschaft, die untermalt ist von Kinderstimmen, die „mit den Wolken fahren“, und einer speziell für die Arbeit komponierten Musik. Dass das schwerelosen Fliegen an die kosmischen Traumlandschaften von Albert Trachsel ( 1863 – 1929) erinnert, weist unverhofft auf Verbindungen zwischen dem Symbolismus des frühen und den Entmaterialisierungs-Visionen des späten 20. Jahrhunderts.
Mi – Fr 14 – 18, Sa/So 13 – 16 Uhr.