Jetzt wird mal wieder gemalt!

Centre PasquArt: Andrea Nyffelers Zaubergärten im Espace libre. Bieler Tagblatt 26. März 2004

Die Berner Künstlerin Andrea Nyffeler hat Lust auf Malerei, unfiltrierte Lust auf rosarote Kirschbäume. Sie wachsen im (japanischen) Garten des schwarzen Vulkans. Jetzt im Espace libre.

Es ist unzweifelhaft, dass die verstärkte Präsenz einer Abteilung Kunst an der Berner Hochschule der Künste die lokale Kunstszene beeinflusst. Je länger je mehr, ist man mit einem Blick auf was sich da tut, versucht zu sagen. Ein Strang davon ist eine frische, ungeschminkte Welle von Malerei. Malerei, die nicht intellektuell sein will, sondern sinnlich, lustvoll und in gewissem Sinn proletarisch. Zugleich wird aber der Rückblick auf „gute Malerei“ der letzten 100 Jahre keineswegs verneint. „Hodler war ein fantastischer Maler“, sagt Andrea Nyffeler, die jetzt im Espace libre des CentrePasquArt ausstellt. Landschaften, Berge, Bäume – wie einst Hodler. Und wie der Grosse malt auch sie ein Motiv mehrfach. „Es gilt die Möglichkeiten auszukosten“, sagt sie.

Der grosse Unterschied: Er malte in 1910er Jahren den Blick über den Genfersee, wie er ihn vor Ort sah. Andrea Nyffeler hingegen hat in einem Laden ein kleines Kartonschächtelchen „Made in China“ gekauft. Mit einem Bausatz für eine Landschaft: ein schwarzer Vulkan mit weissem Schneehäubchen, zwei Bäume und drei Beutel mit Flüssigkeiten, welche an den Kartonformen Kristalle wachsen lassen. Das Ganze wurde so kitschig schön, so sehr Zaubergarten für Paradiesträume, dass es für die Malerin nur eines gab: Malen, malen was das Zeug hält. Die Bäume mit den nun rosarot blühenden Wipfeln, links und rechts vom Dreieck des aufstrebenden – dunklen – Berges. Wie Brüste leuchten sie, verführen durch Farbe und Form, bezirzen den unheimlichen Berg. Fehlt nur noch, dass ein Prinz eine schlafende Königstochter küsst, die Liebe alles in Schall und Rauch auflöst und die beiden in einem Königsschloss wieder zu sich kommen.

Selbstverständlich könnte man nun all die Symbole entschlüsseln, in Beziehung zu Gartenmythen bis zurück in die Dynastien der chinesischen Kaiser setzen, doch diesen Anspruch haben die Bilder nicht. Sie wollen Träume sein, basta. Und gute Malerei. Das heisst hier nicht gepflegte Peinture. Aber wissen, welche Farbe sich auf welchem Untergrund wie verhält, wie Frische frisch bleibt, wie Farbe Perspektive ergibt usw. Andrea Nyffeler (35) ist nicht nur Absolventin der Abteilung Kunst der Berner Hochschule, sondern auch – so steht es im Telefonbuch – „Kirchenvergolderin“. Sie weiss was Farbe ist und nutzt das Handwerk für die Lust am Träumen mit Malerei. Weltfremd vielleicht, nicht ohne den Prickel des Unheimlichen, aber trotzdem vor allem wunderschön.