Beat Zbinden und Martin Cleis Galerie Vinelz. 2001

Gemeinsam die Lust an der Malerei gefunden

www.annelisezwez.ch    Annelise Zwez in Bieler Tagblatt November 2001

Die Ausstellung des Seeländers Beat Zbinden (53) und des Baslers Martin Cleis (55) in der „Malerei“-Galerie von Martin Ziegelmüller im ländlichen Vinelz am Westzipfel des Bielersees hat eine persönliche und eine künstlerische Bedeutung.

Beat Zbinden, durch seine expressiven Kupferdrucke bekannt, und Martin Cleis – bestandener Basler Künstler – schreiben in der Einladung zu ihrer ersten gemeinsamen Ausstellung in der Galerie Vinelz, im Zentrum stehe ein „künstlerisch gestalteter Dialog zwischen Freunden“. Zbinden und Cleis haben sich seit anfangs dieses Jahres rund 70 mal geschrieben, präziser gemalt. Ein Austausch, der an sich nicht neu ist. Hier: Sprache in Farben, Schwüngen, Strichen und collagierten Bildeinschüben. Die zweimal 35 Postkarten hängen nun als vitrineähnliches Sicht-Band in der Mitte der räumlich langgestreckten Galerie. Wer genau hinschaut, spürt die Fragen und die Antworten, das Zitieren und Verwandeln und darin den Unterschied zwischen einem Monolog und einem Dialog. In Letzterem geht es nicht um Individualität, sondern um Kollegialität, malerische.

In solchen Arbeiten liegt immer die Gefahr, dass die Künstler so voll sind von dem, was sie im Schaffen erlebt haben, dass sie nicht realisieren, dass Aussenstehende nur bedingt Zugang zur Essenz, dem Austausch, haben. Zbinden und Cleis sind sich dessen nicht nur bewusst, sondern beziehen es geschickt in die Ausstellungsinszenierung ein. Wesentlich ist für beide nämlich letztlich nicht die Serie, sondern das, was sie beim je anderen ausgelöst hat und sich einer eindrücklichen Reihe neuer Individual-Arbeiten zeigt. So wird das Zwischenmenschliche und das Eigenkünstlerische gleichzeitig in Dialog gestellt und das ist es, was die Ausstellung spannend macht.

Ein wenig Hintergrund: Beat Zbinden war vor zwei Jahren schwer krank und muss seither bewusster leben. Zugleich war er durch den Tod des Druckers Theo Kneubühler aus dem Hin und Her zwischen Drucker und Künstler, Kupferplatte und Bildabdruck, herausgerissen. So suchte er für die schon vor einem Jahr festgesetzte Ausstellung in Vinelz einen neuen, anderen Dialogpartner, einen Maler. Doch Martin Cleis antwortete ihm, er male nicht mehr, er haben den „Faden“ verloren und konzentriere sich zur Zeit auf Installationen. Doch dann ging’s trotzdem los. Und der eine fand zur Malerei zurück, der andere überhaupt erst zur Unmittelbarkeit der Farbe, die auf dem Papier zum Bild wird. Fast zu schön, diese Geschichte. Doch die „neuen Arbeiten“ in der Galerie lassen keine Zeit zum Tränen abwischen. Da ist Staunen angesagt, vor allem was die ungegenständlich-erzählerischen Werke von Beat Zbinden anbetrifft. Die Kleinformate aus Malerei, Zeichnung und collagierten Schnipseln aus alten Büchern – Texte, technische Zeichnungen, Liedpartituren – sind ein einziges Feuerwerk, dicht, energiegeladen, leidenschaftlich. Nicht bildraumfüllend, sondern einem Wirbel mit Zentren und Fransen gleich in der Bewegung angehalten. Malerischer und kompositorisch bewusster noch sind die in ihren Zentren sprühenden, grösserformatigen Ditpychen. Stilistisch aus den 80er Jahren gewachsen, sind sie dennoch überzeugend.

Martin Cleis spricht von „wiedergefundener Lebenslust“ in seiner Malerei. Sie knüpft an seine schwungvolle, sinnlich-satte Malerei aus den 80er und frühen 90er Jahre an. Sie zeigt sich jedoch in der reliefartig von der Wand gelösten Form (Malerei auf Waben-Karton) objekthafter als früher. Und vor allem in der freien Anordnung quadratischer Einzelteile als Puzzle eines in seinen Ausmassen nicht fassbaren Bild-Universums. Geometrische Form-Andeutungen verwurzeln dabei die „kosmischen“ Schwünge in der Raum-Realität. Die Malerei von Zbinden und Cleis zeigt sich im expressiven Ausdruck von Befindlichkeit in Wechselwirkung mit Strukturen der Welt zugleich verwandt wie unverwechselbar.