Georges Düblin Galerie Quellgasse Biel 2004

Asphalt ist nicht einfach Strasse

www.annelisezwez.ch   Annelise Zwez in Bieler Tagblatt vom 2. Februar 2004

Er denkt ziemlich kratzbürstig, ist 37-jährig, Künstler, Vater und Mitglied des Solothurner Kuratoriums: Georges Düblin. Er bestreitet die dritte Ausstellung in der neu in Biel angesiedelten Galerie Quellgasse.

Georges Düblin sagt: „Ich mache keine Kunst, ich will Kunst machen“. Und: „Ich will nichts darstellen, sondern Materialien zum sprechen bringen“. Das Material, das er damit primär meint, ist Asphalt. In seinem Atelier in Lützelflüh gibt es einen grossen Block davon. Für seine Arbeit schmilzt er sich jeweils ein Stück ab und verdünnt es, je nachdem auf welchem Untergrund er es einsetzen will, auf Polyester, auf Papier, auf Leinwand. Dabei ist dem Schreiner mit Matura die Konzentration auf das Tun, das Mischen, das Streichen wichtig. Nicht um es spirituell aufzuladen – Düblin ist Kunst auf dem Sockel ein Gräuel. Er will vielmehr das Banale bewusst halten. Dass man Asphalt primär im Baugewerbe braucht, kommt ihm dabei gerade recht.

Wenn er seine Arbeiten in einer Galerie präsentiert, ist es allerdings schwierig das Credo, das im Atelier glaubwürdig klingt, zu spüren. Da erhalten die sorgfältig gesetzten, schwarzen Asphalt-Rechtecke auf farbigem Wellpolyester zwangsläufig eine Kunst-Aura. Eine faszinierende obendrein. Denn die Kombination des unendlich dichten, getränkt wirkenden, glänzenden Asphalt mit dem semitransparentem Polyester, der durch seine Wellenform Landschaft andeutet, ist so stimmig, dass man verstummt. Und dabei kann man den Gedanken, dass beide Materialien Erdölderivate sind, nicht verhindern. Durch die Hintertüre schleicht sich die Natur ein. Und dann gehört plötzlich „organisch“ dazu, dass die Arbeiten, wenn sie hellem Licht ausgesetzt sind, keine sehr lange Lebensdauer haben.

Die Kombination, die Düblin vor etwa fünf Jahren entdeckte, ist so genial, dass sie zugleich eine Falle ist. In der Galerie an der Quellgasse zeigt Düblin neben den farblich und formal präzise gesetzten Asphalt/Polyester-Reliefs auch Arbeiten mit Asphalt auf Papier und – am Rande – auf Leinwand. Sie spiegeln die Suche des Künstlers von seinem Markenzeichen wegzukommen – ohne Erfolg.

Bei den um Chassis gespannten Papierobjekten wird der verdünnte Asphalt zu schwarzer Farbe und tritt damit in Konkurrenz mit der opulenten Geschichte des Schwarz als Nichtfarbe, angefangen bei Malewitschs berühmten „schwarzen Quadrat“ von 1915. Und da kann Düblin wenig hinzufügen. In den Arbeiten auf Leinwand erhält der expressive Duktus die Oberhand und auch da weicht das Schwarz nicht vom Schwarz. Während in den Asphalt-Polyester-Arbeiten das passiert, was der Künstler unter anderem will: Das Material zum Träger seines eigenen Ausdrucks machen. Da gibt es wohl nur eines: Genau da weiterexperimentieren. Denn die Tatsache, dass Düblin schon 1998 zu heute sehr ähnliche Arbeiten präsentierte (damals im Kunstmuseum Solothurn) zeigt, dass Schritte dringend nötig sind.